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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Methodenlehre in der Versorgungsforschung – Impulse aus der Medizinsoziologie

Meeting Abstract

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  • Antje Dresen - IMVR (Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft), Univ. Köln, Medizinsoziologie, Köln
  • Silke Ohlmeier - IMVR (Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft), Univ. Köln, Medizinsoziologie, Köln
  • Holger Pfaff - IMVR (Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft), Univ. Köln, Rehabilitationswissenschaft, Köln

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf214

doi: 10.3205/18dkvf214, urn:nbn:de:0183-18dkvf2143

Published: October 12, 2018

© 2018 Dresen et al.
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Hintergrund: Für die Versorgungsforschung erweist sich insbesondere die Medizinsoziologie als anschlussfähig. Denn beide Disziplinen sind nicht nur fachübergreifend ausgerichtet, sondern überschneiden sich auch in ihrem Forschungsgegenstand und ihrer methodischen Ausrichtung. Dabei spielen vor allem Evaluationen eine hervorgehobene Rolle. So ist die Versorgungsforschung ein Gebiet, das u.a. „die Kranken- und Gesundheitsversorgung und ihre Rahmenbedingungen beschreibt und kausal erklärt, zur Entwicklung wissenschaftlich fundierter Versorgungskonzepte beiträgt, die Umsetzung neuer Versorgungskonzepte begleitend erforscht und die Wirksamkeit von Versorgungsstrukturen und -prozessen unter Alltagsbedingungen evaluiert“ [1]. Parallel dazu bezieht sich die Medizinsoziologie auf das deutende Verstehen und ursächliche Erklären von u.a. sozialen Einflüssen auf Krankheit und Gesundheit [2], [3]. Ihr geht es in vergleichbarer Weise um den „Erwerb praktisch relevanter Kenntnisse zu Formen, Indikatoren, Durchführung und Nutzen für Maßnahmen der Prävention und Gesundheitsförderung“ [4]. Sie ist damit vor allem auf Evaluationen, inklusive der Anwendung qualitativer und quantitativer Methoden ausgerichtet.

Angesichts dieser kontextualen und methodenintensiven Ansätze in beiden Disziplinen kann sich mithin ein Schulterschluss in der Lehre als fruchtbar erweisen.

Fragestellung: Wie kann die Versorgungsforschung aus der medizinsoziologischen (Methoden-)Lehre profitieren?

Methode: Am Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaften (Univ. Köln) wird seit vielen Jahren der Weg einer standardisierten Methodenlehre für das Fach Medizinsoziologie bzw. für den Modellstudiengang Medizin beschritten. In sechs dreistündigen Einheiten erlernen die Studierenden den Ablauf eines Forschungsprozesses. Angefangen von der Themensuche in Kleingruppen lernen sie Möglichkeiten der Literaturrecherche kennen, entwickeln Hypothesen, wählen eine Forschungsmethode aus, führen mittels Interviews oder Fragebögen eine Erhebung durch, bereiten schließlich die Daten auf, werten sie aus und beantworten die Forschungsfrage. Damit verbunden ist die Erstellung eines wissenschaftlichen Posters, das in der letzten Sitzung wechselseitig präsentiert und nach transparenten Bewertungskriterien ggf. prämiert wird.

Ergebnisse: Mit dieser Ausrichtung der medizinsoziologischen Lehre wird konsequent der Weg beschritten, Themen zu erarbeiten, Zusammenhänge zu beschreiben, kausal zu erklären und Methodenkenntnisse für ggf. Evaluationen zu erwerben – Bausteine, auf denen ebenfalls die Versorgungsforschung fußt. Die Lehrevaluationen dieser Seminare zeigen, dass die Studierenden genau diese standardisierten Komponenten in ihrer Ausbildung schätzen. Sie sind mit den selbstgewählten Themen überdurchschnittlich zufrieden, loben die gute Organisation der Seminare und schätzen den schon zu Anfang des Studiums platzierten Forschungsprozess.

Diskussion: Diese didaktische Aufbereitung der medizinsoziologischen Lehre knüpft mit Blick auf gemeinsames themenübergreifendes Forschen, Kontexte um Krankheit und Gesundheit und eine Basisvermittlung an Methodenwissen und seiner Anwendung unmittelbar an die Versorgungsforschung an. Mit dem Argument, dass Hochschulen Lehrstrategien im Rahmen eines fächerübergreifenden Diskurses benötigen [5] zeigt sich hier ein möglicher Ausbildungstransfer zwischen Medizinsoziologie und Versorgungsforschung.

Praktische Implikationen: Wenn die Versorgungsforschung an diese Form medizinsoziologischer Lehre anknüpfte, könnten die Studierenden noch vertiefter das lernen, was neben den fachlichen Kenntnissen berufsrelevant sein wird [6]; auf Personen zugehen und sich durch die Art und Weise, wie man die Person befragt, aus vielen kleinen Puzzlesteinen ein Bild zur Symptomatik, Diagnostik, Behandlung und Versorgung machen.


Literatur

1.
Pfaff H, Neugebauer E, Glaeske G, Schrappe M. Lehrbuch Versorgungsforschung: Systematik – Methodik – Anwendung. Stuttgart: Schattauer; 2011.
2.
Faller H, Lang H. Medizinische Psychologie und Soziologie. Berlin/Heidelberg: Springer; 2016.
3.
Kessler H. Kurzlehrbuch Medizinische Psychologie und Soziologie. Stuttgart: Thieme; 2015.
4.
Siegrist J. Medizinische Soziologie. München/Jena: Urban & Fischer; 2005.
5.
Krausch G. Brauchen Hochschulen Lehrstrategien? Forschung & Lehre. 2017;24:862-3.
6.
Harendza S. „Helfen würde mehr Zeit“ – Über die medizinische Ausbildung und ihre Schwächen. Forschung & Lehre. 2017;24:866-7.