gms | German Medical Science

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Evaluation des Projektes IKK-IVP-Innovation, Versorgungspartner, Patient der IKK gesund plus zur sektorenübergreifenden Versorgung

Meeting Abstract

  • Corinna Reupke - Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Med. Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg
  • Janett Powietzka - Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Med. Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg
  • Enno Swart - Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Med. Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg
  • Annemarie Feißel - Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Med. Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg
  • Stefanie March - Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Med. Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf047

doi: 10.3205/18dkvf047, urn:nbn:de:0183-18dkvf0477

Published: October 12, 2018

© 2018 Reupke et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Hintergrund: Die strukturelle Trennung zwischen stationärer, rehabilitativer und ambulanter Versorgung in Deutschland bedingt Versorgungsunterbrechungen u.a. an den Schnittstellen der Versorgungssektoren. Um insbesondere bei Herzinfarkt- und Schlaganfallpatienten eine schnelle und durchgängige Behandlung zu gewährleisten, führt die IKK gesund plus das Versorgungsprojekt IKK Innovation, Versorgungspartner, Patient (IKK-IVP) (Förderer: Innovationsfond, Förderkennzeichen: 01NVF17039, Laufzeit: 01.04.2018 – 31.03.2021) durch. Mit Hilfe eines Patientenkoordinators soll zeitnah patientenindividuell eine sektorenübergreifende Betreuung in einem individuellen bedarfsgerechten Behandlungspfad gewährleistet werden.

Fragestellung: Mittels Evaluation werden fünf Arbeitshypothesen untersucht: Es wird geprüft, ob sich durch IKK-IVP die Wartezeit zwischen Entlassung und Folgebehandlung reduziert. Weiterhin wird der Frage nachgegangen, inwieweit eine leitliniengerechte Medikation erfolgt. Zugleich wird untersucht, ob sich durch IKK-IVP das Risiko für Re-Ereignisse und Versterben reduzieren lässt bzw. sich die Pflegebedürftigkeit sowie die Einschränkung bei der Verrichtung von Alltagstätigkeiten verringert. Schließlich wird geprüft, ob der individuell durchstrukturierte Patientenpfad zu einer höheren Lebensqualität beiträgt.

Methode: Die Evaluation der Intervention besteht aus zwei Modulen. Für beide Module dienen Versicherte der strukturähnlichen IKK classic mit Wohnsitz in Sachsen und Thüringen als externe Kontrollgruppe. Für die Sekundärdatenanalyse (Modul 1) werden standardisierte Abrechnungsdaten beider Krankenkassen herangezogen (Daten der ambulanten und stationären Versorgung, der Arznei- und Heil-/Hilfsmittelversorgung sowie der Pflegebedürftigkeit). Ergänzend werden Daten zur Arbeitsunfähigkeit und Erwerbsminderung für erwerbstätige Patienten genutzt. Die Analyse für die jährlich geschätzten 2.400 Versicherten erfolgt nach dem intention-to-treat-Ansatz, unabhängig von der Teilnahme am IKK-IVP Programm. In der externen Kontrollgruppe der IKK classic wird zunächst ein Propensity-score-Matching angestrebt und alternativ, bei vermehrten unvollständigen Matching-Paaren, eine multifaktorielle Analyse. Die Patientenbefragung (Modul 2) zielt auf die Messung der Lebensqualität (SF8) und der Einschränkung bei der Verrichtung von Alltagstätigkeiten (Norwegian Function Assessment Scale; NFAS) und soll in einer ersten Welle nach zehn Wochen des Ereignisses sowie in einer zweiten Welle nach sechs Monaten wiederholt durchgeführt werden. Dazu werden alle IKK-IVP-Teilnehmer und alle Versicherten der Kontrollgruppen befragt, die die Einschlusskriterien erfüllen.

Beide Module beinhalten jeweils anonymisierte Datensätze, sodass eine Verknüpfung der Sekundärdaten mit den Befragungsdaten ausgeschlossen ist.

Ergebnisse: Durch den Vergleich der Interventionsgruppe mit den Kontrollgruppen (intern und extern) lassen sich Vor- und Nachteile in der strukturellen planmäßigen Versorgung von Herzinfarkt- und Schlaganfallpatienten nach Beendigung der stationären Akutbehandlung abbilden. Es wird erwartet, dass sich die Wartezeit zwischen Entlassung aus dem Krankenhaus bzw. der Rehabilitationsmaßnahme und dem Beginn der Heilmittelversorgung durch IKK-IVP für die Patienten verringert. Weiterhin wird davon ausgegangen, dass sich der Anteil von Patienten mit leitliniengerechter Medikation erhöht. Möglicherweise lässt sich ebenfalls das Risiko eines Re-Ereignisses und Versterbens bzw. die Pflegebedürftigkeit sowie die Einschränkung bei der Verrichtung von Alltagstätigkeiten reduzieren. Zudem wird erwartet, dass sich die Lebensqualität durch IKK-IVP erhöht. Weitere Ergebnisse ergeben sich durch die Analyse nach versicherten– und krankheitsbezogenen Merkmalen. Ebenfalls soll eine Differenzierung nach Interventionsteilnehmern im frühen, mittleren und späten Projektzeitraum vorgenommen werden.

Diskussion: Es bleibt abzuwarten, inwiefern mit einem Patientenkoordinator die Probleme der zergliederten Sektoren des deutschen Versorgungssystems überwunden werden können und damit eine rechtzeitige Anschlussversorgung von Akutpatienten gewährleistet werden kann. Ob sich Folgerisiken wie Pflegebedürftigkeit und Einschränkungen oder gar Re-Ereignisse mit IKK-IVP minimieren lassen, werden erste Ergebnisse zeigen.

Praktische Implikationen: Für eine bedarfsgerechte Versorgung und eine Optimierung der Prozess- und Qualitätsstandards bedarf es einer Verzahnung der unterschiedlichen Akteure im Rahmen der medizinischen Versorgung. Darüber hinaus müssen bestehende Netzwerke genutzt und neue gebildet werden. Der dabei entstandene kommunikative Auftrag über Sektorengrenzen hinweg kann durch die Ansiedlung eines Patientenkoordinators bei den Krankenkassen erfüllt werden. Die begleitende Prozessevaluation liefert erste Hinweise darüber, inwieweit sich der Effekt des Interventionsprojekts auf andere Bundesländer übertragen lässt.