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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Inzidenz von diversen Erkrankungen des äußeren Ohrs bei Patienten mit Hörgeräteversorgung in HNO-Praxen in Deutschland

Meeting Abstract

  • David Ulrich Seidel - Städtisches Klinikum Solingen, Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie, plastische Gesichtschirurgie, Solingen, Germany
  • Jonas Jae-Hyun Park - Ruhr-Universität Bochum, Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie, Bochum, Germany
  • Andreas M. Sesterhenn - Städtisches Klinikum Solingen, Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie, plastische Gesichtschirurgie, Solingen, Germany
  • Karel Kostev - IQVIA, Epidemiologie, Frankfurt am Main, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf458

doi: 10.3205/19dkvf458, urn:nbn:de:0183-19dkvf4581

Published: October 2, 2019

© 2019 Seidel et al.
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Text

Hintergrund und Fragestellung: Zu den häufigsten Vorstellungsanlässen in der HNO-Praxis zählen zum einen die Versorgung mit Hörgeräten (HG), zum anderen entzündliche und nicht-entzündliche Erkrankungen des äußeren Ohrs. Ein gehäuftes Auftreten dieser Erkrankungen bei HG-Trägern ist anhand alltäglicher Beobachtungen in der HNO-ärztlichen Praxis zu vermuten. Eine eventuelle Risikoerhöhung für derartige Erkrankungen bei HG-Trägern wurde bislang noch nicht in epidemiologischer Hinsicht quantifiziert. Das Ziel der vorliegenden Studie war daher die Untersuchung der Inzidenz und des Risikos diverser infektiöser und nicht-infektiöser Erkrankungen des äußeren Ohrs für Patienten mit HG-Versorgung in Deutschland anhand von Daten aus einer landesweiten und repräsentativen Praxisdatenbank.

Methode: Mit Hilfe einer bundesweiten und repräsentativen Praxisdatenbank wurden retrospektiv im Zeitraum zwischen 2012 und 2016 die Häufigkeiten von Diagnosen der ICD-Gruppen H60 (diverse Formen der Otitis externa, Gehörgangscholesteatom) und H61 (sonstige Krankheiten des äußeren Ohrs wie Cerumen, Perichondritis, erworbene Gehörgangsstenose) bei Patienten mit HG-Verordnung (Z46.1) oder Vorhandensein eines HG (Z97.4) ermittelt und mit einer Kontrollgruppe ohne HG verglichen (Odds Ratio, OR). Patienten mit HG und Kontrollgruppe wurden in Bezug auf Alter, Geschlecht und Indexjahr 1:1 gematcht. Als Indexdatum diente das Datum der HG-Dokumentation bzw. ein zufälliges Datum bei Patienten der Kontrollgruppe. Die Inzidenzen der o.g. Diagnosen innerhalb von 12 Monaten ab Indexdatum wurden ermittelt. Nur Patienten mit einer Beobachtungszeit von mindestens 12 Monaten wurden eingeschlossen.

Ergebnisse: 138 HNO-Praxen waren zwischen 2012 und 2016 kontinuierlich an der Datenbank beteiligt. In diesem Zeitraum wurden 20.127 Patienten mit HG-Verordnung ermittelt und mit 20.127 Patienten ohne HG-Verordnung gematcht.

Die höchsten 12-Monats-Inzidenzen (HG-Träger vs. Kontrollgruppe) wurden ermittelt für „Zeruminalpfropf“ (H61.2) (16,5% vs. 4,2%), „Otitis externa, nicht näher bezeichnet“ (H60.9) (2,6% vs. 1,2%) und „akute Otitis externa, nichtinfektiös“ (H60.5) (2,3% vs. 0,7%). Nicht gefunden wurden Kodierungen für „Phlegmone des äußeren Ohrs“ (H60.1), „Otitis externa maligna“ (H60.2), „nichtinfektiöse Krankheiten der Ohrmuschel“ (H61.1) sowie „erworbene Stenose des äußeren Gehörgangs“ (H61.3). Die deutlichsten Risikoerhöhungen für HG-Träger fanden sich für „Abszess des äußeren Ohrs“ (H60.0, OR 10,03), „sonstige Otitis externa“ (H60.8, OR 6,00) und „Zeruminalpfropf“ (OR 4,55). Eine geringere Risikoerhöhung fand sich u.a. für „Gehörgangscholesteatom“ (H60.4, OR 2,26).

Diskussion: Zu den am häufigsten diagnostizierten Erkrankungen des äußeren Ohrs in HNO-Praxen in Deutschland zählen Cerumen obturans, Otitis externa simplex sowie nichtinfektiöse Otitis externa (Gehörgangsekzem, Kontaktotitis). Bei HG-Trägern ist das Risiko für fast alle der gefundenen Diagnosen signifikant erhöht, insbesondere für Abszesse des äußeren Ohrs (Gehörgangsfurunkel), chronische Otitis externa und Cerumen obturans. Von besonderem Interesse ist der erstmalige epidemiologische Nachweis einer HG-Versorgung als Risikofaktor für das seltene GG-Cholesteatom.

Praktische Implikation: HG-Träger benötigen regelmäßige Kontrollen bei ihren HNO-Ärzten, damit die mit HG assoziierten Erkrankungen rechtzeitig diagnostiziert und behandelt werden könnten.