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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

„Also Stress ist jeden Tag“. Ursachen und Bewältigung von arbeitsbedingtem Stress im Krankenhaus aus Sicht von Klinikmitarbeiter*innen. Eine qualitative Studie

Meeting Abstract

  • Maja Stiawa - Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II, Universität Ulm, Günzburg, Deutschland
  • Martin Peters - Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II, Universität Ulm, Günzburg, Deutschland
  • Nadine Mulfinger - Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinikum Ulm, Ulm, Deutschland
  • Harald Gündel - Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinikum Ulm, Ulm, Deutschland
  • Bernd Puschner - Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II, Universität Ulm, Günzburg, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf072

doi: 10.3205/20dkvf072, urn:nbn:de:0183-20dkvf0721

Published: September 25, 2020

© 2020 Stiawa et al.
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Medizinische Fachkräfte im Krankenhaus sind häufig arbeitsbedingtem Stress ausgesetzt, der sich negativ auf ihre körperliche und psychische Gesundheit auswirken kann. Studien zeigen eine unterschiedlich starke Belastung verschiedener Berufsgruppen und Fachbereiche. Als Ursachen für arbeitsbedingten Stress im Krankenhaus werden in der Literatur neben finanziellem Druck und Arbeitszeitverdichtung organisationale Aspekte und eine ungesunde Arbeitskultur beschrieben. Studien weisen darauf hin, dass sich bestimmte Formen der Bewältigung von arbeitsbedingtem Stress positiv auf die psychische Gesundheit medizinischer Fachkräfte auswirken können. Bisher fehlen Studien zum Zusammenhang von arbeitsplatzbezogenen Rahmenbedingungen und der Stressbewältigung von Klinikmitarbeitern verschiedener Berufsgruppen.

Fragestellung und Zielsetzung: Im Rahmen der Evaluation einer Intervention zur Stressreduktion am Arbeitsplatz (SEEGEN) werden Ursachen arbeitsplatzbezogener Belastungen und Bewältigungsstrategien aus Sicht von Krankenhausmitarbeiter*innen unterschiedlicher Berufsgruppen untersucht.

Methode oder Hypothese: Von Dez. 2019 bis Jan. 2020 wurden 6 Fokusgruppen und 7 problemzentrierte Interviews mit insg. 34 Mitarbeiter*innen unterschiedlicher Berufsgruppen (Pflegekräfte, ärztliche-und administrative Mitarbeiter) aus vier Krankenhäusern durchgeführt. Alle Befragten nahmen an einer Studie teil, welche die Wirksamkeit einer komplexen Intervention im Krankenhaussetting untersucht (SEEGEN). Es wurde ein semi-strukturierter Leitfaden eingesetzt mit Fragen zur Arbeitsplatzsituation, der Bedeutung von Belastungen im Arbeitsalltag sowie Erwartungen an die SEEGEN-Intervention. Die Auswertung erfolgte inhaltsanalytisch.

Ergebnisse: Erste zentrale Ergebnisse zu Beginn der Auswertung: Mitarbeiter*innen aller Berufsgruppen beschrieben Arbeitskräftemangel, hohen Dokumentationsaufwand, mangelnde Möglichkeiten zu (berufsgruppenübergreifendem) Austausch und fehlende Behandlungsleitfäden als stressverursachend. Vor allem Mitarbeiter*innen der Pflege berichten über mangelnde Wertschätzung. Als Maßnahmen zur Stressreduktion wurden Sport am Arbeitsplatz, Verringerung von Arbeitszeit, sowie Abgrenzung und Rückzug am häufigsten genannt. Mitarbeiter*innen in Leitungsfunktion berichteten häufiger über größere Handlungsspielräume zur Bewältigung von arbeitsbedingtem Stress.

Diskussion: Mitarbeiter*innen verschiedener Berufsgruppen unterscheiden sich in den Möglichkeiten zur Bewältigung von Stress am Arbeitsplatz. Die Ergebnisse werden im Kontext von Ergebnissen internationaler und nationaler Studien zu verhältnispräventiven und verhaltenspräventiven Maßnahmen für Krankenhausmitarbeiter*innen diskutiert.

Praktische Implikationen: Die Ergebnisse geben Einblicke in Ursachen und Bewältigung von arbeitsbedingtem Stress bei Krankenhausmitarbeiter*innen in Deutschland und liefern Hinweise für die Entwicklung angemessener Versorgungsangebote.