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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Das Konzept „Monument“ für Patienten mit Rheumatoider Arthritis: ePatienten-Empowerment für verbessertes klinisches und Patienten-Outcome in digitalen Gesundheitsnetzwerken

Meeting Abstract

  • Monika Sinha - SINHA–Beratung im Gesundheitswesen, SINHA–Beratung im Gesundheitswesen, Berlin, Germany
  • Marc Bonin - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie, Berlin, Germany
  • Till Sörensen - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie, Berlin, Germany
  • Eugen Feist - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie, Berlin, Germany
  • Andreas Michalsen - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie, Abteilung Naturheilkunde, Berlin, Germany
  • Stefan Kinnen - CompuGroup Medical LAB Deutschland GmbH, CompuGroup Medical LAB Deutschland GmbH, Koblenz, Germany
  • Frank Reichenbach - ORACLE Deutschland B.V. & Co. KG, ORACLE Deutschland B.V. & Co. KG, Düsseldorf, Germany
  • Thomas Häupl - Charité- Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie, Berlin, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf280

doi: 10.3205/19dkvf280, urn:nbn:de:0183-19dkvf2808

Published: October 2, 2019

© 2019 Sinha et al.
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Text

Hintergrund: Patienten-Empowerment gewinnt zunehmend Bedeutung für die patientenzentrierte Versorgung in Gesundheitsnetzwerken und findet statt im Gesundheitssystem (Makroebene), in Gesundheitsnetzwerken Arzt/Therapeuten-Patienten-Gesprächen (Meso-Ebene) und beim individuellen Gesundheits-Krankheitsmanagement des Patienten (Mikroebene). Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) sind gefordert, mit ihren körperlichen Beschwerden und Folgen der Gelenkentzündung tagtäglich erfolgreich umzugehen. In der zweijährigen Pilotstudie „BioFast“ konnte gezeigt werden, dass die Krankheitsaktivität durch Darmreinigung und Fasten in nahezu allen Patienten gesenkt wird und eine anschließende Diät sich günstig auf den Erhalt einer erniedrigten Krankheitsaktivität auswirken kann. Angesichts dieser offensichtlichen Abhängigkeit der Gelenkentzündung vom Darmmikrobiom kann der Patient selbst durch Ernährung und Lebensstil Einfluss auf seine Erkrankung nehmen.

Fragestellung: Kann der RA Patient durch Telemedizin und tägliches digitales Monitoring von Ernährung, Medikation und Lebensführung primär seine Krankheitsaktivität, seine psychosozialen Ressourcen zur Alltagsbewältigung und seine Unabhängigkeit, sowie sekundär seine Lebensqualität und seine Krankheitsgesamtkosten günstig beeinflussen? Welche klinischen und Patienten-Outcomes erzielen sektorenübergreifende, ambulante und klinische Versorgung mit diesem „Monument“ Konzept?

Methode: Aufbauend auf die BioFast Pilotstudie wird mit „Monument“ eine prospektive Beobachtungsstudie mit digitalem Monitoring und Telemedizin für mindestens 3 Jahre durchgeführt. Gestartet wird in zwei sektorenübergreifenden Netzwerken in Berlin (Charité) und Sachsen-Anhalt (Fachklinik Vogelsang-Gommern). Das Konzept „Monument“ wird an beiden Kliniken für die teilnehmenden Patienten aufgesetzt und durch diese auch an ihre ambulant behandelnden Ärzte weitergegeben und soll sich so auf weitere Zentren ausdehnen. In Abhängigkeit von Neueinstellung, Aufrechterhaltung bzw. Umstellung der Medikation wird in einem Stepped Wedge Design nach initialem Fasten die Wirksamkeit des individuellen Monitorings mit daraus abgeleiteter Anpassung von Ernährung und Lebensführung untersucht. Primäre Endpunkte sind Entzündungsparameter, DAS28, Activities of Daily Living (ADL) und Grad der Eigenständigkeit. Sekundäre Endpunkte sind gesundheitsbezogene Lebensqualität, Arbeitsunfähigkeit, Arzneimittel- und Gesamtjahresfallkosten. Begleitend wird die Akzeptanz des täglichen Monitorings und der Telemedizin analysiert.

Ergebnisse: Nach Reduktion der Darmmikrobiota und Fasten konnte bei Patienten mit RA ein immunologisch nachweisbarer Rückgang der Krankheitsaktivität beobachtet werden. Individuelle Ernährungsgewohnheiten zeigten im weiteren Verlauf deutliche Effekte auf die Entzündungssituation. Daraus wurden strukturelle Anforderungen an das Monitoring von Ernährungsgewohnheiten und Lebensführung mit der „Monument“ App abgeleitet.

Weitere wissenschaftlich nachgewiesene Einflussgrößen auf klinische und Patienten-Outcomes werden mit Hilfe der „Monument“ App kontinuierlich engmaschig erfasst und für den RA Patienten verständlich aufbereitet:

  • Individuelle Ernährungsmuster und Selbstbeurteilung von Nahrungsverträglichkeit
  • aktuelle Medikation
  • Schmerzen, Beweglichkeit, Erholung mit Visual Analog Scale (VAS; 0 bis 100) und abrufbaren, früheren Einschätzungen
  • Beurteilung der psychosozialen Ressourcen zur Alltagsbewältigung (ADL) und Selbständigkeit der Lebensführung mit VAS (0 bis 100)
  • Import oder manuelle Eingabe von Laborparametern und Arztbefunden
  • Analyse der Wechselwirkungen zwischen Ernährung, Medikation, Lebensführung und Beschwerden
  • Möglichkeiten zur Festlegung von Zielvorgaben (Trinkmenge etc.) und deren Überprüfung.

Die Daten werden lokal gespeichert und nur über eine vom Patienten kontrollierte verschlüsselte Exportfunktion für das Arzt/Therapeuten-Patienten-Gespräch als Präsenz-Gespräch oder als Video-Sprechstunde übermittelt.

Diskussion und praktische Implikationen: Die Nutzung der so auf wissenschaftlichen Erkenntniszusammenhängen beruhenden Use-Cases der „Monument“ App generiert Wissen beim RA Patienten, welches er mit seinen behandelnden Ärzten, Therapeuten oder Gleichbetroffenen teilen kann. Die Patientenkompetenz und das Selbstmanagement werden durch gezieltes Gesundheitshandeln gestärkt. Der Patient erfährt, dass er selbst die Ursachen seiner RA Erkrankung beeinflussen kann. Er kann selbst für seine Entzündungssituation Verantwortung mit übernehmen und frühzeitig einer Verschlimmerung seiner Erkrankung begegnen. Mit Hilfe der individuellen faktenbasierten Berichte kann auch die Arzt/Therapeuten-Patienten-Kommunikation zielgerichteter und effizienter ablaufen sowie Shared-Decision-Making am point of care tatsächlich umgesetzt werden.