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Ergebnisse eines Innovationsfondsprojekts zur Bedarfsgerechtigkeit der medizinischen Versorgung in Pflegeheimen
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Published: | September 25, 2020 |
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Hintergrund: Pflegebedürftige in Pflegeheimen weisen im Vergleich zu anderen älteren Menschen häufig einen schlechteren Gesundheitszustand und einen erhöhten medizinischen Versorgungsbedarf auf. Da die Inanspruchnahme der fachärztlichen Versorgung bei Pflegebedürftigen in Pflegeheimen jedoch häufig niedriger ist als bei anderen älteren Menschen, liegen Hinweise auf eine medizinische Unterversorgung in diesem Setting vor.
Fragestellung: In diesem Innovationsfondsprojekt [1]1 wird untersucht
- 1.
- wie bedarfsgerecht die medizinische Versorgung in Pflegeheimen ist,
- 2.
- welche Verbesserungspotenziale im Hinblick auf eine bedarfsgerechtere medizinische Versorgung in Pflegeheimen bestehen und
- 3.
- wie ein partizipativ entwickeltes Modellprojekt aussehen kann, das zu einer bedarfsgerechteren medizinischen Versorgung in Pflegeheimen beiträgt.
Methode: In einer Analyse von GKV-Routinedaten wurden Unterschiede in der medizinischen Versorgung zwischen Pflegebedürftigen in Pflegeheimen und anderen älteren Menschen quantifiziert. Für die Konditionen Mundgesundheit, Sehen, Hören und Morbus Parkinson wurden standardisierte Assessments bei Pflegebedürftigen in Pflegeheimen und ärztliche Fallbewertungen durchgeführt. Mit einem auf Grundlage von einer explorativen Literaturrecherche und Experteninterviews entwickelten Framework potenzieller Einflussfaktoren für die medizinische Versorgung in Pflegeheimen wurden mittels Fallrekonstruktionen in Fallkonferenzen Erklärungen für eine nicht bedarfsgerechte medizinische Versorgung identifiziert und Verbesserungspotenziale abgeleitet. Es wurden Fokusgruppen für die partizipative Entwicklung eines Modellprojekts zur Verbesserung der medizinischen Versorgung in Pflegeheimen durchgeführt.
Ergebnisse: Pflegebedürftige haben im Vergleich zu Nichtpflegebedürftigen eine geringere Wahrscheinlichkeit für Facharztkontakte [2]. Von 393 ärztlich vollständig bewerteten Fällen lag bei 27,2% mindestens ein Hinweis auf eine medizinische Unterversorgung vor. Erklärungen hierfür waren
- 0.
- der fachärztliche Versorgungsbedarf wird nicht erkannt,
- 0.
- die fachärztliche Versorgung wird abgelehnt,
- 0.
- die Verantwortung bezüglich der Organisation der fachärztlichen Versorgung ist unklar.
Das entworfene Modellprojekt adressiert die Erkennung des medizinischen Versorgungsbedarfs sowie die Organisation und Erbringung der medizinischen Versorgung.
Diskussion und praktische Implikationen: Bei mehr als einem Viertel aller Pflegebedürftigen in Pflegeheimen liegen Hinweise auf eine medizinische Unterversorgung vor. Verbesserungspotenziale bestehen insbesondere im Hinblick auf die Erkennung des medizinischen Versorgungsbedarfs und die Organisation der fachärztlichen Versorgung. Das entworfene Modellprojekt wird in zwei Online-Befragungen konsentiert und anschließend pilotiert. Eine systematische Implementierung und Evaluation des Modellprojekts ist Gegenstand eines möglichen Folgeprojektes.
Literatur
- 1.
- Czwikla J, Schulz M, Heinze F, Kalwitzki T, Gand D, Schmidt A, Tsiasioti C, Schwinger A, Kloep S, Schmiemann G, Wolf-Ostermann K, Gerhardus A, Rothgang H. Needs-based provision of medical care to nursing home residents: protocol for a mixed-methods study. BMJ Open. 2019 Aug;9(8):e025614. DOI: 10.1136/bmjopen-2018-025614
- 2.
- Schulz M, Czwikla J, Tsiasioti C, Schwinger A, Gand D, Schmiemann G, Schmidt A, Wolf-Ostermann K, Kloep S, Heinze F, Rothgang H. Differences in medical specialist utilization among older people in need of long-term care - results from German health claims data. Int J Equity Health. 2020 Feb;19(1):22. DOI: 10.1186/s12939-020-1130-z