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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Akzeptanzanalyse des telemedizinischen Versorgungskonzepts „Telenotarzt“ – Studie im Mixed-Methods-Design auf Grundlage der Unified Theory of Acceptance and Use of Technology (UTAUT)

Meeting Abstract

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  • Fabian Kerwagen - Hochschule Fulda

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf115

doi: 10.3205/20dkvf115, urn:nbn:de:0183-20dkvf1157

Published: September 25, 2020

© 2020 Kerwagen.
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Mit der fortschreitenden digitalen Transformation im Gesundheitswesen geht ein immer größeres Angebot an telemedizinischen Versorgungskonzepten einher. In der präklinischen Notfallmedizin konnte für das „Telenotarzt“-System der objektive Versorgungsnutzen nachgewiesen werden. Voraussetzung für eine erfolgreiche Implementierung und Adoption einer telemedizinischen Anwendung bleibt jedoch die Akzeptanz bei der anwendenden Zielgruppe.

Fragestellung und Zielsetzung: Ziel der Studie war es, die Akzeptanz und die Prädiktoren der Akzeptanz gegenüber dem telemedizinischen Versorgungskonzept „Telenotarzt“ auf Seiten des Rettungsfachpersonals zu untersuchen.

Methode oder Hypothese: In einem explorativen, sequenziellen Mixed-Methods-Design wurde eine quantitative Erhebung mittels Fragebogen mit zwei teilstrukturierten Experteninterviews kombiniert. Als theoretisches Konzept wurde die Unified Theory of Acceptance and Use of Technology (UTAUT) herangezogen. Die qualitative Auswertung erfolgte nach der Methodik von Gläser und Laudel. Für die quantitative Erhebung wurde eine Online-Umfrage durchgeführt und die Prädiktorvariablen der Akzeptanz mittels multipler hierarchischer Regression analysiert.

Ergebnisse: Insgesamt nahmen 115 Personen aus den Rettungsdienstbezirken Aachen, Euskirchen und Heinsberg aus Nordrhein-Westfalen an der Online-Umfrage teil. Für die qualitativen Interviews wurden eine ärztliche und eine nicht-ärztliche Rettungsfachkraft ausgewählt. Sowohl die qualitativen als auch die quantitativen Ergebnisse (MW 4,42 ± SD 0,94; min. 1, max. 5) wiesen insgesamt eine hohe Akzeptanz nach. Als signifikante Prädiktoren der Akzeptanz konnten die UTAUT-Variablen „Leistungserwartung“ (β=0,675; p < 0,001) und „Anstrengungserwartung“ (β=0,172; p=0,029) identifiziert werden. Das vollständige Regressionsmodell erklärte 78,5% der Varianz.

Diskussion: Die Frage, ob das telemedizinische Versorgungskonzept „Telenotarzt“ aus subjektiver Sicht zu einer Erleichterung der eigenen Arbeit oder Steigerung der Produktivität führt und ob die Anstrengungen respektive der Aufwand in der Anwendung bezüglich Benutzerfreundlichkeit („Usability“) und Komplexität als gering eingeschätzt wird, ist für das Individuum in seinem tatsächlichen Anwendungsverhalten entscheidend. Im Gegenzug scheinen die strukturellen Rahmenbedingungen und das soziale Umfeld keinen Einfluss auf die subjektive Akzeptanz zu haben.

Praktische Implikationen: Bei Konzeption und Entwicklung neuer telemedizinischer, aber auch sonstiger digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGA) sollten die subjektive Erwartung und die Akzeptanz der Zielgruppe stärker berücksichtigt werden. Im Vorfeld der Implementierung sollte ein zielgruppenspezifisches Maßnahmenpaket zur Akzeptanzsteigerung – z.B. mittels Informations- und Fortbildungsveranstaltungen – umgesetzt werden. Voraussetzung für eine erfolgreiche Implementierung sind somit eine fundierte Zielgruppenanalyse, ein partizipativer Implementierungsprozess, sowie Informations- und Aufklärungsarbeit bezüglich der Leistungs- und Anstrengungserwartungen.