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Konstrukttheoretische Auseinandersetzung mit der sozialen Partizipation von Jugendlichen zur Entwicklung eines Partizipationsmessinstruments für die (Re-)Habilitation – die ExpertInnenperspektive
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Published: | October 2, 2019 |
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Hintergrund: Für Jugendliche ist die Teilhabe in verschiedensten Lebenssituationen wichtiger Bestandteil ihrer Entwicklung. Es wird empfohlen, Partizipation als zentrales Ziel von (Re-)Habilitations- und Fördermaßnahmen zu setzen. Allerdings stehen für Jugendliche in Deutschland bis dato keine verlässlichen Instrumente zur Erfassung sozialer Partizipation zur Verfügung. Übergeordnetes Ziel des Projektes ist es daher, ein Partizipationsmessinstrument für Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren zu entwickeln. Um dieses Ziel zu erreichen, gilt es in einem ersten Schritt den Partizipationsbegriff zu konkretisieren, denn die konstrukttheoretische Debatte um soziale Partizipation basiert im deutschsprachigen Raum in erster Linie auf der ICF-CY, die zwar als Klassifikationsinstrument international anerkannt, jedoch wenig theoretisch fundiert ist. Partizipation wird hier beschrieben als das „Einbezogen sein in eine Lebenssituation“ und wird unterschieden von Aktivität, welche „die Ausführung von Handlungen oder die Bewältigung von Aufgaben durch das Individuum“ umfasst. Trotzdem beide Konzepte – Partizipation und Aktivität – in der ICF-CY konzeptionell voneinander unterschieden werden, werden sie dennoch in einer Komponente zusammengefasst. Die Umsetzung der Unterscheidung von Partizipation und Aktivität wird in der Praxis und in vorliegenden, überwiegend englischsprachigen Messinstrumenten nur selten vorgenommen. Parallel entwickelt sich die internationale Diskussion um den Partizipationsbegriff weg von der ICF-CY, hin zur Konkretisierung des theoretischen Konstrukts der Partizipation. Aktuelle internationale konstrukttheoretische Auseinandersetzungen nehmen z.B. an, dass Partizipation zwei Komponenten beinhaltet: Teilnahme („attendence“) sowie Eingebundensein und werden/Beteiligung („involvement“). An dieser Stelle soll der vorliegende Beitrag ansetzen und Teilergebnisse der Gesamtstudie präsentieren mit dem Ziel, den Partizipationsbegriff für den deutschsprachigen Raum zu präzisieren.
Fragestellung: Welches theoretische Verständnis beschreiben Fachpersonen der (Re-)Habilitation, der Praxis und Wissenschaft in Bezug auf die soziale Partizipation von Jugendlichen mit chronischen Erkrankungen und/oder körperlich-motorischen Beeinträchtigungen?
Methode: Vor dem Hintergrund des übergeordneten Ziels der Entwicklung eines neuen Partizipationsmessinstrumentes für Jugendliche, wurden zunächst 21 nationale ExpertInnen aus den Bereichen der Sozialpädiatrie, Rehabilitation, Sozialpädagogik, Physio- oder Ergotherapie sowie der Wissenschaft in drei Fokusgruppen befragt. Ein Schwerpunkt der Befragungen lag auf der ausführlichen Diskussion um den Begriff der sozialen Partizipation. Die Auswertung der Fokusgruppen erfolgte in einem induktiv-deduktiven Verfahren auf inhaltsanalytischer Grundlage. Die ExpertInnenperspektive wird in weiteren Schritten ergänzt durch die Sichtweisen von Jugendlichen mit und ohne körperliche Beeinträchtigungen sowie durch die Elternperspektive.
Ergebnisse: Erste Ergebnisse der Fokusgruppen zeigen, dass soziale Partizipation verschiedene Komponenten umfasst, die im derzeitigen deutschsprachigen Diskurs noch zu wenig Berücksichtigung finden. Die befragten ExpertInnen beschreiben Partizipation mittels dreier Aspekte: „dem Einbezogen werden“, „dem Einbezogen-sein“ sowie „dem Einbezogen-sein Wollen“. Laut den ExpertInnen beinhaltet Partizipation als wichtigstes Merkmal das Gefühl des Einbezogen-seins, d.h. die subjektiven Empfindungen des Betroffenen in der jeweiligen Lebenssituation stehen im Vordergrund. So kann sich das Empfinden des Einbezogen-seins unterschiedlicher Betroffener individuell und kontextabhängig in der gleichen Lebenssituation unterscheiden. Entscheidend für das Gefühl des Einbezogen-seins ist die Bewertung, mitunter die Zufriedenheit der/des Betroffenen in der jeweiligen Lebenssituation.
Diskussion: Die Erweiterung des Partizipationsbegriffs über die ICF-CY hinaus steckt im deutschsprachigen Raum noch in den Anfängen. Übereinstimmend mit dem internationalen Diskurs betonen die befragten ExpertInnen die Wichtigkeit des Gefühls des Einbezogen-seins, d.h. das subjektive Empfinden des/der Betroffenen in einer jeweiligen Situation, das individuell und kontextabhängig variieren kann. Gerade für die subjektive, kontextabhängig variable Komponente von Partizipation gilt es zukünftig geeignete Messinstrumente zu entwickeln, die in der Praxis Anwendung finden können.
Praktische Implikationen: Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung zeigen die sehr starke Bedeutung der subjektiven Komponente, des Gefühls des Einbezogen-seins, die in der Versorgung eine starke Berücksichtigung finden sollte. Um soziale Partizipation zu erreichen, gilt es, in der (Re-)Habilitation und sämtlichen therapeutischen Settings stark an den Lebenswelten der Betroffenen anzuknüpfen. Die individuelle und kontextabhängige Gestaltung der sozialen Partizipation wird dabei eine große Herausforderung sein.