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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Berufliche Pläne und Motive hessischer Absolventen der Ärztlichen Prüfung im zeitlichen Verlauf von 2009 bis 2018

Meeting Abstract

  • Silke Nahlinger - Landesärztekammer Hessen, Stabsstelle Qualitätssicherung, Frankfurt am Main, Germany
  • Iris Bruchhäuser - Landesärztekammer Hessen, Stabsstelle Qualitätssicherung, Frankfurt am Main, Germany
  • Liina Baumann - Landesärztekammer Hessen, Stabsstelle Qualitätssicherung, Frankfurt am Main, Germany
  • Nina Walter - Landesärztekammer Hessen, Stabsstelle Qualitätssicherung, Frankfurt am Main, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf494

doi: 10.3205/19dkvf494, urn:nbn:de:0183-19dkvf4947

Published: October 2, 2019

© 2019 Nahlinger et al.
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Text

Hintergrund: Bereits seit mehreren Jahren werden in Deutschland kontroverse Diskussionen um einen drohenden Ärztemangel durch Abwanderung und Nachwuchsmangel junger Mediziner geführt.

Fragestellung: In den Absolventenbefragungen der Jahre 2009–2018 untersuchten wir, welche Pläne die Medizinabsolventen nach Beendigung ihres Studiums tatsächlich haben und ob die Befürchtungen einer sinkenden Zahl an Jungmedizinern, die nach Abschluss des Studiums den ärztlichen Beruf ergreifen möchten, berechtigt sind. Ferner soll festgestellt werden, welche Tendenzen bezüglich einer Tätigkeit im ambulanten oder stationären Berufsfeld zu erwarten sind und ob sich die Motive und Kriterien für eine ärztliche Tätigkeit im zeitlichen Verlauf unserer Beobachtungen verändern.

Methode: Als Erhebungsinstrument dient ein von uns entwickelter teilstandardisierter Fragebogen, der kontinuierlich weiterentwickelt wird. Die Zielgruppe der seit Herbst 2009 laufenden Befragungen sind alle Absolventen der ärztlichen Prüfung der drei medizinischen Fakultäten in Hessen. Zusammen mit ihren Examensergebnissen erhalten sie unseren Fragebogen und schicken diesen ausgefüllt zurück. Die Fragebögen werden eingescannt, die Daten mithilfe der Software Teleform eingelesen, geprüft und in Microsoft Excel übertragen. Mittels des Statistikprogrammes Sphinx werden Datenauswertung und -analyse durchgeführt. Bisher gab es 19 Befragungswellen. Aus dieser Längsschnittstudie können bislang Daten von 3.963 Absolventen der Ärztlichen Prüfung ausgewertet werden. Die sowohl retrospektiven als auch prospektiv gerichteten Fragestellungen des Fragebogens beziehen sich auf Motive und Pläne der Medizinabsolventen bezüglich ihrer ärztlichen Berufstätigkeit.

Ergebnisse: Im gesamten Beobachtungszeitraum wollen fast alle Absolventen der ärztlichen Prüfung in Hessen (98%) im Anschluss an das Medizinstudium als Arzt tätig werden. Das beliebteste angestrebte Weiterbildungsgebiet ist die Innere Medizin (21%), gefolgt von den chirurgischen Fachgebieten (16%) und der Anästhesiologie (10%). Unmittelbar nach Abschluss des Studiums sehen die jungen Ärzte ihre berufliche Perspektive eher in der stationären Versorgung (40%) als im ambulanten Bereich (37%). Von denen, die eine ambulante Tätigkeit anstreben, wollen mehr fachärztlich (72%) als hausärztlich (28%) tätig werden. Eine Niederlassung im ambulanten Bereich können sich 74% und eine Tätigkeit im Angestelltenverhältnis 26% vorstellen. Als wichtigste Kriterien für einen späteren Arbeitsplatz werden eine interessante/vielseitige Tätigkeit (62%), eine Weiterbildungsermächtigung der Einrichtung (50%), die Einhaltung der Arbeitszeiten (41%) und eine mit dem Arbeitsort verbundene hohe Lebensqualität (38 %) benannt. Die Grundhaltung bezüglich der Gründe für das Studium und die präferierten Fachgebiete halten sich über die Jahre hinweg relativ stabil. Doch gerade in Bezug auf die Form der Beschäftigung und den Kriterien für eine ärztliche Tätigkeit zeigen sich im zeitlichen Verlauf Entwicklungen, die es weiterhin zu beobachten gilt.

Diskussion: Die heutige Arbeitsmarktsituation und Vielfalt von Arbeitsmodellen erlaubt den Absolventen neue Pläne und Prioritäten für ihre zukünftige Tätigkeit und deren Rahmenbedingungen zu setzen. Die Befürchtung, dass die Motivation für den Arztberuf nachlässt und deshalb eine hohe Zahl an jungen Ärzten das deutsche Gesundheitssystem verlassen will, wird durch unsere Ergebnisse nicht bestätigt. Allerdings verändern sich die Vorstellungen und Erwartungen in Bezug auf den ärztlichen Beruf.

Praktische Implikationen: Um auch in Zukunft die ärztliche Versorgung zu sichern, müssen eventuelle Veränderungen und spezifische Bedürfnisse erkannt werden. Diesen Veränderungen muss Rechnung getragen werden – nicht nur in den Krankenhäusern, sondern auch mit neuen Strukturen und verbesserten Möglichkeiten ärztlicher Weiterbildung und angestellter Berufsausübung in der ambulanten Versorgung.