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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Situationsanalyse Partner*innen-Benachrichtigung zu sexuell übertragbaren Infektionen (STI) in Deutschland

Meeting Abstract

  • Kristina Enders - FOGS – Gesellschaft für Forschung und Beratung im Gesundheits- und Sozialbereich mbH, Köln, Germany
  • Martina Schu - FOGS – Gesellschaft für Forschung und Beratung im Gesundheits- und Sozialbereich mbH, Versorgungsforschung, Köln, Germany
  • Katharina Eisenbach - FOGS – Gesellschaft für Forschung und Beratung im Gesundheits- und Sozialbereich mbH, Versorgungsforschung, Köln, Germany
  • Peter Tossmann - Delphi Gesellschaft mbH, Versorgungsforschung, Berlin, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf362

doi: 10.3205/19dkvf362, urn:nbn:de:0183-19dkvf3620

Published: October 2, 2019

© 2019 Enders et al.
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Text

Fragestellung: Weltweit sind Partner*innen-Benachrichtigung (PB) und zum Teil auch Partner Notification wichtige Bestandteile der Maßnahmen zur Bekämpfung von sexuell übertragbaren Krankheiten. Allerdings gibt es erhebliche Unterschiede in der Art und Weise, wie PB umgesetzt wird. Die Weltgesundheitsorganisation, das gemeinsame Programm der Vereinten Nationen (UN-AIDS) und die international agierende NGO International Union against Sexually Transmitted Infections (IUSTI) empfehlen, PB auf freiwilliger Basis durchzuführen. Neuere Studien verweisen auf die Chancen technologiegestützter Methoden in der Umsetzung der anonymen PB. Auch in Deutschland wird PB diskutiert und ist in Leitlinien beschrieben, doch scheinen Kenntnisse und Methoden dazu begrenzt und das Vorgehen insgesamt wenig systematisch zu sein.

In der Strategie der Bundesregierung zur Eindämmung von HIV, Hepatitis B und C und anderen sexuell übertragbaren Infektionen wird PB besondere Bedeutung zugemessen, wenn es darum geht, „Infektionsketten zu unterbrechen“. Um nun die Situation in Deutschland genauer einschätzen zu können und Handlungsbedarfe zu identifizieren, hat das Bundesministerium für Gesundheit eine Situationsanalyse zu PB in Auftrag gegeben. Im Fokus stehen drei STI (Chlamydien, Gonorrhoe und Syphilis) und die Umsetzung hierzu erfolgender PB im Rahmen anonymer Testmöglichkeiten im öffentlichen Gesundheitsdienst und durch NGO.

Angesichts des durchaus kontroversen Diskurses um PB und der sehr heterogenen Zielgruppen mit unterschiedlichen Bedarfen sollen neben einer Angebotsübersicht zunächst die fördernden und hemmenden Faktoren auf Seiten von Praktiker*innen und – erstmals in größerem Umfang – auch von Nutzer*innen von Teststellen untersucht sowie hilfreiche Strategien identifiziert werden.

Beschreibung:

1.
Zu Beginn steht eine systematische Literaturrecherche. Dabei geht es einerseits um Forschungsergebnisse zu PB (mit Fokus auf Deutschland) und andererseits um Empfehlungen und Leitlinien. Da aktuelle Forschungsarbeiten und Leitlinien zur sexuellen Gesundheit STI und HIV überwiegend zusammen diskutieren, wird man über die Literaturrecherche ebenfalls Aussagen zur PB vor dem Hintergrund einer HIV-(Ko-)Infektion treffen können – allerdings ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
2.
Die Untersuchung der tatsächlichen Umsetzung von PB in Deutschland erfolgt qualitativ durch Fachgespräche mit Praktiker*innen in Teststellen (Telefoninterviews, persönliche Einzel- und Gruppengespräche). Der aktuelle Forschungsstand deutet darauf hin, dass neben strukturellen Faktoren auch individuelle Haltung und Einstellung der Fachkräfte gegenüber PB und damit die Bereitschaft, ein derartiges Angebot umzusetzen, entscheidend beeinflussen. Die Situationsanalyse zielt nicht auf eine repräsentative Studie, erstreckt sich jedoch auf acht Standorte in Deutschland und betrachtet verschiedene Belastungsschwerpunkte in Groß- und Mittelstädten.
3.
Den größten Fokus legt die Untersuchung auf die Sichtweisen der Betroffenen. In diesem Arbeitsschritt sollen Klient*innen der Teststellen in den Mittelpunkt gestellt und ihre Erfahrungen und Bedarfe erhoben werden. Über eine Befragung der Zielgruppen, vermittelt über ausgesuchte Standorte/Einrichtungen, können erstmals belastbare Daten für Deutschland entlang unterschiedlicher persönlicher und struktureller Gegebenheiten (z.B. nach Herkunft und Geschlecht bzw. nach Region) gewonnen werden. Die Befragung wird fragebogengestützt erfolgen, der Fragebogen wird durch offene qualitative Gespräche entwickelt.

Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse der ersten beiden Arbeitsschritte werden aktuell zusammengeführt. Studien aus anderen Ländern zeigen sehr verschiedene Methoden, Zielgruppen und Aussagekraft, zudem sind die Rahmenbedingungen nicht umstandslos auf Deutschland übertragbar. Für Deutschland fehlt bislang eine systematische Übersicht bestehender Ansätze und konkreter Angebote zu PB. Auch Aussagen zu Wirkungen sowie eine Bewertung, ob und wie diese Ansätze, darunter auch die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien auf Deutschland übertragen werden können, stehen aus. Im Rahmen des DKVF 2019 können Einblicke in die tatsächliche Umsetzung von PB in Deutschland (hier: öffentlicher Gesundheitsdienst und NGO) sowie eine erste Analyse zu Einstellungen und Haltungen der Klient*innen vorgestellt werden.

Perspektive: Das BMG sieht ab Herbst 2019 Fachgespräche zu PB in Deutschland vor, wo die Ergebnisse der Studie öffentlich vorgestellt und weiter diskutiert werden sollen.