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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Einsatz einer neuen Pflegetechnologie (Mobility Monitor) auf der Intensivstation – erste Ergebnisse der formativen Evaluation

Meeting Abstract

  • Isabelle Hempler - Institut für Medizinische Biometrie und Statistik, Sektion Versorgungsforschung und Rehabilitationsforschung, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, Germany
  • Jonas Schäfer - Institut für Medizinische Biometrie und Statistik, Medizinische Fakultät/Universitätsklinikum Freiburg, Sektion Versorgungsforschung und Rehabilitationsforschung, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, Germany
  • Johanna Feuchtinger - Universitätsklinikum Freiburg, Pflegedirektion, Pflegepraxiszentrum, Freiburg, Germany
  • Sven Ziegler - Universitätsklinikum Freiburg, Pflegedirektion, Pflegepraxiszentrum, Freiburg, Germany
  • Erik Farin-Glattacker - Institut für Medizinische Biometrie und Statistik, Medizinische Fakultät/Universitätsklinikum Freiburg, Sektion Versorgungsforschung und Rehabilitationsforschung, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf016

doi: 10.3205/19dkvf016, urn:nbn:de:0183-19dkvf0169

Published: October 2, 2019

© 2019 Hempler et al.
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Text

Hintergrund: Das Risiko ein Druckgeschwür (Dekubitus) zu entwickeln, ist bei erkrankten Menschen, die keine ausreichende eigenständige druckentlastende Positionierung vornehmen können, erhöht. Insbesondere kritisch-kranke Menschen auf Intensivstationen gehören zur dieser Risikogruppe. Um eine regelmäßige druckentlastende Positionierung anzuregen oder durchzuführen und somit das Risiko eines Druckgeschwürs zu verringern, wurden die Betten einer neurologischen und einer neurochirurgischen Intensivstation eines Universitätsklinikums mit einer integrierten Bettsensorik – dem Mobility Monitor (MoMo) – ausgerüstet. Dieser zeichnet u. a. Mikrobewegungen auf und gibt bei längeren immobilen Phasen einen visuellen Hinweis durch ein Ampelsystem am Bedienteil und auf einem Monitor. Das Gesamtvorhaben „Neue Pflegetechnologien und Qualifikationen im Akutkrankenhaus“ ist ein Projekt, welches im Rahmen der Fördermaßnahme „Zukunft der Pflege“ durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. Es besteht aus unterschiedlichen Teilvorhaben. Das hier beschriebene Vorhaben befasst sich mit der formativen Evaluation und hat zum Ziel, die Einschätzungen der Mitarbeitenden u. a. zum Umgang, zur Akzeptanz sowie Nutzen und Grenzen im Umgang mit dem Mobility Monitor zu erfassen.

Fragestellung: Wie schätzen Mitarbeitende unterschiedlicher Berufsgruppen den Einsatz des MoMo im Alltag der neurologischen und neurochirurgischen Intensivstation ein? Ein Fokus wird im Projektverlauf auf die allgemeine Technologieakzeptanz und die Akzeptanz sowie Nutzbarkeit des MoMo speziell im Stationsalltag gelegt.

Methode: Die Datenerhebung findet mit Hilfe einer Schulungsbefragung (T0), Online-Befragungen (T1, T2) sowie ergänzenden Einzelinterviews (T1, T2) zu drei Erhebungszeitpunkten, über einen Zeitraum von sechs Monaten statt. Beginnend mit T0 wurden bereits im November und Dezember 2018, mittels einer papierbasierten Befragung, die Mitarbeitenden der Intensivstationen im Anschluss an einer initialen Schulung zum Umgang mit dem MoMo befragt. Anschließend werden zu den Zeitpunkten T1 und T2 jeweils eine Online-Befragung, mit allen mitarbeitenden Berufsgruppen, sowie leitfadengestützte Einzelinterviews mit Mitarbeitenden der Pflege und der Versorgungsassistenz auf den Intensivstationen durchgeführt. Ziel dieser Längsschnitterhebung ist es, den Verlauf im Umgang, der Akzeptanz sowie der Nutzen und Grenzen bezüglich der Pflegetechnologie zu erfassen.

Ergebnisse: Die Ergebnisse der ersten Erhebung (T0) werden im Folgenden beschrieben und sollen einen Einblick auf die Einstellung der Mitarbeitenden hinsichtlich des MoMo verschaffen. Die Verständlichkeit der Schulung wurde von den Teilnehmenden (n=50) insgesamt positiv bewertet (Schulnote 1,6), während der erste Eindruck des MoMo kritischer ausfiel (Schulnote 2,5). An dieser Stelle ist jedoch zu erwähnen, dass die Teilnehmenden den MoMo weder zuvor kannten, noch mit dem Gerät gearbeitet hatten. Die Erwartungen an die neue Technologie wurden auf einer Skala von 1 („Stimme gar nicht zu“) bis 6 („Stimme voll zu“) sowie („Weiß nicht“) abgefragt. In Bezug auf die Frage ob der MoMo nützlich erscheint, lag der Mittelwert bei 4,3 (Mean) mit einer Standardabweichung (SD) von 1,1. Ob der MoMo die tägliche Arbeit erleichtern wird, wurde hingegen mit 2,9 (Mean) und 1,1 (SD) ermittelt. Zusätzlich wurden mit Hilfe der Freitextangaben die Erwartungen geäußert „Hochrisiko-Patienten zu erkennen“ oder auch ein „genaues patientenindividuelles Lagern“ zu ermöglichen (Einfluss des MoMo auf die eigene Arbeit).

Diskussion: Es zeigt sich bei der Befragung T0, dass die Teilnehmenden dem MoMo eher skeptisch gegenübertreten, was die Erleichterung ihrer Arbeit angeht, da es zunächst einen Mehraufwand beinhaltet, sich in neue Arbeitsabläufe einzuarbeiten. Hingegen fühlten sich die Teilnehmenden gut über das Projekt informiert und der Einsatz dieser neuen Pflegetechnologie erscheint den Befragten prinzipiell nützlich. Weitere Untersuchungen (T1) sollen nun zeigen, wie die erste Phase der Umsetzung verlief und ob sich z. B. Erwartungen erfüllt haben oder ob der Einsatz dieser Technologie sich positiv auf den Umgang mit kritisch-kranken Menschen ausgewirkt hat.

Praktische Implikationen: Wichtig wird sein, die Bedenken der Teilnehmenden bezüglich der resultierenden Mehrbelastung ernst zu nehmen. Mangelnde prinzipielle Technologieakzeptanz wird voraussichtlich keine Barriere darstellen.