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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Regionale Deprivation und meldepflichtige Infektionskrankheiten in Deutschland: Eine longitudinale kleinräumige Analyse

Meeting Abstract

  • Sven Rohleder - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg
  • Kayvan Bozorgmehr - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg
  • Werner Maier - Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH), Institut für Gesundheitsökonomie und Management im Gesundheitswesen (IGM), Neuherberg
  • Christian Stock - Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), Klinische Epidemiologie und Alternsforschung, Heidelberg

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf176

doi: 10.3205/18dkvf176, urn:nbn:de:0183-18dkvf1761

Published: October 12, 2018

© 2018 Rohleder et al.
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Text

Hintergrund: Geographische Unterschiede wie auch zeitabhängige Veränderungen der Häufigkeit von Infektionskrankheiten spielen eine wesentliche Rolle für die Entwicklung und Bewertung von präventiven Versorgungsleistungen. Internationale Studien zeigen, dass regionale Deprivation mit einem höheren Auftreten von Infektionskrankheiten einhergehen kann. Regionale Deprivation definiert den Status einer räumlichen Einheit bezüglich eines strukturellen Mangels an Ressourcen. Regionale Deprivation kann daher Einfluss auf die Gesundheit der Bewohner dieser Region nehmen. Der potentielle Zusammenhang zwischen regionaler Deprivation und der Verteilung von Infektionskrankheiten hinsichtlich räumlicher und räumlich-zeitlicher Effekte in Deutschland wurde bisher jedoch noch nicht untersucht.

Zielstellung: Das Ziel der Arbeit ist es, den Zusammenhang zwischen regionaler Deprivation und dem Auftreten von Infektionskrankheiten auf Kreisebene in Deutschland zu analysieren.

Methodik: Bei dem Design der vorliegenden Studie handelt es sich um eine longitudinale kleinräumige Analyse. Daten zu meldepflichtigen Infektionskrankheiten werden aus einer Datenbank des Robert Koch-Instituts für die Jahre 2000 bis 2016 entnommen und jahrweise in sechs Klassen (Infection Disease Classes, IDC) gruppiert (durch Blut übertragende Erkrankungen, virale Hepatitis, gastrointestinale Erkrankungen, sexuell übertragbare Erkrankungen, impfpräventable Erkrankungen und sonstige Erkrankungen). Der German Index of Multiple Deprivation (GIMD) umfasst sieben Domänen, die auf Kreisebene in Deprivations-Scores zusammengefasst sind. Für die Analyse werden diese Deprivations-Scores in Quintile unterteilt. Auf Grundlage der IDC werden zunächst das Risiko für Infektionskrankheiten der deprivierten Regionen und ein Konzentrationsindex zur Bestimmung der Ungleichheit auf Bundesebene ermittelt. Anschließend wird das Verhältnis der beobachteten und der erwarteten Inzidenz von Infektionskrankheiten (standardisierte Inzidenzrate, SIR) für jede IDC auf Kreisebene berechnet. Der Zusammenhang zwischen der Inzidenz von Infektionskrankheiten und regionaler Deprivation wird mithilfe von Bayesianischen Regressionsmodellen analysiert. Die Modelle berücksichtigen individuelle regionsspezifische sowie räumlich-strukturierte Effekte, sowie einen globalen zeitlichen Trend und regionsspezifische Abweichungen von diesem Trend. Adjustiert wird zusätzlich für den Migrationsanteil der Land- und Stadtkreise. Darüber hinaus ist geplant, alters-stratifizierte Analysen durchzuführen.

Ergebnisse: Die SIR werden kartographisch auf Kreisebene veranschaulicht. Die adjustierten relativen Risiken für die einzelnen Quintile des Deprivations-Scores können Aufschluss über räumliche und räumlich-zeitliche Assoziationen zwischen Infektionen und Deprivation geben.

Diskussion: Durch die Arbeit wird auf aggregierter Ebene ein Zusammenhang zwischen der Verteilung von Infektionskrankheiten und regionaler Deprivation dargestellt und wichtige, potentiell relevante Faktoren berücksichtigt. Weitere Faktoren, wie saisonale Effekte, regionale klimatische Unterschiede, Verbreitung von Vektoren und regionaler Immun- und Impfstatus der Bevölkerung, können überdies eine Rolle spielen. Es wird daher literaturbasiert die Rolle möglicher weiterer Faktoren diskutiert. Weiterhin werden Stärken und Limitationen der Arbeit beleuchtet.

Praktische Implikation: Durch die Identifikation eines potentiellen Zusammenhanges zwischen der Verteilung von Infektionskrankheiten und deprivierten Regionen in Deutschland können wichtige Informationen für die Planung und Verteilung von regionalen Versorgungsleistungen zur Vermeidung und Reduzierung von Infektionserkrankungen geliefert werden.