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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Dyadische Eltern-Kind-Interaktion am Lebensende – Protokoll einer gemischt-methodischen Studie

Meeting Abstract

  • Franziska A. Herbst - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Allgemeinmedizin, Hannover
  • Eva-Maria Stelzer - The University of Arizona, Department of Psychology, Tucson, United States
  • Nils Schneider - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Allgemeinmedizin, Hannover
  • Stephanie Stiel - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Allgemeinmedizin, Hannover

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf164

doi: 10.3205/18dkvf164, urn:nbn:de:0183-18dkvf1645

Published: October 12, 2018

© 2018 Herbst et al.
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Text

Hintergrund: Aufgrund des demographischen Wandels steigt die Zahl der Eltern, die mit einer schweren Erkrankung ihres erwachsenen Kindes konfrontiert sind. Allein in Deutschland sterben jährlich rund 16.000 Erwachsene noch vor Erreichen des 45. Lebensjahres. Ein beachtlicher Anteil dieser Personen wird von mindestens einem Elternteil überlebt und vor dem Versterben hospizlich-palliativ versorgt. Zugleich sind erwachsene Kinder mit lebensbedrohlichen Erkrankungen ihrer Eltern konfrontiert. Bisher fehlen empirische Erkenntnisse zur dyadischen Interaktion zwischen schwer erkrankten Kindern am Lebensende und ihren Eltern(-teilen) sowie zwischen schwerstkranken Eltern und ihren erwachsenen Kindern.

Fragestellung: Das Forschungsprojekt fokussiert die Dyade erwachsenes Kind – Eltern, da diese Gruppe klinischen Beobachtungen zufolge spezifischen Herausforderungen bezüglich Kommunikation, Krankheitswissen, Rollenerleben, Belastung und Unterstützung gegenüber steht. Mit dem beschriebenen Forschungsprojekt (BMBF-Förderkennzeichen: 01GY1711; Laufzeit: 01.10.17-30.09.20) wird das Ziel verfolgt, die Besonderheiten der Interaktion innerhalb beider Patienten- und Angehörigendyaden sowie Unterschiede zwischen den Dyaden zu beschreiben. Passgenaue Empfehlungen hinsichtlich beispielsweise psychosozialer Interventionsmaßnahmen sollen abgeleitet werden.

Methoden: Im Rahmen des Vorhabens erfolgt ein gemischt-methodischer Ansatz. Qualitative, leitfadengestützte Interviews (n = ca. 50) fokussieren die dyadische Interaktion in Hinblick auf Kommunikation, Information über Krankheit und Prognose, geäußerte und wahrgenommene Belastung, Unterstützung und Rollenerleben am Lebensende. Individuelle Erfahrungen, Erwartungen und Wünsche werden insbesondere erfasst. Die Interviewdaten werden wortwörtlich transkribiert und entsprechend den Prinzipien der Grounded Theory mithilfe der Datenanalysesoftware MaxQDA ausgewertet.

Die Beziehungsspezifischen Bindungsskalen für Erwachsene, die Berliner Social Support Skalen und die Graphic Closeness Scale werden zur Erfassung von Bindung, wahrgenommener und erhaltener sozialer Unterstützung und emotionaler Nähe eingesetzt. Zudem werden soziodemographische Daten mittels eines quantitativen Fragebogens erhoben, um eine Beschreibung der Studienpopulation zu erhalten. Die quantitativen Daten werden in IBM SPSS Statistics 24 eingegeben und entsprechend vorliegender Manuale analysiert. Aus der Synthese aller Daten werden Strategien für Interventionsmaßnahmen abgeleitet. Ein wissenschaftlicher Expertenbeirat unterstützt die Projektgruppe bei a) der Entwicklung des Interviewleitfadens, b) der Überprüfung der quantitativen Erhebungsinstrumente, c) der Optimierung der Rekrutierungsstrategie, d) der Zusammenführung und Interpretation von Daten, e) der Ableitung von Konzepten für Interventionsmaßnahmen sowie f) der Konsentierung von Handlungsempfehlungen.

Ergebnisse: Als bisherige Projektschritte konnten erfolgreich realisiert werden: Ein positives Votum der zuständigen Ethikkommission liegt vor. Zudem wurde die Studie in der Versorgungsforschung Deutschland Datenbank (Nr. VfD_Dy@EoL_17_003897) und im Deutschen Register Klinischer Studien (Nr. DRKS00013206) registriert. Ein Treffen des wissenschaftlichen Expertenbeirats zur Prüfung von Interviewleitfaden, Fragebogen und Fragebogenanleitungen fand im Januar 2018 statt. Der die qualitativen Interviews ergänzende standardisierte Fragebogen wurde in einen Pretest mit einem Patienten und einem Angehörigen im Februar 2018 auf die Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Abfolge der ausgewählten validierten Erhebungsinstrumente und die Bearbeitungsdauer hin überprüft. Eine SPSS-Matrix zur Eingabe der quantitativen Fragebogendaten wurde erstellt. Zur Rekrutierung von Patienten und ihren Angehörigen konnten vier Kooperationspartner gewonnen werden: die Palliativstation eines Universitätsklinikums, die Palliativstation eines Krankenhauses der Regelversorgung, ein Hospiz und ein ambulanter Palliativdienst. In persönlichen Treffen mit Vertretern der kooperierenden Einrichtungen und den jeweiligen multiprofessionellen Teams wurde die Rekrutierungsstrategie für die einzelnen Einrichtungen festgelegt. Rekrutierungsbeginn war der 20. Februar 2018.

Diskussion: Die Autoren beabsichtigen durch die Veröffentlichung des Studienprotokolls und die Registrierung in den Studiendatenbanken die Transparenz über das Projekt im nationalen und internationalen Kontext zu erhöhen. Das Studienprotokoll kann beispielhaft für die Konzeption anderer Forschungsprojekte dienlich sein. Abweichungen im Studienverlauf können durch den späteren Vergleich mit dem originären Studienprotokoll erfasst und diskutiert werden.

Praktische Implikationen: Die gewonnenen Daten werden zum Verstehen der Bedarfe unheilbar erkrankter Patienten beitragen. Im Projekt werden klinische Schlussfolgerungen für spezifische psychosoziale Interventionsmaßnahmen und Unterstützungsbedarf für beide Eltern-Kind-Dyaden abgeleitet.