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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Innovatives kontaktloses Bedside-Monitoring in der stationären pflegerischen Gesundheitsversorgung – empirische Untersuchungen aus pflege- und sozialwissenschaftlicher Perspektive am Beispiel des GUARDIAN-Projektes

Meeting Abstract

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  • Christian Heidl - Wilhelm Löhe Hochschule, Forschungsinstitut IDC, Fürth, Germany
  • Christine Fiedler - Wilhelm Löhe Hochschule, Professur für Pflegewissenschaften, Fürth, Germany
  • Julia Ott - Wilhelm Löhe Hochschule, Forschungsinstitut IDC, Fürth, Germany
  • Jürgen Zerth - Wilhelm Löhe Hochschule, Forschungsinstitut IDC, Fürth, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf019

doi: 10.3205/19dkvf019, urn:nbn:de:0183-19dkvf0190

Published: October 2, 2019

© 2019 Heidl et al.
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Hintergrund: Die prädiktive Güte eines Monitoring-Systems im Sinne von Bedside-Monitoring basiert auf der technischen Vortest-Wahrscheinlichkeit (Sensitivität und Spezifität), die mit der zugrundeliegenden Fallschwere kombiniert den prädiktiven Wert bestimmt. Im normalen Pflegearbeitsablauf ist im Status quo eine Vielzahl von Fehlalarmen zu verzeichnen (Lorenz et al., 2017). Nach Sendelbach und Funk (2013) sind davon über 70% Fehlalarme, die keine unmittelbare medizinisch/pflegerische Intervention erforderlich machen. Die Wahrnehmung dieser hohen „Fehlalarmrate“ kann eine bedeutsame Rolle für eine Desensibilisierung gegenüber Monitoringalarmen (Alarm-Fatigue) spielen. Technische Innovationen, die an der Effektivität von Bedside-Monitoring-Systemen ansetzen, bieten die Möglichkeit, die Prädiktionsgüte durch Abbau der Alarmfatique zu reduzieren, wenn es gelingt ein für die Nutzer besseres Interaktionsverhältnis zwischen Monitoring-System und eigenen pflegerischen Workflow herzustellen.

Forschungsfrage: Im Kontext des BMBF-geförderten Projektes GUARDIAN (Förderkennzeichen: 16SV7698) wird ein kontaktloses, radargestütztes Monitoring-System entwickelt. Diese kontaktlose Technologie soll als veränderte Mensch-Maschinen-Interaktion die prozessuale als auch organisationale Effektivität und Effizienz erhöhen. Als ein wesentlicher Implementierungsfaktor wird die Akzeptanz der handelnden Akteure als Teil einer Implementierungsstrategie interpretiert, die mit der pflegerischen Kompetenzzuschreibung in eine Passung gebracht werden muss. Im günstigsten Fall kann ein positiver Effekt auf die Kommunikations- und Versorgungsbeziehung zwischen Pflegenden und Gepflegten erzielt werden. Dieser Zusammenhang wird in Bezug auf Beförderungs- oder Behinderungsfaktoren und pflege- und sozialwissenschaftlicher Perspektive untersucht.

Methodik: Die Analyse gliedert sich in eine quantitative Erhebung anhand von Expertengesprächen mit leifadengestützten Interviews (N=18) und einer quantitativen Befragung anhand von standardisierten quantitativen Fragebogen (N=150). Als methodische Grundannahme orientiert sich die qualitative Erhebung an den Stufen der Pflegekompetenz nach Benner (2017, S. 63 ff.), die durch die Anwendung der neuen Technologie die Selbsteinschätzung der Pflegekräfte modifizieren kann. Demzufolge gewinnen Dimensionen der Einstellungs- und Nutzungsakzeptanz an Bedeutung. Als zu untersuchende Variablen in Analogie an Technologieakzeptanzmodelle (TAM) von Davis (1989) werden wahrgenommener Nutzen (Erwartungen auf den pflegerischen Outcome) sowie wahrgenommene Nützlichkeit (Erwartungen zur Selbstwirksamkeit sowie zum wahrgenommen Pflegeworkflow) herangezogen. Diese Interaktionseffekte sind vor dem Bild ethisch-moralischer Orientierungsmuster, die als Wertekanon Pflegende beeinflussen, zu adjustieren.

Erwartete Ergebnisse: Eine im Vorfeld erhobene systematische Literaturrecherche legt zugrunde, dass die Studienlage im nationalen und internationalen Forschungsrahmen hinsichtlich Bedside-Monitoring vorrangig aus der Perspektive der Pflegenden noch nicht hinreichend analysiert wurde. In der quantitativen Befragung werden vor allem Aspekte der Einstellungsakzeptanz vor Einführung und die Veränderung der Wahrnehmung dieser nach einer gewissen Testphase des Guardian-Systems bei Pflegenden, Ärzten sowie weiteren beteiligten medizinischen Fachpersonal erhoben. Dazu sollen beeinflussende Kovariaten, etwa unterschiedliche medizinische Settings, Patientenzusammensetzung aber auch Veränderungen im Skill-Mix und im Care-Mix u. ä. näher analysiert werden.

Diskussion und Ausblick: Die Bedeutsamkeit von strukturierten Informationssystematiken zur Steuerung von Versorgungsprozessen nimmt zu. Ein maßgeblicher Faktor für die Nutzungswahrscheinlichkeit und die Prognose einer Praxistauglichkeit wird die Passung zwischen erwartetem Nutzen sowie wahrgenommener Nützlichkeit, kontingentiert auf organisationale Randbedingungen sein. Ein raumbasiertes und kontaktloses Bedside-Monitoring-System kann Monitoring-Informationen variabler erfassen. Die Beziehung zwischen Patient und Versorgungsteam könnte dadurch eine positive Qualitätssteigerung erfahren, wenn es gelingt die Nützlichkeit und den Nutzen für alle Beteiligten als beeinfluss- und kontrollierbar zu gestalten.