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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Informationsbedürfnisse von Patienten mit geplanten bariatrischen Eingriffen aus Sicht von Ernährungsfachkräften – Ergebnisse eines Online-Surveys

Meeting Abstract

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  • Jessica Breuing - Fakultät für Gesundheit, Department für Humanmedizin Universität Witten/Herdecke, Institut für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM), Köln, Germany
  • Katharina Doni - Universität Witten/Herdecke, Institut für Forschung in der Operativen Medizin, Evidenzbasierte Versorgungsforschung, Köln, Germany
  • Dawid Pieper - Fakultät für Gesundheit, Department für Humanmedizin Universität Witten/Herdecke, Insitut für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM), Köln, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf361

doi: 10.3205/19dkvf361, urn:nbn:de:0183-19dkvf3614

Published: October 2, 2019

© 2019 Breuing et al.
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Hintergrund: Die Anzahl der bariatrischen Eingriffe in Deutschland steigt. Dabei zeigt sich die bariatrische Chirurgie im Vergleich zur konservativen Therapie als sehr effizient. Chirurgische Verfahren sind jedoch mit einschneidenden Konsequenzen für die Patienten verbunden wodurch ein gesteigertes Informationsbedürfnis bei den Patienten zu vermuten ist. Eine besondere Rolle im Prozess der Weitergabe von Informationen an den Patienten haben neben den behandelnden Chirurgen besonders die Ernährungsfachkräfte (EFK), da die präoperative Ernährungstherapie eine der Voraussetzungen für die Kostenübernahme der Operation durch die Krankenkassen darstellt.

Fragestellung: Ziel der Befragung war die Identifizierung von Informationsbedürfnissen von Patienten sowie der Darstellung der Weitergabe von Informationen seitens der EFKs.

Methode: Der Online-Fragebogen (n=36 Items) wurde mittels SurveyMonkey® im Zeitraum Dezember 2018 – Februar 2019 deutschlandweit durchgeführt. Der Fragebogen enthält eine Mischung aus geschlossenen Fragen (u.a. Eingruppierungsfragen, Likert-Skalen) und offenen Fragen (Freitext) und wurde unter Einbeziehung eines Experten aus der Praxis entwickelt. Die Rekrutierung der EFKs erfolgte sowohl über die Adipositaszentren als auch über den Verteiler des BerufsVerbands Ökotrophologie e.V. (VDOe). Es wurden neben personenbezogenen (z.B. Alter, Geschlecht, Profession, Anstellungsverhältnis) und versorgungsrelevanten (Anzahl Patienten/Jahr, therapierte OP-Verfahren, Zuweisungswege) Daten besonders die Abläufe und Informationsprozesse prä- und postoperativ erhoben. Dazu gehörten Dauer und Frequenz der Termine, Inhalte der Gespräche sowie häufig gestellte Fragen. Aber auch Parameter wie bspw. die Kostenübernahme der Ernährungstherapie durch die Krankenkassen wurden erfragt. Die Ergebnisse wurden quantitativ und qualitativ zusammengefasst.

Ergebnisse: Insgesamt haben 47 EFKs (87,2% weiblich) an der Umfrage teilgenommen. In der Regel finden zwischen 5-7 Termine präoperativ mit der EFK statt (70,4%). Die Dauer des ersten Termins des Patienten bei der EFK liegt überwiegend bei 60 Minuten (52,2%). Die Inhalte des ersten Gesprächs wurden offen erfragt und sind sehr unterschiedlich, lassen sich aber auf einige gemeinsame Parameter zusammenfassen (Mehrfachnennungen möglich): Ernährung post-OP (39,4%), Ernährung prä-OP (27,3%), Ist-Zustand Ernährung (24,2%), Anamnese (18,2%). Die häufigsten Fragen von Patienten vor der Operation beziehen sich auf die Ernährung nach der Operation sowie auf die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln (NEM). Zusätzlich tauchen häufig Fragen zu Risiken sowie Nebenwirkungen der Operationsverfahren auf.

Die häufigsten Fragen, die von den Patienten post-OP gestellt werden, wurden offen erfragt (Mehrfachnennungen möglich) und sind Un-/Verträglichkeiten/Übelkeit (34,3%), NEM (28,6%), Proteinen (25,7), Lebensmittel-Auswahl (20,0%). Dauer und Frequenz der postoperativen Termine nehmen im Vergleich zu den präoperativen Terminen tendenziell eher ab. Ein großer Teil der EFKs hält die Kostenerstattung der Krankenkassen für die Ernährungstherapie für nicht ausreichend (79,6%).

Diskussion: Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass sowohl prä- als auch postoperativ Informationsbedürfnisse bei den Patienten vorliegen. Diese beziehen sich vorwiegend auf die neue Ernährungssituation und deren Konsequenzen. Zudem tauchen im Erstgespräch vor der Operation häufig Fragen zu der Operation selbst (Nebenwirkungen, Risiken) auf. In der Regel haben die Patienten beim ersten Besuch bei der EFK das ärztliche Gespräch bereits hinter sich. Die Inhalte und Schwerpunkte des ersten Gesprächs mit der EFK stellen sich sehr unterschiedlich dar. Es bleibt zu prüfen, welche Informationen im gesamten Prozess der Ernährungstherapie vermittelt werden.

Die unzureichende Kostenerstattung der Krankenkassen zur Ernährungstherapie prä-/post-OP wird als nachteilig für die Versorgung der Patienten dargestellt.

Diese Ergebnisse sind Teil einer Studie zu Informationsbedürfnissen, welche neben den EFKs auch die behandelnden Chirurgen und die Patienten bzgl. Informationsbedürfnissen befragt. So entsteht ein Gesamtbild über die Informationsvermittlung seitens der beteiligten medizinischen Fachberufe sowie über die Informationsbedürfnisse aus Sicht der Patienten selbst.

Praktische Implikationen: EFKs stellen einen wichtigen Drehpunkt in der Versorgung von bariatrischen Patienten dar und sind somit direkt in die Weitergabe von Informationen an den Patienten involviert. Sie stellen somit auch eine Möglichkeit dar, Informationsbedürfnisse von Patienten zu identifizieren und zu bedienen.