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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

MoCaB: Nutzerorientierte Entwicklung einer App für pflegende Angehörige

Meeting Abstract

  • Maria Rutz - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin & Gesundheitssystemforschung, Hannover
  • Petra Gaugisch - Fraunhofer IAO, Arbeitswirtschaft und Organisation, Stuttgart
  • Mario Gerlach - Medizinische Hochschule Hannover, Pflegewissenschaft, Hannover
  • Regina Schmeer - Medizinische Hochschule Hannover, Pflegewissenschaft, Hannover
  • Marianne Behrends - Peter L. Reichertz Institut für Medizininformatik, PLRI, Hannover
  • Dominik Wolff - Peter L. Reichertz Institut für Medizininformatik, PLRI, Hannover
  • Thomas Kupka - Peter L. Reichertz Institut für Medizininformatik, PLRI, Hannover
  • Marie-Luise Dierks - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin & Gesundheitssystemforschung, Hannover

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf195

doi: 10.3205/18dkvf195, urn:nbn:de:0183-18dkvf1954

Published: October 12, 2018

© 2018 Rutz et al.
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Text

Hintergrund: Die häusliche Versorgung von pflegebedürftigen Menschen ist für die pflegenden Angehörigen mit vielfältigen Belastungen verbunden. Ziel des vom BMBF geförderten Projekts MoCaB ist es daher, durch den Einsatz intelligenter, mobiler Technologien eine Begleitung der pflegenden Angehörigen zu ermöglichen. Die MoCaB-App soll konkrete Hilfestellungen zur Gestaltung der Pflegesituation anbieten und Anleitungen zur Selbstfürsorge bereitstellen.

Bei der Entwicklung der App werden die potentiellen Nutzerinnen und Nutzer von Beginn an einbezogen, um die App an ihre Bedürfnisse anzupassen. So ging der Entwicklung eine Bedarfsanalyse durch qualitative Interviews voraus. Häufig auftretende Probleme wurden analysiert, typische Krisensituationen identifiziert und Wünsche an die App herausgearbeitet. Aus diesen Interviews gingen vier Handlungsbereiche hervor:

1.
die Bereitstellung von evidenz-basiertem und personalisiertem Wissen rund um die häusliche Pflege,
2.
Tipps zur Organisation der Pflege,
3.
Hinweise zur Selbstfürsorge sowie
4.
Informationen über das Wohlergehen der pflegebedürftigen Person bei Abwesenheit.

Um dem Wunsch nach personalisiertem Wissen nachzugehen, wurden für den Prototyp der App 106 Wissensressourcen zu pflegerelevanten Themen erstellt. Diese Wissensressourcen sollen den pflegenden Angehörigen auf Basis ihrer Profildaten individuell angeboten werden. Um die Personalisierung auch im Design der App wieder aufzugreifen, werden die Informationen im Dialog dargestellt. Hierbei erhalten die Nutzerinnen und Nutzer einen Teaser zu einer entsprechenden Wissensressource und können das Thema durch weiterführende Fragen vertiefen.

Fragestellungen: Ob und wie die Nutzer mit der App umgehen können und wie sie sie bewerten, wird in der begleitenden Nutzerforschung untersucht. Dabei sollen folgende Fragen beantwortet werden:

1.
Wie bewerten die Testpersonen die Inhalte der App? Hier soll sowohl auf die Verständlichkeit als auch auf den Umfang der Inhalte und die Praktikabilität im Alltag eingegangen werden.
2.
Wie gestaltet sich der Umgang mit dem Dialog? Ist dieser intuitiv bedienbar?
3.
Wie bewerten die Testpersonen das Design und den Aufbau der App?

Methode: Alle Testpersonen erhielten ein Smartphone, auf dem sich der Prototyp der App befand. Um den Prototypen zu evaluieren, kam ein Methodenmix zum Einsatz. Durchgeführt wurden mit neun Testern zunächst Think-Alouds mit anschließenden leitfadengestützten Interviews in Einzeltestungen. Zudem wurden zwei leitfadengestützte Gruppendiskussionen mit jeweils fünf Personen durchgeführt, mit dem Ziel, eine Diskussion über die App und auch die Inhalte anzuregen. Zu den Testpersonen gehörten zum einen pflegende Angehörige mit und ohne Technikerfahrungen, zum anderen technikaffine Menschen ohne Erfahrungen mit der häuslichen Pflege. Letztere wurden einbezogen, weil die Testung eines unvollständigen Prototyps durchaus ein hohes Maß Abstraktionsfähigkeit erfordert und so sichergestellt werden konnte, dass Anwendungsprobleme aufgrund einer technischen Unerfahrenheit die Ergebnisqualität nicht verringern.

Ergebnisse:

Inhaltliche Umsetzung

Sowohl die pflegenden Angehörigen als auch die Testpersonen ohne Pflegeerfahrung bewerten den Informationsgehalt der Texte positiv. Sie schätzen die praktischen Tipps als hilfreich im Pflegealltag ein. Bei manchen Wissensressourcen reichen ihnen die praktischen Hinweise nicht aus, hier wünschen sie sich noch mehr Informationen. Insgesamt finden die Testpersonen die Texte leicht verständlich, wobei sie vereinzelt auch äußern, dass die Texte zu einfach geschrieben sind.

Funktion des Dialogs

Alle Testpersonen verstehen die dialogbasierte Form der Texte und das Design ohne weitere Erklärungen. Sie vergleichen den Dialog mit dem Schreiben von SMS oder ihnen bekannten Messengerdiensten wie WhatsApp. Durch die Dialogfunktion fühlen sich die Nutzer direkt angesprochen.

Design der App

Kritik äußern die Testpersonen an der Textmenge und dem Design innerhalb des Dialogs. Hier wünschen sie sich eine deutlichere Abtrennung der einzelnen Themen.

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass die Dialogstruktur von den Testpersonen positiv aufgenommen wird und dem Effekt der personalisierten Bereitstellung von Informationen nachkommt. Auch die Inhalte bewerten die Testpersonen überwiegend positiv, auf den Wunsch nach weiteren praktischen Tipps wird in den Überarbeitungen eingegangen. Auch die Vorschläge der Testpersonen zur Verbesserung des Designs werden nun in die App eingearbeitet. Anschließend soll die App erneut getestet und gegebenenfalls überarbeitet werden.

Praktische Implikationen: Die Bedarfsanalyse hat erste Ideen für die Inhalte und Funktionen der App geliefert, die bereits umgesetzt werden konnten. Der fortwährende Einbezug der Zielgruppe führt dazu, dass die App weiter auf die Bedürfnisse der pflegenden Angehörigen zugeschnitten werden kann, um so langfristig eine gute Unterstützung im Pflegealltag zu bieten.