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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Vermeidung von Krankenhauseinweisungen durch neue Versorgnugformen bei Pflegeheimbewohnern – Evaluation des Main Outcome unter Anwendung von Andersen-Gill Modellen

Meeting Abstract

  • Soufiane Filali Bouami - aQua – Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Göttingen, Deutschland
  • Thomas Grobe - aQua – Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Göttingen, Deutschland
  • Björn Broge - aQua – Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Göttingen, Deutschland
  • Julia Jonczyk - AOK Nordost – Die Gesundheitskasse, Potsdam, Deutschland
  • Kathrin Riebe - AOK Nordost – Die Gesundheitskasse, Potsdam, Deutschland
  • Florian Arndt - ARBUMA Consulting GmbH, Hamburg, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf107

doi: 10.3205/20dkvf107, urn:nbn:de:0183-20dkvf1076

Published: September 25, 2020

© 2020 Bouami et al.
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Text

Hintergrund: Im Fokus eines im Rahmen des Innovationsfonds geförderten Projekts (Förderkennzeichen: 01VSF17001) stand die Evaluation des Selektivvertrags careplus nach § 140a SGB V. Ziel dieses Selektivvertrages ist es, als kooperative, medizinische Versorgungsform die Versorgungs- und Lebensqualität der in vollstationären Pflegeeinrichtungen lebenden Versicherten zu verbessern. Dabei sollen durch vertraglich geregelte Leistungen u.a. auch unnötige Krankenhausbehandlungen vermieden werden.

Fragestellung und Zielsetzung: Im Zuge der Evaluation sollte überprüft werden, ob die Versorgungsform zu einer Verringerung der Zahl an Krankenhausbehandlungsfällen führt. Wesentliches Ziel dieser ergebnisbezogenen Evaluation war es, eine Methode anzuwenden, die eine gute Vergleichbarkeit zwischen Interventions- und Vergleichsgruppe sowie eine robuste Schätzung des Einflusses von Risikofaktoren auf die im Zeitverlauf potenziell auch multiple eintretenden Ereignisse gewährleisten konnte.

Methode oder Hypothese: Grundlage der Analyse bilden pseudonymisierte Routinedaten der AOK Nordost aus den Jahren 2015–2017 von Pflegeheimbewohnern. In einem Kontrollgruppendesign wurden Teilnehmer des Selektivvertrags (n=2.150) und Nichtteilnehmer (n=28.448) hinsichtlich der Häufigkeit von Krankenhauseinweisungen verglichen. Der Einfluss der Versorgungsform auf Krankenhauseinweisungen wurde mittels einer Andersen-Gill-Analyse (AG) unter gleichzeitiger Berücksichtigung von zuvor identifizierten Risikofaktoren modelliert. Als Zeit unter Risiko konnten dabei ausschließlich die dokumentierten Zeiträume mit Aufenthalt im Pflegeheim definiert werden.

Ergebnisse: Bei Teilnehmern am careplus zeigen sich in den multivariaten Modellrechnungen signifikant weniger Krankenhauseinweisungen als bei Nichtteilnehmer (Hazard Ratio: 0,909; p<0,0001). Zudem sinkt die Chance einer Krankenhauseinweisung mit steigendem Alter sowie mit zunehmender Dauer des Aufenthaltes im Pflegeheim. Diese Chance steigt hingegen bei Heimbewohnern mit bestimmten Begleiterkrankungen, für Männer im Vergleich zu Frauen und für Bewohner mit Pflegestufe 1 oder 2 im Vergleich zu Bewohnern ohne Pflegestufe.

Diskussion: Im Hinblick auf den primären Outcome erwies sich die betrachtete Intervention in AG Modellen als effektiv. Berücksichtigte Risikofaktoren zeigen nachvollziehbare Effekte. Vorteile gegenüber anderen Methoden bieten AG Modelle dadurch, dass multiple Ereignisse und dabei auch die effektiven Zeiten unter Risiko in inhaltlich adäquater Form berücksichtigt werden können. Kritisch ist anzumerken, dass AG Modelle in der verwendeten Implementierung erheblich längere Rechenzeiten als andere Modellrechnungen beanspruchen. Zudem werden bei AG Modellen statistische Unabhängigkeiten der betrachteten abhängigen Einzelereignisse gefordert.

Praktische Implikationen: Anderson-Gill Modelle bieten im Zuge einer Evaluation bei der Betrachtung von multiplen Ereignissen als abhängige Variable eine Reihe von Vorteilen und sollten insofern als eine Analyseoption bedacht werden. Mögliche Auswirkungen der Verletzung theoretisch geforderter Voraussetzungen sind bei der Anwendung abzuwägen.

Förderung: Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA), Innovationsfonds: 01VSF17001.