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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Soziale Arbeit in der medizinischen Rehabilitation – eine Literaturübersicht über den aktuellen Stand der Forschung

Meeting Abstract

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  • Tobias Knoop - Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Stiftungslehrstuhl Rehabilitationswissenschaft/rehabilitative Versorgungsforschung, Bielefeld
  • Stephan Dettmers - Fachhochschule Kiel, Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit, Kiel
  • Thorsten Meyer - Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Stiftungsprofessur Rehabilitationswissenschaften/Rehabilitative Versorgungsforschung, Bielefeld

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf370

doi: 10.3205/18dkvf370, urn:nbn:de:0183-18dkvf3701

Published: October 12, 2018

© 2018 Knoop et al.
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Hintergrund: Soziale Arbeit ist fester Bestandteil der Praxis medizinischer Rehabilitation. Ihr Ziel ist die Verbesserung der sozialen Teilhabe [1]. Aufgrund der Forderung nach einer qualitativen Weiterentwicklung der Praxis im Gesundheitswesen und der Diskussion um Evidenzbasierung steht die Soziale Arbeit unter Druck, die Wirksamkeit ihres Handelns empirisch nachzuweisen. Analysen im Rahmen der Qualitätssicherungsaktivitäten der Deutschen Rentenversicherung zeigten diese Notwendigkeit auch für die medizinische Rehabilitation [2]. Für diesen Bereich liegen Hinweise sowohl auf negative wie positive Effekte sozialarbeiterischer Leistungen [3], [4] vor. Um einen Überblick über die Evidenzbasierung der Sozialen Arbeit in der medizinischen Rehabilitation zu bekommen, sollte zunächst die vorhandene Literatur recherchiert und aufbereitet werden.

Fragestellung: Ziel der Studie ist es, mit Hilfe einer Literaturrecherche den aktuellen rehabilitationswissenschaftlichen Forschungsstand zur Ausgestaltung und Wirksamkeit sozialarbeiterischer Interventionen in der stationären medizinischen Rehabilitation aufzuzeigen und daraus weiteren Forschungs- bzw. Handlungsbedarf abzuleiten.

Methode: Grundlage sind eine Literaturrecherche in drei Datenbanken (Pubmed, Web of Sciences, Scopus) und eine händische Durchsicht rehabilitationswissenschaftlicher Zeitschriften und Tagungsbände. Einschlusskriterien waren deutsche und englische Sprache, Bezug zur stationären medizinischen Rehabilitation und Hinweise zur Sozialen Arbeit unabhängig von Leistungen anderer Berufsgruppen.

Ergebnisse: Die ursprüngliche Literaturrecherche berücksichtigte 52 Volltexte aus den Jahren 2000 bis 2016. 26 Analysen des Versorgungsgeschehens Sozialer Arbeit in der medizinischen Rehabilitation zeigten ausgeprägte Einrichtungs- und Indikationsunterschiede auf. Im Bereich Rehabilitation bei Alkoholabhängigkeit wurden hohe, bei der orthopädischen Rehabilitation niedrige Anteile von Personen mit mindestens einmaliger Dokumentation sozialarbeiterischer Leistungen beobachtet. Die Variation fiel zwischen den Einrichtungen noch ausgeprägter aus. Die ursprüngliche Literaturrecherche bezog 16 Studien zum Erfolg sozialarbeiterischer Leistungen ein. Da in der Zwischenzeit Ergebnisse aus zum Teil mit randomisiert-kontrollierten Studien [4], [5] veröffentlicht worden sind, soll zusätzlich zu den ursprünglichen Ergebnissen die in den jüngeren Studien festgestellte Wirksamkeit sozialarbeiterischer Leistungen, die sich auf die Nachsorge und berufliche Teilhabe beziehen, berichtet werden. So verringerte eine sozialarbeiterische Nachsorge über 12 Monate per Telefon wirksam das sozialmedizinische Risiko orthopädischer RehabilitandInnen [4].

Diskussion: Aufgrund der Heterogenität der Verbreitung sozialarbeiterischer Leistungen im Versorgungsalltag, der immer noch widersprüchlichen Ergebnisse zur Wirksamkeit und dem fehlenden Wissen über die tatsächliche Ausgestaltung der Leistungen in den unterschiedlichen Einrichtungen hat die Soziale Arbeit hinsichtlich der wissenschaftlichen Überprüfung ihrer Kompetenzen und Entwicklung von Standards in der medizinischen Rehabilitation einen Nachholbedarf. Die Ergebnisse zur sozialarbeiterischen Nachsorge können dafür als Anknüpfungspunkt für weitere Auseinandersetzung genutzt werden.

Eine Limitation der Beschreibung der Verbreitung ist die beeinträchtigte Aussagekraft prozessproduzierter Daten, sodass lediglich die dokumentierte Verbreitung Sozialer Arbeit beschrieben wird. Über die Kontextabhängigkeit der Ausgestaltung Sozialer Arbeit liegen keine Erkenntnisse vor.

Praktische Implikationen: Die Profession Soziale Arbeit ist trotz professionsinterner Anstrengungen [6] weiterhin gefordert, qualitative Standards für die Soziale Arbeit in der medizinischen Rehabilitation zu entwickeln und zu implementieren.


Literatur

1.
Mühlum A, Gödecker-Geenen N. Soziale Arbeit in der Rehabilitation. München; 2003.
2.
Deutsche Rentenversicherung Bund. Reha-Therapiestandards. Berlin; 2016.
3.
Stamer M, et al. MeeR: Merkmale einer guten und erfolgreichen Reha-Einrichtung - Abschlussbericht. Hannover; 2014.
4.
Vogel M, et al. Telefonische sozialdienstliche Nachsorge zur Verbesserung der beruflichen Reintegration nach stationärer medizinischer Rehabilitation. Die Rehabilitation. 2017;56(6).
5.
Spyra K, et al. Zielorientierte individuelle Nachsorge (ZINA). Ein bedarfsorientiertes differenzielles Nachsorgekonzept für die psychosomatische Rehabilitation. In: Deutsche Rentenversicherung Bund, Hrg . 27. Rehabilitationswissenschaftliches Kolloquium. Deutscher Kongress für Rehabilitationsforschung. Rehabilitation bewegt! vom 26. bis 28. Februar 2018 in München. (Deutsche Rentenversicherung DRV-Schriften Band 113).
6.
Deutsche Vereinigung für Sozialarbeit im Gesundheitswesen e.V. Produkt- und Leistungsbeschreibung der Klinischen Sozialarbeit. Berlin; 2015.