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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Planung und Umsetzung einer komplexen Intervention im Rahmen des Innovationsfonds: Das DEMAND-Projekt

Meeting Abstract

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  • Tobias Herrmann - aQua-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen, Gesundheitssystemanalyse und Gesundheitsökonomie, Göttingen, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf070

doi: 10.3205/19dkvf070, urn:nbn:de:0183-19dkvf0707

Published: October 2, 2019

© 2019 Herrmann.
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Hintergrund: Die steigende Inanspruchnahme von Notaufnahmen in Krankenhäusern hat große öffentliche und gesundheitspolitische Aufmerksamkeit erfahren. Dabei wurde v.a. die Überbeanspruchung der Notfallressourcen von Krankenhäusern durch Patienten mit nicht dringlichem Beratungs- und Behandlungsbedarf („primary care patients“) thematisiert. Aufgrund der Sektorentrennung und damit einhergehender unklarer Zuständigkeiten kommt es auch zu Unter- und Fehlversorgung von Patienten und damit zur ineffizienten Nutzung vorhandener Ressourcen. Daher gibt es seit einigen Jahren große Reformbestrebungen des Gesetzgebers und der Akteure der Selbstverwaltung im Bereich der Notfall- und Akutversorgung. Ein Leuchtturmprojekt ist das Innovationsfondsprojekt DEMAND (Implementierung einer standardisierten Ersteinschätzung als Basis eines Demand Managements in der ambulanten Notfallversorgung, Förderkennzeichen 01VSF17019). Im Projekt wird ein Verfahren zur strukturierten Ersteinschätzung des Behandlungsbedarfs von Patienten mit einem akuten Behandlungsbedürfnis bei 11 Kassenärztlichen Vereinigungen an 18 Modellstandorten vom Typ Gemeinsamer Tresen sowie an 8 Modellstandorten, Typ 116117-Leitstelle, erprobt.

Fragestellung: Das primäre Outcome im DEMAND-Projekt zielt darauf ab, inwiefern sich der Einsatz eines Instruments zur standardisierten Ersteinschätzung des Versorgungsbedarfs auf die Patientenströme auswirkt und ob mit einem solchen Instrument eine bedarfsgerechte Versorgungssteuerung unter dem Primat der Patientensicherheit erreicht werden kann (Analyse von KV- und GKV-Routinedaten sowie Patientenbefragung).

Von gleichrangiger Bedeutung ist die Frage, wie das Ersteinschätzungsverfahren (Intervention) in die vorhandenen Prozesse unter heterogenen Rahmenbedingungen an den Modellstandorten eingebettet werden kann. Im Zuge des Projekts sollen sowohl für die Implementierung als auch für die erfolgreiche Verstetigung des Verfahrens Best-Practice-Modelle entwickelt werden, die als Blaupause für eine Umsetzung der Intervention in der Regelversorgung dienen sollen. Die ersten Analysen fokussieren dabei u.a. die Reflexion der durchgeführten Maßnahmen im ersten Projektjahr, um eine erfolgreiche Implementierung des Verfahrens sicherzustellen.

Methode: Den Kern der Intervention bildet die Software SmED (Strukturierte medizinische Ersteinschätzung in Deutschland). Die Umsetzung des Verfahrens hängt von vielen Kontextfaktoren ab: z.B. Festlegung von geeigneten Rahmenbedingungen für den korrekten Einsatz der Software, Definition von lokalen Policys zur Umsetzung der Intervention, Schulungskonzept und -umsetzung sowie technischer und fachlicher Support für Anwenderinnen und Anwender. Die vorliegende Arbeit beschreibt den Prozess der theoretischen Auseinandersetzung mit einer Intervention (Recherche und Skizzierung der Intervention), die Entwicklungs- und Vorbereitungsphase (Rahmenbedingungen, Implementierungskonzepte, Erfolgsfaktoren) sowie die Implementierungsphase (Umsetzung und Problemlösung). Im Kontext von DEMAND wurden die Phasen von Herbst 2016 bis Frühjahr 2019 bearbeitet.

(Erwartete) Ergebnisse: Nach der Implementierungsphase wird ersichtlich werden, welche Faktoren für den Erfolg relevant waren und wie unterschiedliche Rahmenbedingungen und Handlungen der Akteure in den Modellregionen zum Gelingen und/oder Scheitern der Implementierung beigetragen haben. Ziel ist es, davon ableitend neue Erkenntnisse zu gewinnen, welche Probleme bei der Umsetzung komplexer Interventionen auftreten und wie diese gelöst werden können.

Diskussion: Das Ziel der Maßnahmen ist eine reibungslose Implementierung des Ersteinschätzungsverfahrens in verschiedenen Settings an verschiedenen Standorten unter verschiedenen Rahmenbedingungen. Im Laufe der Intervention wird analysiert, wie wirksam die Implementierungskonzepte unter spezifischen Rahmenbedingungen (Setting, Standort, konkrete Umsetzung vor Ort) sind. Dabei sollen auch Fallstricke identifiziert werden, die zukünftig – bei der geplan-ten Ausweitung des Ersteinschätzungsverfahrens in der Regelversorgung – vermieden werden können. Voraussichtliche Erfolgsfaktoren bei der Intervention sind z.B. die planmäßige Umsetzung der Intervention, die konsistente und dem lokalen Implementierungskonzept entsprechende Anwendung des Verfahrens sowie Anzahl und Art von Maßnahmen, die ergriffen werden müssen, um dies zu erreichen.

Praktische Implikationen: Die Erfahrungen aus der Implementierung der Intervention im DEMAND-Projekt können wichtige Hinweise für andere Studien liefern, in denen eine Public-Health-Intervention geplant, implementiert, begleitet und evaluiert wird. In dem Forschungsbereich gibt es bisher – auch und vor allem aufgrund methodischer Probleme – zu wenig wissenschaftliche Evidenz. Die Erkenntnisse aus dem DEMAND-Projekt können wichtige Hinweise für die implementierungswissenschaftliche Forschung geben und dabei helfen, komplexe Interventionen besser zu planen und umzusetzen.