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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Bedeutung von individuellen und Praxismerkmalen für die Wahl der inzidenten Dialysemodalität – Eine Analyse von vertragsärztlichen Abrechnungsdaten im Rahmen des MAU-PD Projektes

Meeting Abstract

  • Ramona Hering - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi), Fachbereich Versorgungsforschung und Risikostruktur, Berlin, Germany
  • Mandy Schulz - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi), Fachbereich Versorgungsforschung und Risikostruktur, Berlin, Germany
  • Amelie Rouche - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi), Fachbereich Versorgungsforschung und Risikostruktur, Berlin, Germany
  • Thomas Czihal - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi), Geschäftsführung, Berlin, Germany
  • Isabell Schellartz - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft (IMVR) der Humanwissenschaftlichen Fakultät und der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln, IMVR, Köln, Germany
  • Tim Ohnhäuser - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft (IMVR) der Humanwissenschaftlichen Fakultät und der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln, IMVR, Köln, Germany
  • Nadine Scholten - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft (IMVR) der Humanwissenschaftlichen Fakultät und der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln, IMVR, Köln, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf196

doi: 10.3205/19dkvf196, urn:nbn:de:0183-19dkvf1963

Published: October 2, 2019

© 2019 Hering et al.
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Text

Hintergrund: Im internationalen Vergleich ist der Anteil der Peritonealdialyse- (PD) Patienten im Gegensatz zu den Hämodialyse- (HD) Patienten in Deutschland eher gering. Als Ursachen hierfür kommen sowohl patientenindividuelle aber auch versorgungsstrukturelle Faktoren in Frage. Diese Ursachen näher zu erforschen, hat sich das multidimensionale Innovationsfonds-Projekt MAU-PD zum Ziel gesetzt.

Fragestellung: Die vorliegende Arbeit untersucht die Verbreitung der beiden Dialysemodalitäten HD und PD im ambulanten Setting. Der Fokus liegt auf der Analyse der Bedeutung von Patienten- und Praxismerkmalen auf die inzidente Dialysemodalität.

Methode: Die Studienpopulation bilden niereninsuffiziente dialysepflichtige Patienten ab 18 Jahren zwischen 2013 und 2017. Anhand der vertragsärztlichen Gebührenordnungspositionen zur Abrechnung einer Dialyse werden die Patienten nach ihrer vorherrschenden Dialysemodalität (HD oder PD) eingeteilt. Als inzidente Fälle werden Personen ohne Dialyse in den letzten 2 Jahren vor Untersuchungsbeginn definiert. Die Patienten werden hinsichtlich ihrer individuellen Merkmale (z.B. Alter, Geschlecht, Komorbidität) charakterisiert und die Chance einer inzidenten PD wird unter Hinzunahme von Praxismerkmalen anhand einer logistischen Mehrebenenregression modelliert.

Ergebnisse: Im Jahr 2016 werden insgesamt knapp 67.000 prävalente Dialysepatienten in den vertragsärztlichen Abrechnungsdaten identifiziert. 92,5% dieser Patienten erhielten eine HD und 6,5% eine PD (1,0% andere). Im Hinblick auf inzidente Dialysepatienten liegt der Anteil der PD bei 9,6% im Inzidenzquartal. PD-Patienten sind tendenziell jünger und weiblich, weisen eine geringere Morbidität auf und wohnen seltener in Großstädten als HD-Patienten. Ergebnisse des Mehrebenenmodells weisen neben den zuvor genannten individuellen Faktoren einen bedeutenden Zusammenhang mit der behandelnden Dialysepraxis auf. So variiert die Chance auf eine PD um das mehr als 3-Fache auf der Praxisebene. Patienten in größeren Praxen mit mehreren Ärzten und einem hohen Anteil PD-Patienten haben dabei die größte Chance auf eine PD.

Diskussion: Die vorliegende Studie zeigt, dass die Wahl der Dialysemodalität für inzidente Dialysepatienten nicht nur von individuellen, sondern auch von praxisstrukturellen Merkmalen abhängt. Limitationen bestehen allerdings im Hinblick auf die begrenzten Möglichkeiten zur Identifikation relevanter individueller Merkmale (bspw. Wohnsituation der Patienten) in Routinedaten. Zu den weiteren Auswertungsinhalten des MAU-PD Projektes gehört u.a. eine Befragung von ambulant tätigen Nephrologen. Dadurch können weitere relevante Einflussfaktoren, wie z. B. die Auslastung der apparativen Ausstattung der Praxis, personelle Aspekte, aber auch Erfahrungen und Einstellungen zur HD und PD zur umfänglichen Beantwortung der Fragestellung herangezogen werden.

Praktische Implikationen: Die vorliegenden Ergebnisse – insbesondere in Kombination mit Ergebnisse aus den anderen Teilbereichen des MAU-PD Projektes – können dabei helfen, Ursachen für die relativ niedrigen PD-Raten in Deutschland aufzudecken. Die Erkenntnisse können dann zum Abbau von Hemmnissen und eine Optimierung der Versorgung von Dialysepatienten herangezogen werden.