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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Versorgungsepidemiologie von Schilddrüsenerkrankungen: Eine Analyse mit Abrechnungsdaten von zwei populationsbasierten Kohorten

Meeting Abstract

  • Simone Kiel - Universitätsmedizin Greifswald, Community Medicine, Allgemeinmedizin, Greifswald, Germany
  • Till Ittermann - Institut für Community Medicine, Universitätsmedizin Greifswald, SHIP-Klinisch-Epidemiologische Forschung, Greifswald, Germany
  • Jean-François Chenot - Institut für Community Medicine, Universitätsmedizin Greifswald, Allgemeinmedizin, Greifswald, Germany
  • Aniela Angelow - Institut für Community Medicine, Universitätsmedizin Greifswald, Allgemeinmedizin, Greifswald, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf456

doi: 10.3205/19dkvf456, urn:nbn:de:0183-19dkvf4565

Published: October 2, 2019

© 2019 Kiel et al.
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Hintergrund: Schilddrüsenveränderungen sind in Deutschland sehr häufig, viele jedoch symptomlos und als Zufallsbefund entdeckt. Wenig ist über die Versorgung in ambulanten Arztpraxen bekannt.

Fragestellung: Ziel der Studie ist es, die Häufigkeit von Messungen des Thyreoidea-stimulierenden Hormons (TSH), Schilddrüsensonographien und -szintigraphien in der ambulanten Versorgung zu untersuchen.

Methode: Daten von zwei bevölkerungsbezogenen Kohorten der Study of Health in Pomerania (SHIP) wurden mit Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigung Mecklenburg-Vorpommerns gekoppelt. Gebührenordnungspositionen wurden verwendet, um die Häufigkeit von Untersuchungen ein Jahr vor Studienuntersuchung abzubilden.

Ergebnisse: Insgesamt 5.552 Probanden (47% männlich, Median 55 Jahre) wurden analysiert und in Kategorien eingeteilt:

  • (i) kodierte Abrechnungsdiagnose und/oder Schilddrüsenmedikament 11,5% (n=638),
  • (ii) kodierte Abrechnungsdiagnose ohne Medikament 13,9% (n=771),
  • (iii) Schilddrüsenveränderung nur auf Basis klinischer Untersuchungsdaten 40% (n=2191),
  • (iv) keine kodierte oder klinische Veränderung und keine Medikamente 35% (n=1952).

Ein Jahr vor der SHIP-Untersuchung erhielten in den Gruppen (i) 60%, (ii) 43%, (iii) 23% und (iv) 22% der Individuen mindestens eine TSH-Messung. Mindestens eine Sonographie wurde bei (i) 22%, (ii) 20%, (iii) 1,7% und (iv) 1,5% der Individuen durchgeführt. Mindestens eine Szintigraphie erhielten (i) 9%, (ii) 8%, (iii) 0,5%, (iv) 0,4% der Individuen.

Diskussion: Bei den meisten diagnostizierten und behandelten Probanden werden TSH-Messungen regelmäßig und in Übereinstimmung mit den Leitlinien durchgeführt. Nur bei wenigen Probanden werden die empfohlenen jährlichen Kontrollen nicht durchgeführt. Die Häufigkeit sonographischer Untersuchungen erscheint, angesichts fehlender klinischer Relevanz vieler Schilddrüsenveränderungen, zu hoch. Bei Probanden ohne diagnostizierte Veränderung gibt es Hinweise auf eine Überdiagnostik von TSH Messungen.

Praktische Implikationen: Bei Personen mit Schilddrüsenveränderung sollte vor jeder Untersuchung kritisch geprüft werden, ob eine Kontrolluntersuchung oder eine Therapie notwendig ist. Bei Patienten mit Einnahme von Schilddrüsenmedikamenten sollte auf die Einhaltung der TSH-Kontrollen geachtet werden.