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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Wie beurteilen Pflegekräfte und Ärzte die interprofessionelle Zusammenarbeit in Pflegeeinrichtungen?

Meeting Abstract

  • Christina Reese - Universitätsklinikum Freiburg, Sektion Versorgungsforschung und Rehabilitationsforschung (SEVERA), Freiburg, Germany
  • Boris Brühmann - Universitätsklinikum Freiburg, Sektion Versorgungsforschung und Rehabilitationsforschung, Freiburg, Germany
  • Erik Farin-Glattacker - Universitätsklinikum Freiburg, Sektion Versorgungsforschung und Rehabilitationsforschung, Freiburg, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf177

doi: 10.3205/19dkvf177, urn:nbn:de:0183-19dkvf1777

Published: October 2, 2019

© 2019 Reese et al.
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Text

Hintergrund: Eine hochwertige medizinische Versorgung von Pflegeheimbewohnern erfordert eine gute interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Pflegekräften und Ärzten. Diese kann durch zahlreiche Faktoren behindert werden, z.B. mangelnden Informationsaustausch oder fehlende Wertschätzung der eigenen Arbeit durch die andere Berufsgruppe [1].

Fragestellung: Anhand der Studie sollte beantwortet werden, wie Pflegefachkräfte und Ärzte ihre interprofessionelle Zusammenarbeit in Pflegeheimen beurteilen.

Methode: Die Befragung fand im Zeitraum 01/2018 bis 01/2019 statt. Es wurden Fragebögen an 36 konsekutiv rekrutierte Heime der Interventionsgruppe des Projekts „CoCare – Erweiterte koordinierte ärztliche Pflegeheimversorgung“ (Förderung: Innovationsfonds des GBA) geschickt. Hierbei handelte es sich um die T0-Befragung vor Implementierung der Intervention.

Die Fragebögen richteten sich an die Pflegefachkräfte der Heime sowie die Ärzte, die die Pflegeheimbewohner versorgen und am Projekt CoCare teilnehmen. Sie wurden befragt, wie sie die Zusammenarbeit zwischen den Berufsgruppen (Arzt und Pflege) beurteilen. Hierfür wurden sechs an die Zielgruppe angepasste Items aus dem Kurzfragebogen zur Erfassung der interprofessionellen Teamarbeit „Team-Skala (TS-6)“ [2] verwendet, die relevante Determinanten der Teamarbeit erheben (Kommunikation, Koordination, Kooperation, Respekt und Kultur). Außerdem wurden sechs Items der Skala „Zusammenarbeit der Berufsgruppen“ aus dem „Fragebogen zur Arbeitszufriedenheit der Gesundheits- und Krankenpfleger (FAP) / der Ärzte (FAÄ)“ [3] genutzt, die einerseits Aspekte der Kommunikation und Zusammenarbeit erfassen, jedoch besonderen Schwerpunkt auf die Aspekte Wertschätzung und Anerkennung legen.

Es nahmen N=361 Personen an der Befragung teil. Vier Fragebögen wurden aus den weiteren Analysen ausgeschlossen, weil mehr als vier der zwölf Werte fehlten. Für die beiden verwendeten Skalen wurden Summenscores berechnet, wobei Werte nur dann eingingen, wenn eine Person pro Skala nicht mehr als einen Missing-Wert aufwies. Gruppenvergleiche zwischen Ärzten (n=53) und Pflegekräften (n=304) wurden mittels t-Tests berechnet.

Ergebnisse: Die interprofessionelle Teamarbeit wurde anhand der TS-6 insgesamt positiv beurteilt, wobei die Pflegekräfte ungünstigere Einschätzungen als die Ärzte trafen (p=0,01). Auf einer 4-stufigen Likert-Skala von „1 – trifft überhaupt nicht zu“ (negative Ausprägung) bis „4 – trifft völlig zu“ (positive Ausprägung) erzielten die Ärzte einen Mittelwert (MW)=3,41 (SD=0,50) und die Pflegekräfte einen MW=3,21 (SD=0,52). Auch bezüglich der Skala „Zusammenarbeit der Berufsgruppen“ fielen die Antworten insgesamt gut aus. Hier konnte anhand einer 6-stufigen Likert-Skala von „1 – sehr gut“ bis „6 – sehr schlecht“ geantwortet werden. Die Ärzte äußerten sich mit einem MW=2,24 (SD=0,65) tendenziell wieder positiver als die Pflegekräfte (MW=2,39, SD=0,80). Auch wenn sich bezüglich des Summenscores keine signifikanten Gruppenunterschiede (p=0,20) ergaben, so wurden diese auf Ebene einiger Einzelitems sichtbar (p < 0,05). Sie zeigten sich vor allem in Bezug auf die empfundene Wertschätzung durch die andere Berufsgruppe, die von den Pflegenden negativer eingeschätzt wurde als durch die Ärzte.

Diskussion: Die Pflegekräfte äußerten sich bezüglich der interprofessionellen Zusammenarbeit insgesamt kritischer als die Ärzte. Auch in einer früheren Untersuchung, die sich mit Erwartungshaltungen, Kommunikation und Kooperation im Pflegeheim befasste [1], beurteilten die Pflegekräfte die Zusammenarbeit negativer und fühlten sich im Vergleich zu den Ärzten fachlich und menschlich weniger wertgeschätzt.

Praktische Implikationen: Im Projekt „CoCare“ zielen verschiedene Maßnahmen (z.B. regelmäßige Visiten und quartalsweise Besprechungen) darauf ab, die interprofessionelle Zusammenarbeit zu optimieren. Im Rahmen der Evaluation wird sich zeigen, welche positiven Effekte hier erreicht werden können und wie die Veränderungen durch die verschiedenen Berufsgruppen beurteilt werden.


Literatur

1.
Meyer-Kühling I, Frankenberg C, Schröder J. Erwartungshaltungen, Kommunikation und Kooperation von Pflegenden und Ärzten in der stationären Altenpflege. HeilberufeScience. 2015;6:70-75.
2.
Körner M, Wirtz MA. Development and psychometric properties of a scale for measuring internal participation from a patient and health care professional perspective. BMC Health Services Research. 2013;13:374.
3.
Fischbeck S, Laubach W. Arbeitssituation und Mitarbeiterzufriedenheit in einem Universitätsklinikum: Entwicklung von Messinstrumenten für ärztliches und pflegerisches Personal. Psychother Psych Med. 2005;55:305-314.