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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Effekte betrieblicher Hautscreenings in Deutschland

Meeting Abstract

  • Magdalene Krensel - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Hamburg
  • Stephan Rustenbach - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Hamburg
  • Ines Schäfer - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Hamburg
  • Nicole Zander - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Hamburg
  • Matthias Augustin - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Hamburg

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf377

doi: 10.3205/18dkvf377, urn:nbn:de:0183-18dkvf3777

Published: October 12, 2018

© 2018 Krensel et al.
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Text

Hintergrund: Hautkrebs gehört zu den häufigsten Krebserkrankungen in Deutschland. In 2008 wurde das Hautkrebsscreening (gHKS) in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) aufgenommen. Seitdem sind alle GKV-Versicherten ab einem Alter von 35 Jahren im Abstand von 2 Jahren anspruchsberechtigt. Die Teilnahmerate für dieses Intervall liegt bei ca. 30%. Als Gründe für die geringe Teilnahmerate werden Defizite hinsichtlich des Wissens über das Präventionsangebot und der Gesundheitskompetenz diskutiert. Als gezielte Maßnahme der Primär- und Sekundärprävention wird neben dem gHKS in vielen Betrieben auch eine betriebliche Hautuntersuchung angeboten. Im Vergleich zum gHKS stellt die Informiertheit der anspruchsberechtigten Personen bei diesem Programm keine Barriere dar.

Fragestellung: Ziel der Studie ist die Evaluation der Effekte betrieblicher Hautuntersuchungen und die Ermittlung des Einflusses auf die Teilnahme am gHKS.

Methoden: Grundlage der Analyse bilden anamnestische Daten der Beschäftigten, die am Hautscreening in Betrieben teilnahmen und Parameter, die im Rahmen einer standardisierten Befragung der Arbeitnehmer erhoben wurden. Der Survey wurde von Juni 2015 bis Dezember 2016 im Längsschnitt-Design durchgeführt. Die Befragung der Teilnehmer erfolgte am Tag der Untersuchung in einem persönlichen Gespräch sowie 3 und 12 Monate nach der Untersuchung postalisch. Im Fall einer ausbleibenden Antwort wurden Reminder versendet. Die Auswertung erfolgte deskriptiv. Der Zusammenhang zwischen potentiellen Einflussvariablen und der Teilnahme am gHKS wurde unter Anwendung einer logistischen Regression getestet.

Ergebnisse: Zu allen drei Erhebungszeitpunkten lagen Daten von 1.002 Teilnehmern der betrieblichen Untersuchungen vor. 55,3% der Teilnehmer waren männlich und 59,2% gaben an, die Fachhochschulreife oder einen höheren Schulabschluss zu haben. Zum Zeitpunkt der Untersuchung lag das Alter bei durchschnittlich 43,3 Jahren. Während der betrieblichen Untersuchung wurde bei 10 Teilnehmern der Verdacht auf ein Basalzellkarzinom und bei 4 Teilnehmern auf ein malignes Melanom diagnostiziert. Im Vergleich zu anderen Präventionsprogrammen der GKV war der Bekanntheitsgrad des gHKS mit 78,2% gering. Als Hauptgründe für eine nicht-Teilnahme wurden sich gesund fühlen (74,2%) und die Unbekanntheit des gHKS (30,3%) am häufigsten genannt. In den 12 Monaten nach der Untersuchung stieg die Rate für mindestens einmalige Teilnahme am gHKS von 73,3% auf 87,6% deutlich an.

In einer univariaten Analyse war die Teilnahme am gHKS assoziiert mit dem Geschlecht, der Konsultation eines Dermatologen innerhalb der vergangenen 12 Monate, dem UV-Schutz und der Teilnahme an anderen Präventionsprogrammen der GKV. Bei gleichzeitiger Berücksichtigung aller Variablen in einer logistischen Regression ergaben sich folgende Prädiktoren für eine Teilnahme am gHKS: mindestens einmalige Teilnahme an einer zahnärztlichen Untersuchung (OR 9,20), am Darmkrebsscreening (OR 1,87), an einer Früherkennungsuntersuchung auf Brust- oder Prostatakrebs (OR 2,03), Konsultation eines Dermatologen innerhalb der vergangenen 12 Monate (OR 2,93). Zusätzlich sank die Teilnahmerate bei regelmäßigem Auftreten jährlicher Sonnenbrände (1 vs. 0: OR 0,61; ≥2 vs. 0: OR 0,53).

Diskussion: Das betriebliche Hautscreening trägt zur Früherkennung von Hautkrebs bei. Es werden Informationen hinsichtlich primär- und sekundär-präventiver Maßnahmen und der Intention von Screening-Programmen verbreitet und somit die Awareness für Hautkrebs erhöht. Durch das betriebliche Setting wird im Vergleich zum gHKS eine andere Subgruppe der Bevölkerung erreicht, da die Barrieren des Informationsdefizits im Hinblick auf das Angebot der Präventionsmaßnahme geringer sind und die Teilnehmer nicht aktiv und langfristig einen Arzttermin außerhalb ihrer Arbeitszeit organisieren müssen. Auf der anderen Seite bildet die Erwerbstätigkeit eine Selektion der Teilnehmer, die beim gHKS nicht besteht.

Praktische Implikation: Neben dem gHKS existieren weitere Maßnahmen der Hautkrebsprävention, die potentiell andere Zielgruppen erreichen. Mangelndes Wissen um das Angebot des gHKS sowie die Fehleinschätzung, dass sich Screeningprogramme nicht an gesunde Personen richteten, stellen Barrieren für eine informierte Entscheidung dar. Um allen anspruchsberechtigten Personen eine informierte Entscheidung für oder gegen die Teilnahme am gHKS zu ermöglichen, bedarf es eines Abbaus dieser Zugangsbarrieren. Einen Ansatz hierfür bieten Hautuntersuchungen am Arbeitsplatz.