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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Das Deutsche Qualitätsbündnis Sepsis – ein freiwilliges Krankenhaus-Netzwerk zur nachhaltigen Verbesserung der Diagnose- und Behandlungsqualität

Meeting Abstract

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  • Hendrik Rüddel - Universitätsklinikum Jena, Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Integrierter Forschungs- und Behandlungsbereich Sepsis und Sepsisfolgen – Center for Sepsis Control and Care (CSCC), Jena
  • Daniel Schwarzkopf - Universitätsklinikum Jena, Integrierter Forschungs- und Behandlungsbereich Sepsis und Sepsisfolgen – Center for Sepsis Control and Care (CSCC), Jena

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf344

doi: 10.3205/18dkvf344, urn:nbn:de:0183-18dkvf3445

Published: October 12, 2018

© 2018 Rüddel et al.
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Hintergrund:

a) Sepsis

Sepsis ist die schwerste Verlaufsform von Infektionen, bei der es im Rahmen der Immunantwort zur überschießenden, ungerichtetem Abwehrreaktion und zur Schädigung des Patienten durch die Erreger und Toxine, vor allem aber durch das eigene Immunsystem kommt. Sepsis ist häufigste Ursache für Versterben bei Infektionskrankheiten und für vermeidbare Todesfälle im Krankenhaus [1], [2], [3]. Die Inzidenz liegt bei 138.100.000 , die Mortalität bei 44% [4]. Zahlen aus USA und Schweden zeigen ein Inzidenz von 700/100.000 [5], [6]. Die Kosten betragen in den USA ca. 27 Mrd. USD pro Jahr [7], Zahlen für Deutschen fehlen. Im Mai 2017 hat die WHO eine Resolution zur weltweiten Bekämpfung der Sepsis verabschiedet [8].

b) Das Deutsche Qualitätsbündnis Sepsis:

Das DQS zielt auf die Senkung der sepsisbedingten Letalität in 75 beteiligten Akutkrankenhäusern aller Versorgungsstufen ab. Als Studie ist es BMBF-gefördert. Ziel ist die optimale Behandlung jedes einzelnen Patienten auf Grund seines individuellen Zustandes und Risikos.

Fragestellung: Lassen sich mit Analyse von Routinedaten zielgerichtete Maßnahmen der Verbesserung der Diagnose- und Behandlungsqualität entwickeln, die zu nachhaltigen Verbesserung des Überlebens von Patienten mit Sepsis führen?

Methode: Für die Erreichung dieses Ziels kommt im DQS ein innovatives Bündel von Methoden und Prinzipien zum Einsatz:

  • Quartalsweise Berichte über Qualitätsindikatoren der Sepsisbehandlung für jedes beteiligte Haus:
    - Auf Basis der Abrechnungsdaten nach §21 KHEntgG
    - Unter Einsatz einer komplexen statistischen Adjustierung von patientenbezogenen Risikofaktoren als Basis valider Qualitätsvergleiche [9]
  • Committment der beteiligten Krankenhausvorstände durch finanzielle Beteiligung an den Projektkosten
  • Transparenz nach außen durch Veröffentlichung der Hauptqualitätsindikatoren durch die beteiligten Häuser im Vergleich zum Bundesdeutschen Durchschnitt nach zwei Jahren Projektbeteiligung
  • Regionale und bundesweite Vernetzung und Austausch zwischen den beteiligten Häusern
  • Aufbau eines Peer-Review Verfahrens unter Mitwirkung der beteiligten Krankenhäuser
  • Unterstützung der krankenhausweiten Mitarbeiterschulung zur Früherkennung und leitliniengerechten Behandlung der Sepsis

Ergebnisse:

  • Ergebnisse zur eigentlichen Fragestellung können erst 2019 vorgelegt werden.
  • das Modell der Risikoadjustierung weist ausgezeichnete Testgütekriterien auf [9]
  • Es erlaubt somit valide Vergleiche zwischen Krankenhäusern und Abteilungen
  • Es ermöglicht Ermittlung des Risikos für Einzelfälle, was wiederum die Fallanalysen deutlich aussagekräftiger macht als bei vergleichbaren Verfahren.
  • Einige der Angebote fanden wenig Anwendung fanden und werden überarbeitet. Dies waren insbesondere Online-Seminar-Schulungen.
  • Der größte Teil der Maßnahmen wurde jedoch aktiv und mit Erfolg angenommen, angewendet und umgesetzt, insbesondere Peer Review, Einzelfallanalysen und Austausch auf Netzwerk- und Regionalebene
  • Zahl der teilnehmenden Krankenhäuser doppelt so hoch wie geplant

