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„Also, die Geräte an sich sind nicht das Problem“ – Gewährleistung von Sicherheit in der Hilfsmittelversorgung aus Sicht häuslich beatmeter Patienten und ihrer Angehörigen
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Published: | September 25, 2020 |
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Invasiv und nicht invasiv langzeitbeatmete Patienten leben überwiegend in häuslichen Settings. Fragen der Patientensicherheit wurden in diesem Kontext noch kaum wissenschaftlich beleuchtet. Dies gilt auch für den Prozess der Versorgung mit beatmungsspezifischen Hilfsmitteln.
Fragestellung und Zielsetzung: In der ersten Phase einer aus Mitteln des G-BA Innovationsfonds geförderten qualitativ-explorativen Studie wurde deshalb gefragt, wie invasiv (über ein Tracheostoma) und nichtinvasiv (über eine Maske) beatmete Patienten sowie ihre Angehörigen die Hilfsmittelversorgung erleben? Dabei interessierte v.a. auch, welche sicherheitsbezogenen Bedarfe sie zu Beginn und im weiteren Verlauf der Versorgung haben und wie darauf von Seiten professioneller Akteure reagiert wird.
Methode oder Hypothese: Es wurden 29 problemzentrierte Interviews mit 20 invasiv und 9 nichtinvasiv beatmeten Patienten und/oder ihren Angehörigen geführt, in Basistranskripte transformiert und orientiert am Kodierparadigma der Grounded Theory thematisch analysiert.
Ergenisse: Aus der Nutzerperspektive heraus wurden tiefe Einblicke in verschiedene, objektiv darstellbare und subjektiv wahrgenommene, sicherheitsrelevante Aspekte im Hilfsmittelversorgungsprozess gewonnen. Die verwendeten beatmungsspezifischen Geräte (z.B. Beatmungs-, Absauggeräte, Hustenassistenten) und ihre Alarmfunktionen werden dabei grundsätzlich als „sicher“ eingeschätzt. Dies ist aber nur dann so, wenn die Patienten und Angehörigen oder – meist bei invasiver Beatmung – die sie betreuenden Pflegenden in der Lage sind, die Geräte kompetent zu bedienen. Werden hierzu notwendige Informations-, Schulungs-, Beratungs- und Supervisionsaufgaben vernachlässigt, entstehen leicht Risikosituationen. Diese gehen nicht selten mit Atemnotsituationen und Angst einher und können das subjektive Sicherheitsempfinden der Patienten und ihrer Angehörigen nachhaltig beeinträchtigen. In der Folge handeln sie oft eigenen Logiken folgend, was weitere Risiken birgt.
Diskussion: In den Ergebnissen wird die Bedeutung tragfähiger kommunikativ-edukativer Strategien für die Gewährleistung von Patientensicherheit in der häuslichen Beatmungsversorgung deutlich. Gerade dahingehend scheinen jedoch Defizite zu bestehen. Die aus der Nutzerperspektive aufgedeckten Sicherheitsrisiken im Versorgungsalltag mit verschiedenen beatmungsspezifischen, aber auch weiteren genutzten Hilfsmitteln zur Unterstützung der Kommunikation und Pflege können Impulse zur Sensibilisierung professioneller Akteure und zur Verbesserung der Patientensicherheit in häuslichen Settings setzen.
Praktische Implikationen: Anknüpfend an die Befragung der beatmeten Patienten und ihrer Angehörigen wird im nächsten Schritt die Perspektive professioneller Akteure erkundet. Auf der Basis der erarbeiteten empirischen Erkenntnisse können dann fundierte Empfehlungen für patientenorientierte Handlungsempfehlungen, Sicherheitsleitlinien und Risikomanagementstrategien in der Versorgung mit beatmungsspezifischen und weiteren Hilfsmitteln abgeleitet werden.