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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Untersuchung von Wirkstoffeinflüssen von Medikamenten auf den einzelnen Patienten zur Klassifizierung der Wirksamkeit bei unterschiedlichen Patientengruppen

Meeting Abstract

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  • Andreas Simon - VILUA – Arvato CRM Healthcare GmbH, Medical Data Science, München
  • Jana Hapfelmeier - VILUA – Arvato CRM Healthcare GmbH, Medical Data Science, München

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf266

doi: 10.3205/18dkvf266, urn:nbn:de:0183-18dkvf2661

Published: October 12, 2018

© 2018 Simon et al.
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Text

Hintergrund: Die personalisierte Medizin zielt darauf ab, durch eine patientenindividuelle Behandlung die medizinische Versorgung grundsätzlich zu verbessern. Ein Schritt in Richtung personalisierte Medizin ist die subgruppenspezifische Therapiewahl. Diese basiert auf den Eigenschaften jeder Patientengruppe und gibt eine adäquate Therapieempfehlung aus. Somit kann auf die individuellen Bedürfnisse Rücksicht genommen und der Therapieerfolg optimiert werden.

Fragestellung: Das Ziel dieser Arbeit war es, Patientengruppen des gleichen Krankheitsbildes zu identifizieren, die, verglichen mit den anderen Patienten, vermeintlich schlechter auf ein Medikament reagierten beziehungsweise deren Lebensqualität durch die Therapie verschlechtert wurde.

Methode:

Studiendesign: Zur Suche solcher Patienten(-sub)gruppen wurde eine Methode entwickelt, die Parientencharakteristika identifiziert, welche direkt mit schwachen Therapieergebnissen korrelieren. Dafür wurde eine Metrik implementiert, welche, basierend auf unterschiedlichen Qualitätsindikatoren, die Lebensqualität des Patienten während der Therapie abbildet. Zur Gesamtmenge aller verwendeten Qualitätsindikatoren gehören unter anderem die Anzahl an Krankenhausaufenthalten, die Anzahl an Notfalleinweisungen, Nebenwirkungen und die Anzahl an ambulanten Arztkonsultationen. Hierbei handelte es sich um eine retrospektive Beobachtungsstudie mit simultaner Entwicklung und Anwendung eines Subgruppenalgorithmus mit Methoden aus dem Bereich des Data Minings. Die Bewertung des Therapieerfolgs basierte ausschließlich auf der Auswertung der Daten und keiner direkten Befragung einzelner Patienten.

Datenerhebung: Zur Extraktion der Parientencharakteristika, Ermittlung der eingesetzten Therapie und Identifikation der Population wurde eine Datenbank bestehend aus 3 Mio. Versicherten unterschiedlicher deutscher gesetzlicher Krankenversicherer (GKV) herangezogen. Diese Datenbank enthält Abrechnungsdaten der GKVen über die Jahre 2007 bis 2015 und beinhaltet Informationen zu ambulanten und stationären Diagnosen, Medikationen und abrechnungsrelevante Behandlungen sowie Prozeduren.

Datenauswertung: Zuerst wurden alle Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA - ICD-10 GM: M05, M06.0) und deren medikamentösen Therapien aus der Datenbank extrahiert. Auf diese RA-Therapien wurde die entwickelte Quality of Life (QoL)-Metrik angewandt, die jede Therapie klassifiziert (wirkt gut, wirkt nicht gut) und einen therapieindividuellen QoL-Score berechnet. Dabei gilt: Je höher der Score, desto schlechter der Therapieerfolg bzw. die Lebensqualität des Patienten während der Therapie. Mithilfe dieses Scores wurde ein Subgruppenidentifikationsalgorithmus ausgeführt, welcher Patientengruppen mit schlechter Therapiewirksamkeit identifiziert.

Ergebnisse: Die Studie umfasste n=36.756 RA-Patienten. Das Ergebnis zeigte, dass im Vergleich zur ganzen Studienpopulation bei weiblichen Patienten mit den Biologika Etanercept (μQoL=1.05, p=0.03), Infliximab (IFX) (μQoL=0.93, p=0.003) und Adalimumab (μQoL=0.97, p=0.002) ein signifikant schlechterer Quality of Life-Score errechnet wurde. Außerdem zeigte sich, dass RA-Patienten, die gleichzeitig Methotrexat (MTX) und Infliximab (IFX) einnehmen, einen signifikant höheren QoL-Score haben, als Patienten, die IFX ohne MTX einnehmen (μQoL=1.12, p=0.009). Diese Erkenntnis stützt die Empfehlung der Hersteller von Infliximab aus der Packungsbeilage, dass IFX gemeinsam mit MTX eingenommen werden sollte. Zum aktuellen Stand der Forschung wurde diese Empfehlung allerdings noch nicht klinisch bestätigt. Darüberhinaus fanden wir heraus, dass bei RA-Patienten, die älter als 50 Jahre alt waren, signifikant schlechtere QoL-Scores berechnet wurden, wenn sie mit Etanercept (μQoL=1.05, p=0.008) oder Adalimumab (μQoL=1.02, p=0.0009) behandelt wurden. Dieses Ergebnis ist nur eines von vielen, das aus der Literatur oder vorhandenen Studien bislang nicht hervorgeht.

Diskussion: Für alle zugelassenen RA-Medikamente konnten Patientensubgruppen identifiziert werden, bei welchen die Einnahme der Medikamente aufgrund anderer Nebenerkrankungen, Nebentherapien beziehungsweise aufgrund des Alters oder des Geschlechts nachweislich eine Verschlechterung des Wohlbefindens mit sich bringen. Damit können aus den Ergebnissen alternative Therapien abgeleitet werden, die für betroffene Patienten eine Steigerung der Lebensqualität bedeuten könnten.

Praktische Implikationen: Mit der Methode der Subgruppenspezifischen Medizin könnte in der weiteren Entwicklung ein System ausgearbeitet werden, das Ärzten für unterschiedliche Indikationen die ideale patientenspezifische Therapie vorschlägt. Dadurch würde sowohl die Lebensqualität der chronisch kranken Patienten gesteigert, als auch Kosten für etwaige unwirksame Therapien reduziert werden.