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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Transitionscamps – Sinnvolles Angebot für junge Rheumatiker im Übergangsprozess in die Erwachsenenemedizin

Meeting Abstract

  • Martina Niewerth - Deutsches Rheuma-Forschungszentrum, Programmbereich Epidemiologie, Berlin
  • Nadine Grösch - Deutsches Rheuma-Forschungszentrum, Programmbereich Epidemiologie, Berlin
  • Susanne Schalm - Klinikum der Universität München, Dr. von Haunerschen Kinderspital, München
  • Kirsten Minden - Deutsches Rheuma-Forschungszentrum/Charité – Universitätsmedizin Berlin, Programmbereich Epidemiologie/Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie, Berlin

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf222

doi: 10.3205/18dkvf222, urn:nbn:de:0183-18dkvf2221

Published: October 12, 2018

© 2018 Niewerth et al.
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Text

Hintergrund: Für einen erfolgreichen Übergang in die Erwachsenenversorgungssysteme sind gesundheitsbezogene Versorgungs- und Selbstmanagementkompetenzen von Jugendlichen erforderlich. Jugendliche mit chronischen Erkrankungen haben mehr Belastungen zu bewältigen als Gesunde. Neben den Therapieanforderungen kommt auf einen Großteil der Jugendlichen mit Erreichen der Volljährigkeit der Wechsel von der Pädiatrie in die Erwachsenenmedizin dazu. „Transition readiness“ beschreibt die Bereitschaft und Kompetenz eines Jugendlichen den Übergangsprozess vorbereiten, durchzuführen und abzuschließen und ist abhängig von dessen Krankheitswissen und Selbstmanagementfähigkeiten.

Fragestellung: Stellt eine individuell angepasste Vermittlung von Wissen sowie ein Erfahrungsaustausch mit anderen Betroffenen im Rahmen eines Wochenendcamps (= Transitionscamp) einen zusätzlichen Nutzen für rheumakranke Jugendliche dar?

Methode: Seit Herbst 2015 fanden insgesamt 5 Transitionscamps (3 Camps der Deutschen Rheuma-Liga, 2 Camps durch Eigeninitiative) statt. Die Auswahl der Themen und Referenten der Camps waren nahezu identisch. Zur Bewertung des Erkenntnisgewinns und der Nachhaltigkeit wurde ein Transitions-Readiness-Bogen, der Fragen zum Wissensstand, zu Selbstmanagement-Fähigkeiten und zum Bereitsein für den Wechsel vor (T0), direkt nach dem Camp (T1) und sechs Monate später (T2) enthielt, von den Teilnehmern ausgefüllt. Das eingesetzte Instrument umfasste 14 Fragen, die anhand einer 4-stufigen Likert-Skala (bester Wert = „stimmt genau“ bzw. „meistens“) beantwortet wurden.

Ergebnisse: Es nahmen 63 junge Rheumatiker im Alter von 15 bis 23 Jahren (über 80% Mädchen) an den Camps teil. Vor den Camps wiesen die jungen Rheumatiker einen erheblichen Informationsbedarf und Wissenslücken auf. Nur jeder 5. Teilnehmer fühlte sich auf den Betreuungswechsel gut vorbereitet. Jeder 3. gab Unsicherheiten bei der genauen Bezeichnung seiner Erkrankung an und wusste nicht genau, wofür er die Medikamente nimmt. Knapp drei Viertel fühlten sich hinsichtlich Familienplanung ungenügend informiert. Durch die Camp-Teilnahme konnten bestehende Wissenslücken abgebaut werden. So gaben zu T2 fast alle Teilnehmer an ausreichend auf den Wechsel vorbereitet zu sein. 86% wussten den Namen ihrer Erkrankung und kannten ihre Medikamente, 85% fühlten sich bezüglich Familienplanung gut informiert. Hinsichtlich der beruflichen Orientierung wurden analoge Veränderungen beobachtet. Berichtete vor dem Camp jeder 3. Teilnehmer über entsprechende Informations- und Wissensdefizite, waren diese Unsicherheiten direkt nach dem Camp und auch noch 6 Monate später bei einem Großteil nicht mehr vorhanden. Insgesamt bewerteten alle Teilnehmer die Camps als hilfreiches Unterstützungsangebot auf den Betreuungswechsel. Besonders zufrieden waren sie mit der Auswahl der Themen und der Beantwortung von Fragen durch die Referenten.

Diskussion: Transitions-Camps werden von jungen Rheumatikern sehr positiv bewertet und führen zu einem signifikanten und nachhaltigen Kenntnis- und Kompetenzgewinn. Sie können als ergänzende Maßnahme für die Vorbereitung junger Rheumatiker auf den Betreuungswechsel empfohlen werden.

Praktische Implikationen: Bisher erfolgt die Finanzierung der Transitions-Camps ausschließlich durch Sponsoring und eine Eigenbeteiligung der Teilnehmer. Eine Implementierung in die Regelversorgung wäre wünschenswert.

Die Evaluation fand im Rahmen eines Projektes der Deutschen Rheuma-Liga statt und wurde durch das BMG gefördert.