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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Prozessevaluation einer Interventionsstudie zur Verbesserung der Patient_innenversorgung durch Vernetzung und informierten Dialog – Accountable Care in Deutschland

Meeting Abstract

  • Isabel Geiger - Ludwig-Maximilians-Universität München, Fachbereich Health Services Management, München, Germany
  • Verena Leve - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Medizinische Fakultät, Institut für Allgemeinmedizin, Düsseldorf, Germany
  • Wiebke Schüttig - Ludwig-Maximilians-Universität München, Fachbereich Health Services Management, München, Germany
  • Ronja Flemming - Ludwig-Maximilians-Universität München, Fachbereich Health Services Management, München, Germany
  • Olaf Reddemann - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Medizinische Fakultät, Institut für Allgemeinmedizin, Düsseldorf, Germany
  • Bernd Hemming - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Medizinische Fakultät, Institut für Allgemeinmedizin, Düsseldorf, Germany
  • Elisabeth Gummersbach - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Medizinische Fakultät, Institut für Allgemeinmedizin, Düsseldorf, Germany
  • Stefan Wilm - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Medizinische Fakultät, Institut für Allgemeinmedizin, Düsseldorf, Germany
  • Leonie Sundmacher - Ludwig-Maximilians-Universität München, Fachbereich Health Services Management, München, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf360

doi: 10.3205/19dkvf360, urn:nbn:de:0183-19dkvf3606

Published: October 2, 2019

© 2019 Geiger et al.
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Text

Hintergrund: In der inter- sowie intrasektoralen Koordination der Versorgung von Patient_innen bestehen besondere Herausforderungen. In einer Interventionsstudie werden in der Versorgung zusammenarbeitende Akteure anhand von Routinedaten identifiziert und miteinander vernetzt. Die Intervention besteht aus halbjährlich stattfindenden, moderierten Netzwerktreffen sowie netzwerkbezogenen Feedbackberichten zu häufigen Indikationsgruppen (z.B. Diabetes Mellitus, Ischämische Herzkrankheiten). Ergänzend zur Wirksamkeitsstudie wird eine Prozessevaluation durchgeführt, auf die sich der vorliegende Beitrag bezieht.

Fragestellung: Welche Faktoren beeinflussen die Umsetzung und Implementierung der Intervention aus Sicht der Moderator_innen und Netzwerkärzt_innen?

Methode: Die Prozessevaluation besteht aus einer Kombination von quantitativen und qualitativen Methoden.

Die ersten Erhebungen zu Erwartungen/Motivation der Moderator_innen und möglichen Hürden bei der Durchführung der Netzwerktreffen erfolgten im Anschluss an das Moderatorentraining. Fortlaufend werden nach den Netzwerktreffen sowohl die Moderator_innen als auch die Teilnehmenden schriftlich zur Umsetzung und Wahrnehmung des Treffens durch die Studiengruppe befragt.

Zusätzlich werden einzelne Netzwerkärzt_innen mittels qualitativer Interviews telefonisch befragt. Die leitfadengestützten Interviews werden von erfahrenen Interviewerinnen durchgeführt, digital aufgezeichnet und transkribiert. Die inhaltsanalytische Auswertung erfolgt computergestützt in einem multiprofessionellen Team (Medizin, Soziologie, Gesundheitsökonomie).

Aktuell wurden in 99 Netzwerken in vier KV Regionen jeweils ein bis zwei Netzwerktreffen durchgeführt und Netzwerkinformationen zu insgesamt vier Indikationsgruppen an die Netzwerkärzt_innen übermittelt.

Ergebnisse: Moderator_innen äußern in allen beteiligten KV Regionen eher Skepsis in Bezug auf die Annahme von 2,5-stündigen Netzwerktreffen durch Netzwerkärzt_innen. In der Durchführung zeigt sich, dass es bei der tatsächlichen Teilnahmebereitschaft an Treffen deutliche regionale Unterschiede gibt. Vorbehalte der Teilnehmenden beziehen sich dabei weniger auf die Dauer einzelner Treffen, als auf knappe Zeitressourcen insgesamt. Vorerfahrungen in anderen Netzwerkkontexten nehmen Einfluss auf die Teilnahmebereitschaft.

Netzwerktreffen mit geringen Teilnehmendenzahlen werden sowohl von Moderator_innen als auch von teilnehmenden Netzwerkärzt_innen als schwierig erlebt. So wird einer kleinen Gruppe weniger Wirkungspotenzial auf die Versorgung in der Region zugeschrieben. Die Befragten erleben kleine Gruppen zwar als engagiert, bewerten aber Netzwerktreffen mit einer größeren Teilnehmendenzahl eher als hilfreich, um konkrete Versorgungsprobleme gemeinsam zu bearbeiten.

Wünsche für die Zusammenarbeit im Netzwerk betreffen die Verbesserung der niedrigschwelligen Zugänge unter ambulanten Akteuren (telefonische Erreichbarkeit, Möglichkeiten zur direkten Ansprache), zuverlässige Informationsweitergabe sowie den fallbezogenen kollegialen Austausch. Auch die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen ambulanter und stationärer Versorgung wird als wichtig bewertet.

Zur Optimierung der Organisation melden die Teilnehmenden zurück, dass ein frühzeitiger Versand, sowie die rechtzeitige Bekanntgabe von Netzwerktreffen die eigene Planung erleichtern und eine Teilnahme trotz Alltagsbelastung ermöglichen. Förderlich für die Teilnahmebereitschaft wird die persönliche Ansprache durch Moderator_innen bspw. in Form von individualisierten Anschreiben beschrieben.

Für den Kongress liegen die Ergebnisse für das erste Jahr der Prozessevaluation vor.

Diskussion: Eine Kombination aus moderiertem Feedback und kollegialem Austausch im Rahmen von Netzwerktreffen erscheint für die gemeinsame Arbeit im Versorgungsnetzwerk vielversprechend. Um sich im interdisziplinären Netzwerk zu beteiligen, muss für Teilnehmende ein deutlicher Mehrgewinn durch die Vernetzung im Vergleich zur aktuellen Versorgungssituation und bereits bestehenden Angeboten sichtbar sein. Entscheidend für eine positive Einschätzung der Arbeit im Netzwerk ist das Engagement der Netzwerkmitglieder, die direkten Zugänge und der direkte Austausch. Die individualisierte Ansprache von Netzwerkärzt_innen wirkt positiv auf die Teilnahmebereitschaft.

Praktische Implikationen: Für die Durchführung von Interventionen zur Stärkung von ambulanten Netzwerken gilt es, den individuellen Mehrwert durch die gemeinsame Arbeit im Vorfeld deutlich zu kommunizieren. Der Aufwand für die Beteiligung (Teilnahme an Treffen, Durchsicht von Informationsmaterialien etc.) sollte dabei möglichst gering und in den eigenen Praxisalltag gut integrierbar sein (Umfang der Materialien, Zeitpunkt und Ort von Treffen etc.).