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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Nichtpharmakologische Therapie in der Tagespflege bei Menschen mit kognitiven Einschränkungen – Ergebnisse einer randomisierten, kontrollierten Studie

Meeting Abstract

  • Elmar Gräßel - Universitätsklinikum Erlangen, Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung, Erlangen
  • Katharina Luttenberger - Psychiatrische Universitätsklinik Erlangen, Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung, Erlangen
  • Peter Kolominsky-Rabas - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Interdisziplinäres Zentrum für Public Health, Erlangen

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf131

doi: 10.3205/18dkvf131, urn:nbn:de:0183-18dkvf1317

Published: October 12, 2018

© 2018 Gräßel et al.
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Text

Hintergrund: Zur Förderung von Menschen mit kognitiven Einschränkungen im Alter gibt es verschiedene nichtmedikamentöse Maßnahmen. Häufig werden unstrukturierte und nicht evidenzbasierte Interventionen eingesetzt. Die im Pflegeheim bereits evaluierte Mehrkomponententherapie MAKS (motorisch, alltagspraktischen, kognitiv, sozial) wurde in der vorliegenden Studie in Tagespflege-Einrichtungen (TPE) untersucht.

Fragestellung: Führt die MAKS-Therapie in der Tagespflege zu einem signifikant besseren Verlauf der alltagspraktischen und kognitiven Fähigkeiten der Menschen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung oder Demenz im Vergleich zur „üblichen Versorgung“ in der Kontrollgruppe?

Methoden: Es wurde eine cluster-randomisierte, kontrollierte, einfach verblindete Studie mit einer 6 Monate dauernden Interventionsphase mit 362 Studienteilnehmern in 32 TPE durchgeführt. Eingeschlossen wurden Personen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung, leichter oder mittelschwerer Demenz. Überwiegend vaskulär bedingte Demenzen wurden ausgeschlossen. Mit Leistungstests erfasst wurden die alltagspraktischen (Erlangen Test of Activities of Daily Living in Persons with Mild Dementia or Mild Cognitive Impairment, ETAM) und die kognitiven Fähigkeiten (Mini-Mental Status Examination, MMSE). Die Fragestellung wurde mit Hilfe multipler Regressionsanalysen untersucht. Die primäre Analyse bezog sich auf „per protocol“, ergänzt durch eine Auswertung gemäß „intention to treat“ (ITT) als Sensitivitätsanalyse. Explorativ wurden die sekundären Zielgrößen Sozialverhalten und neuropsychiatrische Symptome analysiert.

Ergebnisse: Nach 6 Monaten war in der Interventionsgruppe der MMSE-Wert (p=0,012; Cohen’s d=0,26) sowie der ETAM-Wert (p=0,012; Cohen’s d=0,21) signifikant besser als in der Kontrollgruppe. Dies wurde durch die ITT-Analyse bestätigt. Die neuropsychiatrischen Symptome entwickelten sich in der Interventionsgruppe günstiger (p=0,055; Cohen’s d=0,23). Subgruppenanalysen zeigten, dass die Effekte für Menschen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung und mittelschwerer Demenz etwas höher lagen als für Menschen mit leichter Demenz. Weder für eine niedrige (1-2 Tage pro Woche) noch für eine hohe (3-5 Tage pro Woche) Besuchshäufigkeit lässt sich ein systematischer Vorteil feststellen.

Diskussion: Die MAKS-Therapie erwies sich bei zu Hause lebenden Menschen mit leichter kognitiver Einschränkung bis mittelschwerer Demenz, die regelmäßig eine Tagespflegeeinrichtung besuchen, als wirksam. Die bundesweite Teilnahme von 32 TPE weist auf eine hohe externe Validität der Ergebnisse hin.

Praktische Implikationen: Da für die gleiche Intervention in einer früheren RCT in der Interventionsgruppe ebenfalls signifikant bessere Outcome-Werte als in der Kontrollgruppe festgestellt wurden, ist die MAKS-Therapie eine geeignete Maßnahme, um im ambulanten (z.B. Betreuungsgruppen), teilstationären (z.B. TPE) und stationären Setting (z.B. Pflegeheim) implementiert zu werden. Das Anwendungsspektrum reicht von Menschen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung bis zu moderater Demenz. Bereits bei einer regelmäßigen Anwendung von 1- bis 2-mal pro Woche sind die Effekte zu erwarten.