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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

EADV PruNet: Versorgungssituation von dermatologischen Prurituspatienten in Europa

Meeting Abstract

  • Sabine Steinke - Hautklinik UKM, Kompetenzzentrum Chronischer Pruritus, Münster
  • Claudia Zeidler - Hautklinik UKM, Kompetenzzentrum Chronischer Pruritus, Münster
  • Philipp Bruland - WWU, Institut für Medizinische Informatik, Münster
  • Martin Dugas - WWU, Institut für Medizinische Informatik, Münster
  • Sonja Ständer - Hautklinik UKM, Kompetenzzentrum Chronischer Pruritus, Münster

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf069

doi: 10.3205/18dkvf069, urn:nbn:de:0183-18dkvf0699

Published: October 12, 2018

© 2018 Steinke et al.
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Text

Hintergrund: Chronischer Pruritus (Juckreiz; CP) ist ein schwerwiegendes, die Lebensqualität der Patienten stark beeinträchtigendes Symptom und wird insbesondere bei entzündlichen Dermatosen wie der Neurodermitis oder der Psoriasis häufig beobachtet. Der Schweregrad der Erkrankung sowie der Therapieerfolg können anhand validierter Patient-Reported-Outcomes Measures (z.B. Pruritusintensität, Lebensqualität) überprüft werden. Laut Global Burden of Diseases (GBD) Study (2010) zählt CP zu den 50 bedeutendsten Erkrankungen weltweit. Bisherige Studien sind allerdings meist nicht international oder fokussieren sich auf ein bestimmtes dermatologisches Krankheitsbild, so dass kein Vergleich von Prurituspatienten auf internationaler Ebene möglich ist.

Fragestellung: Unterscheiden sich europäische Pruritus-Patienten, die an juckenden Dermatosen leiden, hinsichtlich verschiedener Patient-Reported-Outcomes? Welche Einflussfaktoren spielen hierbei eine Rolle?

Methode: Im Rahmen eines europäischen Expertenpanels wurde sich mittels Delphiprozess auf zentrale Patient-Reported-Outcomes Measures (z.B. Puritusintensitätsskalen NRS = Numerische Rating Skala 0-10 und VAS = Visuelle Analogskala 0-10; Lebensqualitätsskalen DLQI = Dermatologischer Lebensqualitätsindex und ItchyQoL) in der Versorgung von CP Patienten geeinigt. Diese wurden in neun europäischen Prurituszentren (Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Polen, Russland, Schweiz, Spanien, Türkei) für 552 dermatologische Patienten, die an Atopischer Dermatitis, Kontaktdermatitis, Prurigo nodularis, Psoriasis vulgaris, Lichen planus und Mykosis fungoides litten, prospektiv erhoben. Die Datenauswertung erfolgte mittels deskriptiver Statistik und univariaten und multivariaten Varianzanalysen in SPSS 24.0.

Ergebnisse: Im europäischen Gesamtkollektiv kann die Pruritusintensität der Patienten als moderat bis schwer bezeichnet werden (mittlerer VAS = 5,3 ± 2,5; mittlerer NRS = 5,7 ± 2,3), die Lebensqualität war ebenfalls moderat bis stark eingeschränkt (mittlerer DLQI = 10,3 ± 7,0, mittlerer ItchyQoL = 65,3 ± 19,1). Hinsichtlich der Pruritusintensität und der Lebensqualität zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen europäischen Zentren und den einzelnen Diagnosen (ANOVA p < 0.05). In der multivariaten Analyse hatte die Zugehörigkeit zu einem bestimmten europäischen Zentren einen stärkeren Einfluss auf die Pruritusintensität (VAS; partielles Eta-Quadrat 0,09) und die Lebensqualität (DLQI; partielles Eta-Quadrat 0,09) als die entsprechende Hauterkrankung selbst (partielles Eta-Quadrat 0,03 resp. 0,02; p < 0,05). Das Geschlecht zeigte als Kovariate einen geringen signifikanten Einfluss auf die Lebensqualität (partielles Eta-Quadrat 0,01), nicht aber auf die Pruritusintensität.

Diskussion: Vorliegende Analyse zeigt die hohe Belastung von dermatologischen Prurituspatienten auf europäischer Ebene. Die Daten geben einen ersten Hinweis, dass die Zugehörigkeit zu einem europäischen Zentrum einen stärkeren Einfluss auf die Pruritusintensität und auf die Lebensqualität haben kann, als die zu Grunde liegende dermatologische Erkrankung selbst. Das Geschlecht scheint eine untergeordnete Rolle zu spielen. Inwieweit kulturelle, soziodemografische oder versorgungsspezifische Faktoren den Einfluss der Variable „Zugehörigkeit zu einem europäischen Zentrum“ bestimmen, sollte Gegenstand weiterer internationaler Studien sein. Dies ist beispielsweise auch von Relevanz für Endpunkte in klinischen Studien.

Praktische Implikationen: Chronischer Pruritus ist ein europaweit bedeutsames Symptom in der Versorgung dermatologischer Patienten. Durch die internationale Harmonisierung von Pruritusmessinstrumenten können nationale Unterschiede und Einflussfaktoren in zukünftigen Studien detaillierter analysiert werden.