Diskussion: Ein freiwilliges Netzwerk zur Verbesserung der Diagnose- und Behandlungsqualität bei Sepsis trifft auf große Akzeptanz und scheint in der Lage zu sein, Veränderungen in Prozessen und Kommunikation herbeizuführen. Nächste Schritte sind die Veröffentlichung der Ergebnisse durch die Häuser ab Sommer 2018, der Aufbau von Strukturen, die die institutionelle und finanzielle Nachhaltigkeit sichern und ein Qualitätszertifikat.

Praktische Implikationen: Auf Grund der Schwere der Erkrankung, der erheblichen Auswirkungen auf den einzelnen Patienten, die Arbeit in den Krankenhäusern und das Gesundheitswesen als Ganzes muss die Diagnose- und Behandlungsqualität der Sepsis im Katalog der planungsrelevanten Qualitätsindikatoren berücksichtigt werden. Es muss in Zukunft gewährleistet werden, dass alle Krankenhäuser in Deutschland ein ausreichendes Qualitätslevel garantieren.


Literatur

1.
Goodwin APL, Srivastava V, Shotton H, et al. Just say sepsis! A review of the process of care received by patients with sepsis; 2015. Available from: http://www.ncepod.org.uk/2015report2/downloads/JustSaySepsis_FullReport.pdf External link
2.
Clinical Excellence Commission. Recognition and management of sepsis (clinical focus report). Sydney: CEC; 2012. Available from: http://www.cec.health.nsw.gov.au/__data/assets/pdf_file/0004/259375/patient-safety-report-sepsis-2012.pdf External link
3.
Singer M, Deutschman CS, Seymour CW, Shankar-Hari M, Annane D, Bauer M, Bellomo R, Bernard GR, Chiche JD, Coopersmith CM, Hotchkiss RS, Levy MM, Marshall JC, Martin GS, Opal SM, Rubenfeld GD, van der Poll T, Vincent JL, Angus DC. The Third International Consensus Definitions for Sepsis and Septic Shock (Sepsis-3). JAMA. 2016 Feb;315(8):801-10. DOI: 10.1001/jama.2016.0287 External link
4.
Fleischmann C, Thomas-Rueddel DO, Hartmann M, Hartog CS, Welte T, Heublein S, Dennler U, Reinhart K. Hospital Incidence and Mortality Rates of Sepsis. Dtsch Arztebl Int. 2016 Mar;113(10):159-66. DOI: 10.3238/arztebl.2016.0159 External link
5.
Rhee C, Dantes R, Epstein L, Murphy DJ, Seymour CW, Iwashyna TJ, Kadri SS, Angus DC, Danner RL, Fiore AE, Jernigan JA, Martin GS, Septimus E, Warren DK, Karcz A, Chan C, Menchaca JT, Wang R, Gruber S, Klompas M; CDC Prevention Epicenter Program. Incidence and Trends of Sepsis in US Hospitals Using Clinical vs Claims Data, 2009-2014. JAMA. 2017 Oct;318(13):1241-1249. DOI: 10.1001/jama.2017.13836 External link
6.
Mellhammar L, Wullt S, Lindberg Å, Lanbeck P, Christensson B, Linder A. Sepsis Incidence: A Population-Based Study. Open Forum Infect Dis. 2016 Oct;3(4):ofw207. DOI: 10.1093/ofid/ofw207 External link
7.
Torio CM, Moore BJ. National Inpatient Hospital Costs: The Most Expensive Conditions by Payer, 2013: Statistical Brief #204. In: Agency for Healthcare Research and Quality (US), editor. Healthcare Cost and Utilization Project (HCUP) Statistical Briefs [Internet]; 2016 May. Available from: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK368492/ External link
8.
Seventieth World Health Assembly. Improving the prevention, diagnosis and clinical management of sepsis. Geneva: World Health Organization; 2017. Available from: http://apps.who.int/gb/ebwha/pdf_files/WHA70/A70_R7-en.pdf?ua=1 External link
9.
Schwarzkopf D, Fleischmann-Struzek C, Rüddel H, Reinhart K, Thomas-Rüddel DO. A risk-model for hospital mortality among patients with severe sepsis or septic shock based on German national administrative claims data. PLoS ONE. 2018;13(3):e0194371. DOI: 10.1371/journal.pone.0194371 External link