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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Wirksamkeit der gezielten individuellen Förderung von sozialen Kompetenzen in Kindergärten in Mecklenburg-Vorpommern nach dem Kindertagesförderungsgesetz auf die Erhöhung der Chancengleichheit zum Schulbeginn

Meeting Abstract

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  • Josefin Biermann - Greifswald, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocV045

doi: 10.3205/17dkvf404, urn:nbn:de:0183-17dkvf4044

Published: September 26, 2017

© 2017 Biermann.
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Hintergrund: Das Erwerben von sozialen Kompetenzen gehört zu den wichtigsten Entwicklungsaufgaben von Kleinkindern. Ziel ist es, soziale Beziehungen aufzubauen und selbständig handlungsfähig zu werden sowie den Umgang mit den eigenen Emotionen, aber auch den Emotionen der anderen zu erlernen. Auffälligkeiten in der Entwicklung der Kinder sind in den meisten Fällen nicht gravierend, da sie in einem stabilen Umfeld im weiteren Entwicklungsverlauf reduziert und beseitigt werden können. Bei einem kleinen Teil der Kinder liegen aber frühzeitig Entwicklungsgefährdungen vor, die aufgrund von mangelnder Förderung chronifiziert werden. Sozial-emotionale Kompetenzen haben nicht nur unmittelbar Einfluss auf das Sozialverhalten der Kinder, sondern nehmen auch weitreichendenden Einfluss auf das Wohlbefinden, die physische und die psychische Gesundheit sowie das familiäre Umfeld und beeinflussen den schulischen Erfolg.

Methode: Seit dem Jahr 2011 evaluiert das Institut für Community Medicine das Kindertagesförderungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (KiföG M-V). In diesem Gesetz ist verankert, dass Kindertageseinrichtungen (Kitas) in bestimmten sozialen Lagen zusätzliche Mittel für die gezielte individuelle Förderung von Kindern mit Entwicklungsgefährdungen u.a. in dem Bereich soziale Entwicklung erhalten. Voraussetzung für den Erhalt der zusätzlichen Förderung ist die einmal jährliche Durchführung des „Dortmunder Entwicklungsscreening für den Kindergarten“ (DESK 3-6) über mindestens drei Jahre sowie die Beteiligung an einer wissenschaftlichen Evaluation. Zur Operationalisierung der sozial schwächeren Lage der Kita dient der Anteil des vom Jugendamt übernommenen Elternbeitrags, welcher für eine Förderung überdurchschnittlich hoch sein muss.

Insgesamt beteiligen sich derzeit 130 Kitas an der Evaluation (Stand Februar 2017).

Durch das längsschnittliche Design der Studie können Entwicklungen der Kinder bis zu vier Messpunkte in der Kita analysiert werden. Weiterhin liegen dem Evaluationsteam alle Daten der Schuleingangsuntersuchungen (SEU) in M-V vor. Die erhobenen Entwicklungsbereiche des DESK 3-6 und der SEU sind thematisch kompatibel. Dies ermöglicht den Vergleich der mittels DESK 3-6 bzw. SEU gewonnenen Daten. Im Rahmen der Evaluation wurden die DESK 3-6-Daten mit Daten der SEU kindbezogen zusammengeführt.

Fragestellungen: Die Doktorarbeit soll zum einen die Prävalenz entwicklungsgefährdeter Kinder sowie die Risikofaktoren für eine Entwicklungsgefährdung im Bereich soziale Entwicklung analysieren. Darüber hinaus wird der zeitliche Verlauf von Entwicklungsgefährdungen im Bereich sozialer Kompetenzen im Zeitraum der Kita, aber auch im Übergang zur Grundschule dargestellt. Letzteres evaluiert gezielt die Wirksamkeit des KiföG M-V in Hinblick auf die Chancengleichheit zum Schulbeginn.

Erste Ergebnisse: Insgesamt ist jedes 10. Kind (9,6%) in den beteiligten Kitas von einer Entwicklungsgefährung im Bereich soziale Entwicklung betroffen (N=539 von 5.595). Weitere 6,2% haben einen fraglichen Befund in ihrer sozialen Entwicklung. Die Ergebnisse unterscheiden sich nach Alter und Geschlecht. Jungen haben signifikant mehr Entwicklungsgefährdungen als Mädchen. Als Risikofaktoren für die soziale Entwicklung der Kindergartenkinder wurde das Geschlecht, eine Entwicklungsgefährdung im Bereich Sprache und Kognition sowie das Vorhandensein einer chronischen Krankheit oder Behinderung identifiziert.

Diskussion: Die hohe Prävalenzrate von Entwicklungsgefährdungen im Bereich soziale Entwicklung zeigt die Relevanz von frühzeitigen Präventionsmaßnahmen. Dafür spielt das Setting Kita eine besonders wichtige Rolle, da die Betreuungsquote der 3-5-Jährigen in M-V mit 95,4% überdurchschnittlich hoch ist (Deutschland: 93,6%). Präventionsmaßnahmen sollten gendersensibel und inklusiv sein sowie die Interaktion verschiedener Entwicklungsbereiche berücksichtigen. Weitere Analysen sollen zeigen, ob das KiföG dazu beiträgt, die Prävalenzrate zu reduzieren und so eine Chancengleichheit zum Schulstart herstellt.

Art der Arbeit: Doktorarbeit
Institut: Institut für Community Medicine, Abteilung Versorgungsepidemiologie und Community Health, Universitätsmedizin Greifswald
Betreuer: Prof. Dr. Wolfgang Hoffmann, MPH
Beginn: August 2016
Voraussichtliches Ende: Mitte 2018