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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Von Rohdaten zu Handlungsempfehlungen am Beispiel eines vom Innovationsfonds geförderten Projekts

Meeting Abstract

  • Isabell Schellartz - IMVR – Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Universität zu Köln, Köln, Deutschland
  • Tim Ohnhäuser - IMVR – Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Universität zu Köln, Köln, Deutschland
  • Nadine Scholten - IMVR – Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Universität zu Köln, Köln, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf010

doi: 10.3205/20dkvf010, urn:nbn:de:0183-20dkvf0103

Published: September 25, 2020

© 2020 Schellartz et al.
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Die Förderung durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) hat das Ziel, die medizinische Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung weiterzuentwickeln. So wurde auch ein Projekt gefördert, in dem von 2017 bis 2020 die Ursachen der niedrigen Prävalenz der Peritonealdialyse (PD) als Dialyseform bei PatientInnen mit chronischer Niereninsuffizienz untersucht wurde. Vorteile der PD als Heimverfahren sind die Anpassung an die Lebensumstände und die Möglichkeit des Erhalts der Autonomie der PatientInnen sowie die Einsparung von Transportkosten zum Zentrum.

Fragestellung und Zielsetzung: Aus der Intention, nicht nur wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn zu schaffen, sondern die Versorgungsrealität langfristig zu verbessern, ergibt sich auch die Forderung an die Projekte, Handlungsempfehlungen aus den wissenschaftlichen Ergebnissen abzuleiten. Am Beispiel dieses Projekts werden nachfolgend die Vorgehensweise bei der Erstellung von Handlungsempfehlungen und deren praktische Umsetzung dargestellt.

Methode oder Hypothese: Der multidimensionale Ansatz des Projekts basiert auf verschiedenen Datenquellen, die im Rahmen einer Triangulation zu den unterschiedlichen Sub-Fragestellungen in Bezug zueinander gesetzt wurden. Darauf aufbauend haben die am Projekt beteiligten WissenschaftlerInnen mit Praktikern und PatientInnen nach Ansätzen einer partizipativen Forschung Handlungsempfehlungen für die Praxis abgeleitet und deren Umsetzbarkeit diskutiert.

Ergebnisse: Folgende Themencluster haben sich aus den Gründen für die niedrige Prävalenz der PD ergeben, sodass unter anderem folgende Handlungsempfehlungen abgeleitet wurden

1.
Aufklärung/Information: Das Ziel ist hierbei eine neutrale Aufklärung aller absehbar dialysepflichtigen PatientInnen. Hierzu wurde eine Entscheidungshilfe entwickelt, die die verschiedenen Dialyseformen gegenüberstellt. Zudem wird ein Onlineportal für unabhängige Informationen empfohlen: eine Möglichkeit könnte das im Aufbau befindliche nationale Gesundheitsportal sein.
2.
Incentivierung der Dialysezentren zur Erhöhung der PD-Quote: Im Hinblick auf die organisationalen Hürden für den Start eines PD-Programms im Dialysezentrum sollte über eine Anschubfinanzierung nachgedacht werden, die mit den langfristigen Einsparungen durch mehr PD verknüpft werden könnte.
3.
Facharztausbildung der NephrologInnen: Die Versorgung von DialysepatientInnen findet größtenteils im ambulanten Setting statt, die Facharztausbildung dagegen überwiegend im stationären Bereich. Die hierdurch geringen Kontakte zur PD können durch obligatorische Rotationen in ambulante PD-Schwerpunktzentren ausgeglichen werden. Hierdurch könnte die PD-Expertise unter zukünftigen NephrologInnen gestärkt werden.

Diskussion: Durch die Umsetzung der abgeleiteten Handlungsempfehlungen kann ein Beitrag zur patientenzentrierten und gleichzeitig kostengünstigeren Versorgung geleistet werden. Feste Quoten oder Malussysteme werden nicht als zielführend erachtet, vielmehr sollte flächendeckend eine qualitativ hochwertige Versorgung durch gut ausgebildete NephrologInnen erfolgen.