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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Einfluss von Strukturvariablen auf die Versorgungsqualität der Krankenhäuser in Deutschland

Meeting Abstract

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  • Lisa Vorbeck - Philipps-Universität Marburg, Institut für Versorgungsforschung und Klinische Epidemiologie, Wiesbaden, Germany
  • Max Geraedts - Philipps-Universität Marburg, Institut für Versorgungsforschung und Klinische Epidemiologie, Marburg, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf399

doi: 10.3205/19dkvf399, urn:nbn:de:0183-19dkvf3999

Published: October 2, 2019

© 2019 Vorbeck et al.
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Hintergrund: Der Gemeinsame Bundesauschuss (G-BA) publiziert jährlich die Qualitätsberichte der Krankenhäuser, in denen Struktur- u. Prozessinformationen sowie die Indikatorergebnisse der extern vergleichenden Qualitätssicherungsverfahren veröffentlicht werden. Diese Qualitätsberichte ermöglichen eine umfassende Untersuchung der stationären Versorgungsqualität. Inwieweit Strukturvariablen der Krankenhäuser nicht nur mit einzelnen Indikatoren, sondern mit übergreifenden Scores der Versorgungsqualität assoziiert sind, wurde bisher in Deutschland wenig erforscht.

Fragestellung: Sind die Krankenhaus-Strukturvariablen Trägerschaft (freigemeinnützig, öffentlich, privat Profit-orientiert), Größe (Bettenzahl), Region (Nordwest, Ost, Süd) und Lehrstatus (akademisches Lehrkrankenhaus ja/nein) mit Indikatoren-übergreifenden Scores der Versorgungsqualität assoziiert?

Methode: Als Grundlage der Analyse dienten die Daten der Qualitätsberichte des Jahres 2015. Zur Beurteilung der Versorgungsqualität konnten von 233 krankenhausbezogen veröffentlichten Qualitätsindikatoren (QI) 102 Indikatoren genutzt werden (Ausschluss von sich überschneidenden QI, QI mit fragwürdiger Validität – z. B. Dokumentationsprobleme, QI mit sehr niedrigen Fallzahlen – Transplantations-medizin). Diese QI wurden jeweils einem von vier Leistungsbereichen (Innere Medizin/Kardiologe und Pflege (52 QI); Gefäßchirurgie (8 QI); Herzchirurgie (13 QI); Gynäkologie und Perinatalmedizin (29 QI)) und einer von 6 Kategorien zugeordnet (Indikationskriterien (11 QI); nosokomiale Infektionen (3 QI); Mortalität (17 QI); Komplikationen (30 QI); Ablauf und Einhalten von Leitlinien (38 QI); Behandlungsziele (3 QI)). Pro Leistungsbereich über die Kategorien hinweg, pro Kategorie über die Leistungsbereiche hinweg und für alle gültigen Indikatoren pro Krankenhaus wurden je drei Scores gebildet, die jeweils das Erreichen/Nicht-Erreichen der 50., 75. und 90. Perzentile differenzierten (insgesamt 33 Scores). Anhand der Indikatorergebnisse wurden für jedes der 1642 eingeschlossenen Krankenhäuser die jeweils aufgrund des Leistungsspektrums passenden Scores errechnet, so dass die Assoziation zwischen den Strukturvariablen und den verschiedenen Teilaspekten der Versorgungsqualität untersucht werden konnte.

Diese wurde zunächst jeweils bivariat mittels Mann-Whitney-U-Test bzw. Kruskall-Wallis-Test untersucht, anschließend wurde mittels multipler linearer Regressionsanalyse auch der Interaktionseffekt der unabhängigen Variablen berücksichtigt. Wegen multiplen Testens wurde das Signifikanzniveau mittels Bonferroni-Holm-Korrektur adjustiert.

Ergebnisse: Bei der Herzchirurgie zeigte kein Score eine Assoziation zu den Strukturvariablen. Bei acht der übrigen 30 Scores zeigten akademische Lehrkrankenhäuser in den Regressionsanalysen signifikant schlechtere Ergebnisse als nicht-lehrende Häuser. Große KH (>500 Betten) schnitten in 25 der 30 Scores schlechter ab als mittelgroße Häuser, kleine (< 100 Betten) schnitten in 18 der 30 Scores signifikant besser ab als mittelgroße Häuser. Die Region eines KH war inkonsistent mit den verschiedenen Kategorien u. Leistungsbereichen assoziiert. Die Trägerschaft stand mit einzelnen Scores in Beziehung: private KH wiesen bei vier und freigemeinnützige KH bei drei der 30 Scores signifikant bessere Ergebnisse auf als öffentliche Häuser.

Diskussion: Die Ergebnisse der Regressionsanalysen legen ein nicht erwartetes Fazit nahe, nämlich dass kleine und nicht-lehrende Krankenhäuser in vielen Bereichen bessere Versorgungsqualität leisten als große oder akademische Lehrkrankenhäuser. Es stellt sich die Frage, ob dies der Realität entspricht oder ob eine ungenügende Risikoadjustierung bei vielen der Qualitätsindikatoren dazu führt, dass Krankenhäuser mit einem risikoreicheren Patientenpool einen Nachteil bei der extern vergleichenden Qualitätsberichterstattung erfahren. Da die Qualitätsergebnisse zukünftig vergütungsrelevant sein werden, ist eine Prüfung der methodischen Güte der Qualitätsindikatoren und insbesondere der Risikoadjustierung dringend anzuraten.