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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Studienprotokoll zur Evaluation eines Decision Coaching Programms zur strukturierten Entscheidungsunterstützung bei präferenzsensiblen Entscheidungen im Rahmen der risikoadaptierten Prävention bei BRCA1/2 Mutationsträgerinnen (EDCP-BRCA)

Meeting Abstract

  • Anna Isselhard - Uniklinik Köln, Institut für Gesundheitsökonomie und klinische Epidemiologie, Köln
  • Stephanie Stock - Uniklinik Köln, Institut für Gesundheitsökonomie und klinische Epidemiologie, Köln
  • Rita Schmutzler - Uniklinik Köln, Zentrum Familiärer Brust- und Eierstockkrebs, Köln
  • Kerstin Rhiem - Uniklinik Köln, Zentrum Familiärer Brust- und Eierstockkrebs, Köln
  • Anke Steckelberg - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Halle
  • Frank Vitinius - Uniklinik Köln, Klinik und Poliklinik für Psychosomatik und Psychotherapie, Köln
  • Juliane Köberlein-Neu - Bergische Universität Wuppertal, Bergisches Kompetenzzentrum für Gesundheitsökonomik und Versorgungsforschung, Wuppertal

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf287

doi: 10.3205/18dkvf287, urn:nbn:de:0183-18dkvf2877

Published: October 12, 2018

© 2018 Isselhard et al.
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Text

Hintergrund: In zirka 30% der jährlich an Brustkrebs oder Eierstockkrebs erkrankten Frauen liegt eine familiäre Häufung für Brust- und Eierstockkrebs vor. Bei ca. 25 % dieser familiär gehäuften Fälle besteht eine pathogene BRCA1- oder BRCA2-Mutation. Für die betroffenen Frauen besteht ein deutlich erhöhtes kumulatives Risiko, an Brustkrebs und/oder Eierstockkrebs zu erkranken. Die betroffenen Frauen haben im Rahmen der risikoadpatierten Prävention verschiedene Handlungsalternativen (intensivierte Früherkennung, prophylaktische Entfernung des Brustdrüsengewebes, prophylaktische Entfernung beider Eierstöcke/Eileiter). Da in Bezug auf das Brustkrebsrisiko keine der Handlungsalternativen einen klaren Vorteil bezüglich klinischer Endpunkte birgt und alle Handlungsalternativen Nutzen und Risiken haben, die von den ratsuchenden Frauen in Abhängigkeit von ihren Wertvorstellungen und individuellen Lebensumständen unterschiedlich beurteilt werden, stehen sie vor einer sogenannten präferenzsensiblen Entscheidung. Ein Großteil der Ratsuchenden bevorzugt in diesem Prozess eine aktive Rolle. Wird dieser Wunsch nicht berücksichtigt, kommt es oftmals zu Entscheidungskonflikten, die in Verzögerung von Therapieentscheidungen, Unzufriedenheit, Bedauern der getroffenen Entscheidung oder Schuldzuweisungen an die Therapeuten münden können. Übergeordnetes Ziel dieses Projekts ist die Adaption, Implementierung und Evaluation eines strukturierten, modularen und bedarfsadaptierten Entscheidungscoachings zur Verbesserung von Entscheidungskompetenz und Entscheidungsqualität im Sinne einer aktiven, informierten Rolle von Frauen mit BRCA1/2 Mutation unter Einbeziehung spezialisierter Pflegekräfte in die klinische Routineversorgung.

Fragestellung: Fördert die Implementierung eines strukturierten Entscheidungscoachings durch nicht-ärztliches Pflegepersonal eine aktive Rolle von Ratsuchenden in der Entscheidungsfindung bei präferenzsensiblen Präventionsalternativen und wird dadurch die Qualität der Entscheidung verbessert?

Methode: Das Projekt wird deutschlandweit in 6 Zentren für familiären Brust- und Eierstockkrebs umgesetzt. Um die Vergleichbarkeit der Zentren zu gewährleisten, wird im ersten Schritt ein teilweise bereits etabliertes Kommunikationstraining für Ärztinnen und Ärzte an allen Zentren implementiert. Parallel dazu wird das Curriculum für das Entscheidungscoaching für Ratsuchende mit BRCA 1/2 Mutation mithilfe bestehender Curricula entwickelt und getestet. Die Rekrutierung von Ratsuchenden findet durch die behandelnden Ärztinnen und Ärzte im Rahmen des Gesprächs zur Genbefundmitteilung und Risikoberatung statt. Teilnehmerinnen von Kontroll- (KG) und Interventionsgruppe (IG) erhalten 1 Woche nach dem ärztlichen Gespräch Einwilligungserklärung und Fragebögen zur Basiserhebung zugeschickt. Teilnehmerinnen der IG erhalten mit der gleichen Post die Entscheidungshilfe sowie eine Einladung zum Entscheidungscoaching. Spätestens 12 Wochen nach dem ärztlichen Gespräch sollen die Coachings stattgefunden haben. Zu diesem Zeitpunkt (T2) werden Teilnehmerinnen beider Gruppen erneut postalisch befragt.

Ergebnisse: Nach Abschluss des Projekts Mitte 2021 kann die Wirksamkeit des Entscheidungscoachings in Bezug auf die aktivere Rolle der Ratsuchenden im Entscheidungsprozess, die Zufriedenheit mit dem Entscheidungsprozess, als auch die Kongruenz zwischen der gewünschten und der tatsächlich gespielten Rolle final bewertet werden.

Diskussion: Das im Rahmen von EDCP-BRCA adaptierte Entscheidungscoaching ergänzt die bestehende Beratungsinfrastruktur, indem Pflegekräfte in die Beratung im Rahmen der Routineversorgung einbezogen werden. Das Projekt baut auf bereits entwickelten und erfolgreich evaluierten Einzelkomponenten auf und kann problemlos in die relativ homogene, bereits bestehende Beratungsinfrastruktur und Beratungsabläufe aller Zentren integriert werden. Ein Roll-out des evaluierten Entscheidungscoachings auf alle Zentren des Deutschen Konsortiums ist ohne große Hürden möglich, da bereits vorhandenes Personal geschult wird. Der generische Teil des Coachings kann problemlos auf andere Indikationen übertragen werden. Eine Förderung durch die Krankenkassen ist im Rahmen der in den Zentren bereits bestehenden Selektivverträge möglich.