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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Implementierung des Strukturierten Qualitätsdialogs (SQD) in der medizinischen Rehabilitation der Rentenversicherung – Evaluation der einführenden Informationsveranstaltungen

Meeting Abstract

  • Simone Flaig - Pädagogische Hochschule Freiburg, Public Health & Health Education, Freiburg
  • Lea Kuntz - Pädagogische Hochschule Freiburg, Public Health & Health Education, Freiburg
  • Mareike Lederle - Pädagogische Hochschule Freiburg, Public Health & Health Education, Freiburg
  • Anke Mitschele - DRV-Bund, Bereich Reha-Qualitätssicherung, Epidemiologie und Statistik, Berlin
  • Markus Thiede - DRV-Bund, Bereich Reha-Qualitätssicherung, Epidemiologie und Statistik, Berlin
  • Margarete Ostholt-Corsten - DRV-Bund, Bereich Reha-Qualitätssicherung, Epidemiologie und Statistik, Berlin
  • Eva Maria Bitzer - Pädagogische Hochschule Freiburg, Public Health & Health Education, Freiburg

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf046

doi: 10.3205/18dkvf046, urn:nbn:de:0183-18dkvf0468

Published: October 12, 2018

© 2018 Flaig et al.
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Text

Hintergrund: Die trägerübergreifende Qualitätssicherung der medizinischen Rehabilitation der Deutschen Rentenversicherung (DRV) beinhaltet unterschiedliche Qualitätsindikatoren, die indikationsspezifische Qualitätsvergleiche auf Ebene der Fachabteilungen ermöglichen. Ab Januar 2018 führt die DRV rentenversicherungseinheitlich den Strukturierten Qualitätsdialog (SQD) als direkte, persönliche Rückmeldung fachabteilungsbezogener Qualitätsergebnisse an die einzelne Reha-Einrichtung ein. Ausgelöst wird der SQD durch die Unterschreitung zuvor festgelegter Schwellenwerte von fünf Qualitätsindikatoren (u.a. Behandlungszufriedenheit, subjektiver Behandlungserfolg, Reha-Therapiestandards). Reha-Einrichtung und federführender Rentenversicherungsträger sollen im Dialog Ziele und Arbeitsschritte für eine Qualitätsverbesserung festlegen. Ein nicht erfolgreicher SQD kann Konsequenzen für die weitere Belegung der Fachabteilung durch die DRV haben. Um die Akzeptanz zu erhöhen, lud die DRV-Bund vor Einführung des SQD zu Informationsveranstaltungen für Reha-Einrichtungen ein.

Im Sinne der organisationsbezogenen Versorgungs- und Rehabilitationsforschung ist der SQD eine prozessuale Versorgungsinnovation. Wir begleiten die Implementierung dieser Innovation entlang der von Grol et al. (2017) vorgeschlagenen Schritte zur Implementierung von Veränderungen in Organisationen des Gesundheitswesens und überprüfen die Qualität der Implementierungstechniken, in diesem Fall der Informationsveranstaltungen.

Fragestellung: Wie gut gelingt es in den Informationsveranstaltungen, Transparenz über den SQD und ein Klima des partnerschaftlichen Dialogs herzustellen?

Methode: Zwischen 09/2017 und 03/2018 fanden bundesweit sechs Informationsveranstaltungen statt, bei denen die teilnehmenden Einrichtungen mittels Kurzfragebogen schriftlich ihre Einschätzung abgegeben konnten, u.a. zur Nachvollziehbarkeit der Verfahrensentwicklung (1=trifft voll und ganz zu, 4=trifft überhaupt nicht zu) und dem Gesamteindruck der Veranstaltung, (1=sehr gut, 5=sehr schlecht). Ergänzend haben wir fünf der sechs Veranstaltungen teilnehmend beobachtet und die Beobachtungsprotokolle mit den Reaktionen der Reha-Einrichtungen in Anlehnung an die qualitative Inhaltsanalyse nach Kuckartz deduktiv mit MAXQDA 2018 ausgewertet.

Ergebnisse: An den Einführungsveranstaltungen nahmen insgesamt 1.066 Personen (v.a. ärztliche- und Verwaltungsleitung, QM-Beauftragte) aus 1.049 Fachabteilungen und 679 Einrichtungen teil. Die Beteiligung an den Befragungen betrug 35,6% (n=380). Nachvollziehbarkeit und Gesamteindruck der Veranstaltungen wurden im Mittel mit 1,5 bzw. 1,9 bewertet, substanzielle Unterschiede zwischen den Veranstaltungen bestanden nicht. In den Freitexten überwogen positive Anmerkungen, z. B. dass bei den Veranstaltungen die Möglichkeit für Fragen und Diskussionen bestand, die geführten Diskussionen respektvoll und konstruktiv waren, der Ablauf des SQD nachvollziehbar dargestellt wurde und eine freundliche sowie offene Atmosphäre herrschte.

Die beobachteten Nachfragen und Reaktionen der Reha-Einrichtungen lassen sich fünf Hauptkategorien zuordnen: Akteure, Qualitätsindikatoren, Datenschutz, Konsequenzen und Organisation. Die meisten Nachfragen der Reha-Einrichtungen beziehen sich auf die Qualitätsindikatoren. Insbesondere die statistische Aufbereitung der beiden patientenbezogenen Qualitätsindikatoren Behandlungszufriedenheit und subjektiver Behandlungserfolg geben Anlass zu Kritik, da sie, so die Reha-Einrichtungen, nur bedingt durch gezielte Qualitätsverbesserungsmaßnahmen beeinflussbar seien. Reha-Einrichtungen befürchten auch, für aus (infra-)strukturellen Problemen, z.B. Personalmangel, resultierende Qualitätsprobleme verantwortlich gemacht zu werden. Daneben hinterfragen sie die Belastbarkeit und Validität der Qualitätsindikatoren, mit denen Rückschlüsse auf die Qualität in den jeweiligen Fachabteilungen und zwischen diesen gezogen werden.

Mehrfach fragen die Reha-Einrichtungen auch konkret nach den Konsequenzen eines nicht erfolgreichen SQD und kritisieren, dass es keine Belohnung bei guten Qualitätsindikatoren gibt. Von den Reha-Einrichtungen weniger kritisch gesehen wird der Umgang mit dem Datenschutz und der Anonymität.

Diskussion: Das umfangreiche und transparente Informieren über den SQD ist mit den Einführungsveranstaltungen gelungen. Der dadurch geschaffene Raum für Austausch zeigt, dass die Reha-Einrichtungen den seit vielen Jahren eingeführten Qualitätsindikatoren, insbesondere den von Patienten berichteten, (noch immer) kritisch gegenüberstehen und Einrichtungsvergleiche mittels Qualitätsindikatoren als problematisch einschätzen.

Praktische Implikationen: Größtmögliche Transparenz über den SQD sowie eine offene Kommunikation mit den Reha-Einrichtungen sind über die initialen Informationsveranstaltungen hinaus wichtig für die erfolgreiche bundesweite Implementierung des SQD.