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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

CFIR Framework als Methode zur Prozessanalyse bei der randomisiert-kontrollierten CONGO (Complementary Nursing in Gynecologic Oncology)-Studie

Meeting Abstract

  • Nadja Klafke - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg
  • Stefanie Joos - Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Tübingen
  • Cornelia Hagens - Universitätsfrauenklinik Heidelberg, Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Fertilitätsstörungen, Heidelberg
  • Michel Wensing - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg
  • Andreas Schneeweiss - Nationales Centrum für Tumorerkrankungen, Universitätsklinikum Heidelberg, Sektion Gynäkologische Onkologie, Heidelberg
  • Andreas Müller - Städtisches Klinikum Karlsruhe, Frauenklinik, Karlsruhe
  • Joachim Szecsenyi - Universitätsklinkum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg
  • Cornelia Mahler - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf044

doi: 10.3205/18dkvf044, urn:nbn:de:0183-18dkvf0441

Published: October 12, 2018

© 2018 Klafke et al.
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Text

Hintergrund: Im Rahmen der randomisiert-kontrollierten CONGO-Studie wurde ein Maßnahmenpaket von naturheilkundlichen Pflege- und Beratungsinterventionen entwickelt und in zwei unterschiedlichen Versorgungssettings implementiert. Diese Intervention wurde den onkologischen Patientinnen in der Interventionsgruppe (IG) vom Beginn über den gesamten Verlauf der Chemotherapie angeboten.

Als Ergebnisparameter wurde die Lebensqualität als Hauptzielparameter und damit verbundene patientenrelevante Outcomes (PROs) als Nebenzielparameter gegenüber der Kontrollgruppe (KG), die Routinebehandlung erhielt, analysiert. In der ITT-Analyse konnten Daten von 231 Patienten ausgewertet werden. Um die Prozesse während der Implementierung zu überprüfen und relevante Kontextfaktoren zu identifizieren, wurde eine parallel laufende Prozessevaluation anhand des Consolidated Framework for Implementation Research (CFIR) konzipiert und durchgeführt. Das CFIR wurde als Rahmenmodell zur Unterstützung und Analyse von Implementierungsprozessen in der Gesundheitsversorgung entwickelt.

Fragestellung: Im Mittelpunkt der Prozessevaluation standen Fragen zur Umsetzung, zu den notwendigen Rahmenbedingungen sowie zu den Barrieren und Förderfaktoren im Rahmen der Implementierung der Intervention auf Ebene der Patienten, Mitarbeiter und Organisation (formative Evaluation). Die übergeordnete Fragestellung der Prozessevaluation war darauf ausgerichtet, zu identifizieren wie die Ergebnisse in andere Versorgungssettings übertragen werden können (summative Evaluation).

Methode: Das CFIR besteht aus fünf Domänen mit 39 Konstrukten, aus denen je nach Fragestellung die passenden Konstrukte zur Evaluation herangezogen werden. Unter Anwendung eines mixed-methods Ansatzes wurden fünf die Hauptstudie begleitende Erhebungen durchgeführt, um die CFIR Domänen zu adressieren: Kernelemente der Intervention, das äußere und innere Setting, Charakteristika der involvierten Personen (Patienten, Angehörige, Mitarbeiter, Leitungsebene), sowie den Prozess der Implementierung.

Für die formative Evaluation wurden die Studien zunächst einzeln analysiert. Quantitative Daten wurden deskriptiv und die qualitativen Daten inhaltsanalytisch ausgewertet. Nach Abschluss der Implementierung wurden die Daten auf einer höheren Ebene mithilfe einer Framework Analyse summativ untersucht. Dafür wurden die Daten in eine durch das CFIR geprägte Matrix abstrahiert und qualitativ analysiert, so dass relevante Aspekte für weitere Implementierungsprozesse identifiziert werden konnten.

Ergebnisse: Formative Evaluation: Insgesamt haben in den fünf Studien 28 Patienten, 5 studienspezifisch geschulte Pflegefachkräfte, 6 Pflegefachkräfte und 8 Ärzte und Pflegende in klinischen Leitungsfunktionen an den Befragungen im Zeitraum Juli 2014 bis Februar 2016 teilgenommen.

Die Intervention konnte wie geplant durchgeführt werden und Prozesse in den Einrichtungen wurden erfolgreich neu strukturiert. Insgesamt zeigte sich eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit. Insbesondere die regelmäßig stattfindenden Beratungsgespräche waren für die Patienten ein Gewinn. Die spezifisch geschulten Pflegekräfte brauchten Zeit um sich an die neuen Routinen und die neue Rolle zu gewöhnen. Der Beratungsaufwand war aus Sicht der Pflegenden teilweise unerwartet hoch und mit Belastungen verbunden. Die Pflegenden erfuhren einen Kompetenzgewinn, gerieten aber auch ihre Grenzen, wenn Patienten nach weiteren evidenzbasierten Informationen zu naturheilkundlichen Maßnahmen fragten.

Summative Evaluation: Positiv für den Implementierungsprozess wirkte sich eine positive Einstellung aller Beteiligten sowie die Änderung der strukturellen Rahmenbedingungen mit einer zusätzlichen Pflegekraft im Rahmen der Studie aus. Widerstände entstanden durch nicht ausreichendes Wissen zur Evidenzlage einzelner therapeutischer Verfahren insbesondere bei den Ärzten. Aufgrund der meist hohen ärztlichen Fluktuation ist eine interprofessionelle Teambildung zu empfehlen.

Diskussion: Die Begleiterhebungen im Rahmen der Prozessevaluation zeigen, dass sich das patientenzentrierte Versorgungsangebot wie geplant in zwei verschiedenen Versorgungssettings (Universitätsklinik und Städtisches Klinikum) integrieren ließ und mit positiven Aspekten auf Ebene der Patienten, Mitarbeiter und Organisation einherging bzw. geht.

Praktische Implikationen: Um die Pflegenden während der integrativen Beratung und Behandlung zu entlasten und die onkologischen Patienten noch engmaschiger zu begleiten, erscheint ein stärker interprofessionell ausgerichtetes Verfahren sinnvoll. Es bedarf weiterer Studien zur systematischen Implementierung und Evaluierung supportivtherapeutischer Versorgungskonzepte unter Berücksichtigung von evidenzbasierten nicht-medikamentösen Verfahren, welche weiterhin die gesundheitlichen Entscheidungsprozesse von onkologischen Patienten prägen.