gms | German Medical Science

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Erfahrungen von Gesundheitsdienstleistenden in der Akutversorgung von Covid-19 Erkrankten in Deutschland: qualitative Interviewstudie

Meeting Abstract

  • Magdalena Rohr - University of Regensburg, Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin, Medizinische Soziologie, Regensburg, Deutschland
  • Madlen Hörold - Otto von Guericke University Magdeburg, Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung Magdeburg, Magdeburg, Deutschland
  • Karl-Philipp Drewitz - Otto von Guericke University Magdeburg, Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung Magdeburg, Magdeburg, Deutschland
  • Julia Piel - Otto von Guericke University Magdeburg, Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung Magdeburg, Magdeburg, Deutschland
  • Vreni Brunnthaler - University of Regensburg, Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin, Medizinische Soziologie, Regensburg, Deutschland
  • Claudia Hasenpusch - Otto von Guericke University Magdeburg, Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung Magdeburg, Magdeburg, Deutschland
  • Ilona Hrudey - Otto von Guericke University Magdeburg, Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung Magdeburg, Magdeburg, Deutschland
  • Angela Ulrich - Otto von Guericke University Magdeburg, Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung Magdeburg, Magdeburg, Deutschland
  • Niklas Otto - Otto von Guericke University Magdeburg, Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung Magdeburg, Magdeburg, Deutschland
  • Heike Hupach - Otto von Guericke University Magdeburg, Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung Magdeburg, Magdeburg, Deutschland
  • Susanne Brandstetter - Universität Regensburg, University Children‘s Hospital Regensburg (KUNO), Regensburg, Deutschland
  • Christian Apfelbacher - Otto von Guericke University Magdeburg, Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung Magdeburg, Magdeburg, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf056

doi: 10.3205/20dkvf056, urn:nbn:de:0183-20dkvf0564

Published: September 25, 2020

© 2020 Rohr et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Im Frühstadium der COVID-19 Pandemie war auch in Deutschland mit einer Mehrbelastung oder Überlastung der Krankenhäuser (KH) und speziell der Intensivstationen (ITS) zu rechnen. Im Rahmen des Krankenhausmanagements waren dabei die Handlungs- und Bewältigungsstrategien der Gesundheitsdienstleistenden/health care professionals (HCPs) von zentraler Bedeutung.

Fragestellung und Zielsetzung: Unser Ziel war es, die subjektive Perspektive der HCPs in Bezug auf das eigene professionelle Handeln ab Beginn der Pandemie zu erfassen. Der Fokus lag auf der Exploration der Handlungs- und Bewältigungsstrategien, wobei hier auf die persönliche Schutzausrüstung (PSA) eingegangen wird.

Methode oder Hypothese: Für diese explorative-qualitative Studie wurden Interviews (telefonisch oder per Videokonferenz) mit HCPs geführt, die deutschlandweit in der Akutversorgung von COVID-19-Erkrankten auf einer ITS tätig und/oder in Vorbereitungen involviert waren bzw. davon beeinflusst wurden. Die Interviews unterlagen dem Kriterium der Offenheit und wurden mit strukturierenden Fragen unterstützt. Mit Hilfe von Atlas.ti oder MAXQDA wurde eine qualitative Inhaltsanalyse nach Kuckartz durchgeführt. Wir bildeten induktiv Kategorien.

Ergebnisse: Vom 06.04.–17.06. 2020 führten wir 26 Interviews durch. Die Teilnehmenden (14 Männer/12 Frauen) waren als Ärzt:innen (12), Pflegende (11) sowie Medizinstudierende (3) in KH unterschiedlicher Versorgungsstufen in verschiedenen deutschen Bundesländern tätig. Die mittlere Berufserfahrung betrug 14,5 Jahre (Spannweite 1-33 Jahre), 10 Teilnehmende hatten eine Leitungsfunktion. Das Thema PSA stellte sich als zentral dar, wobei über organisationale, operative und individuelle Aspekte berichtet wurde.

Organisationale Aspekte: Durch Kontingentierung und veränderte Zuweisung der PSA veränderten sich für einen Teil der Befragten Aufgaben und Arbeitsprozesse, z.B. durch zusätzliche organisationale Anstrengungen bei der Beschaffung.

Operative Aspekte: Die Abweichung von bisher bekannten Qualitätsstandards, wie der Mehrfachgebrauch von Einmalprodukten, führte zu Unsicherheiten und Sorgen bei den Befragten. Zudem sprachen die Interviewten veränderte Arbeitsabläufe in der direkten Patientenversorgung an.

Individuelle Aspekte: Ausreichend PSA und Schulungsmöglichkeiten zum Donning/Doffing vermittelten den Interviewten Sicherheit. Im Gegensatz dazu wurden Stress und Ängste bis hin zum Rückzug im Zusammenhang mit Rationierung und Engpässen beschrieben. Auch eine (veränderte) körperliche Mehrbelastung wurde berichtet.

Diskussion: PSA steht im Zusammenhang mit weiteren Aspekten, z.B. Strukturen und Kommunikation, die in der Summe divergente Handlungsweisen und Bewältigungsstrategien hervorrufen. Die PSA im KH wird zudem in Bezug auf die Schutzmaßnahmen in der Öffentlichkeit bewertet, was individuell zu Anpassung und Ambivalenz führt.

Praktische Implikationen: Die ausreichende Versorgung mit PSA sollte ein zentrales Ziel aller KH darstellen, verbunden mit Schulungen, Kommunikation und Präsenz der Verantwortlichen.