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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Methodische Ansätze zur Validierung von Interventionseffekten durch den Einsatz von Ärzten, Ärztinnen und Apotheken

Meeting Abstract

  • Regina Hanke - Lindgrün GmbH, Berlin
  • Wolfgang Hanke - Lindgrün GmbH, Berlin
  • Julia Neufeind - Robert Koch-Institut, Abt. für Infektionsepidemiologie/Impfprävention, Berlin
  • Sarah Eitze - Universität Erfurt, Psychologie, Erfurt
  • Cornelia Betsch - Universität Erfurt, Psychologie, Erfurt
  • Constanze Rossmann - Universität Erfurt, Kommunikationswissenschaften, Erfurt
  • Dorothee Heinemeier - Universität Erfurt, Psychologie, Erfurt
  • Nora Küpke - Studiengruppe impfen60+, Kommunikationswissenschaften, Erfurt
  • Anne Reinhart - Universität Erfurt, Studiengruppe impfen60+, Kommunikationswissenschaften, Erfurt
  • Philip Schmid - Universität Erfurt, Studiengruppe impfen60+, Psychologie, Erfurt
  • Winja Weber - Universität Erfurt, Studiengruppe impfen60+, Kommunikationswissenschaften, Erfurt
  • Ole Wichmann - Robert Koch-Institut, Abteilung für Infektionsepidemiologie, Erfurt

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf209

doi: 10.3205/18dkvf209, urn:nbn:de:0183-18dkvf2097

Published: October 12, 2018

© 2018 Hanke et al.
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Outline

Text

Hintergrund: Public Health Care Interventionen mit intendierter Verhaltensänderung, z.B. Kampagnen zum rationalen Antibiotikaeinsatz, sind häufig. Diese Interventionen nutzen oftmals eine Distribution über Multiplikatoren im medizinischen Bereich. Die gängigen eingesetzten Items, wie z.B. Flyer, die zwischen Ärzte und Patienten oder bei anderen medizinischen Multiplikatoren zum Einsatz kommen, sind bisher hinsichtlich ihrer Effektivität nur unzulänglich evaluiert. Evaluationen dieser Interventionsstrategien sind nicht die Regel. Hochaufgelöste Untersuchungen, die den Effekt der Interventionsdichte und -streuung und Fragen der Akzeptanz sowohl hinsichtlich eingesetzter Items als auch verschiedener Multiplikatoren in den Blick fassen, sind selten. In impfen60+ wird eine Informationskampagne in der Grippesaison 2017/2018 und 2018/2019 mit dem Ziel erprobt, die Pneumokokken- und Influenza-Impfquote bei der Zielgruppe der 60–65-Jährigen (Schwankung: +/- 5 Jahre) in Thüringen zu steigern.

Fragestellung: Haben die gewählten Methoden der Kampagnenentwicklung und Kampagnenstrategien (z. B. Zielgruppe, Content- & Visual- und Erreichbarkeitsstrategien) von Informationsmaterialien (Items) einen sichtbaren Effekt auf die Inanspruchnahme von Impfungen?

Methode: Im Rahmen des Verbundforschungsprojektes impfen60+ wurde eine Zielgruppe nach folgenden Kriterien festgelegt: Sozio-Demografie, Sozio-Geografie, Impfquoten, Lifestyle-Typen, Werteorientierung, Informationsverhalten und zu erwartender langfristiger Effekt. Eine Repräsentativbefragung in der Bevölkerung 60+ in Thüringen zum Start (Basisdaten) legte eine Grundlage für die Lifestyle-Typen und für die Kampagnenplanung.

Die Repräsentativbefragung am Ende der Welle 1 (Ergebnis 2017/2018) erfasst Effekte der Kampagne wie Erinnerung, Wissen, Impfbereitschaft und den Zusammenhang zwischen Impfbereitschaft und möglicher Wissensveränderung zu den Basisdaten. Zusätzlich wird die landkreisbezogene Inanspruchnahme von Impfungen durch das RKI ermittelt und auf Veränderungen hin analysiert. Am Ende der Welle 2 wird die landkreisbezogene Inanspruchnahme von Impfungen innerhalb der Saison im Vergleich zur Saison vor den Interventionen verglichen.

Die in der Kampagnenplanung entwickelte Erreichbarkeitsstrategie nutzt die Multiplikatoren-Kommunikation über Praxen und Apotheken sowie werbliche Medien mit einem geringen, gleichmäßig gestreuten Werbedruck.

Um die Akzeptanz der entwickelten Items und Effekte der Multiplikatoren-Kommunikation zu prüfen, wurde eine Online-basierte Bestellplattform entwickelt, die die Bestellungen nach Item (was, wieviel, wann), Multiplikatorengruppe (wer) und Postleitzahl (wo) erfasst.

Es wird aus dem Umfang der Bestellungen je Welle und je Landkreis eine Ratio zwischen der Bevölkerungsanzahl der Zielgruppe der 60–65-Jährigen und der Dichte der Distribution errechnet.

Am Ende der Welle 2 wird die Ratio Distributionsdichte zu Zielgruppe verglichen mit der landkreisbezogenen Inanspruchnahme von Impfungen innerhalb der Saison.

Das Bestellvolumen gibt Auskunft über die Akzeptanz seitens der Multiplikatoren – das Bestelldatum deckt den Bezug zwischen multiplikatorenspezifischen Aktivitäten, z. B. Newsletter-Versand oder Fortbildungen, auf.

Ergebnisse: Nach Durchführung der Welle 1 des Verbundforschungsvorhabens konnte aufgezeigt werden, in welchen Landkreisen die Distribution von Print-Materialien besonders hoch bzw. niedrig war im Vergleich zur Größe der Bevölkerungspopulation der Zielgruppe innerhalb der Region. Ersichtlich wurde, wie die Akzeptanz der Items innerhalb einer Multiplikatorengruppe war, und Effekte von multiplikatorenspezifischen Events konnten nachvollzogen werden. Die Ergebnisse werden in Welle 2 genutzt, um gezielt in den Regionen mit geringerer Dichte der Distribution und Akzeptanz die Interventionsaktivitäten anzupassen und die Aktivitäten zu optimieren.

Diskussion: Im Rahmen von Kampagnenentwicklungen werden Effekte der Distributionsdichte und der Akzeptanz auf die definierten Outcome-Parameter nur unzulänglich erhoben. Um Interventionskampagnen evidenzinformiert zu planen und während laufender Interventionen zu optimieren, ist dieses Wissen relevant. Die entwickelte Methodik ermöglicht es, dieses Wissen zu generieren. Nach Abschluss der Welle 2 und einem Abgleich der Inanspruchnahme der Impfungen wird ersichtlich, ob die gewählten Methoden der Kampagnenentwicklung und Kampagnenstrategien (z. B. Zielgruppe, Content- & Visual- und Erreichbarkeitsstrategien) einen sichtbaren Effekt auf die Inanspruchnahme der Impfungen haben. Zusätzlich lassen sich durch die Erhebung der Distributionsorte und ‑zeitpunkte Netzwerkcluster sowie die Effekte von Events aufzeigen.

Praktische Implikationen: Die entwickelte Methode leistet einen Beitrag dazu, Kampagnen zu konzipieren und durchzuführen sowie Effekte und Akzeptanz der jeweiligen Items und Strategien zu belegen. Langfristig entstehen so validere Erkenntnisse, die zu effektiven Gesundheitskampagnen beitragen.