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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten für die Gesundheitsversorgung bei Hochaltrigen – Ergebnisse der AgCoDe-AgeQualiDe-Studie

Meeting Abstract

  • Tobias Luck - Universität Leipzig, Medizinische Fakultät, Leipzig, Germany
  • Birgitt Wiese - Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Germany
  • Horst Bickel - Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, München, Germany
  • Jürgen in der Schmitten - Medizinische Fakultät, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Germany
  • Hans-Helmut König - Hamburg Center for Health Economics, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Germany
  • Siegfried Weyerer - Medizinische Fakultät, Universität Mannheim/Heidelberg, Mannheim, Germany
  • Michael Wagner - Universität Bonn, Bonn, Germany; Forschungszentrum für neurodegenerative Erkrankungen, Bonn, Germany
  • Angela Fuchs - Medizinische Fakultät, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Germany
  • Martin Scherer - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Germany
  • Wolfgang Maier - Universität Bonn, Bonn, Germany; Forschungszentrum für neurodegenerative Erkrankungen, Bonn, Germany
  • Steffi G. Riedel-Heller - Universität Leipzig, Medizinische Fakultät, Leipzig, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP168

doi: 10.3205/17dkvf401, urn:nbn:de:0183-17dkvf4010

Published: September 26, 2017

© 2017 Luck et al.
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Text

Hintergrund: Der Abschluss von Patientenverfügungen (eng. advance directives, Abk. „ADs“) und Vorsorgevollmachten (eng. power of attorney, Abk. „POA“) könnte wesentlich zum Schutz der Autonomie einer Person im Falle von fehlender Entscheidungsfähigkeit in zukünftigen Situationen der Gesundheitsfürsorge beitragen.

Fragestellung: Da solche Situationen naturgemäß mit zunehmendem Alter häufiger auftreten, war Ziel der Studie (i) Informationen über die Häufigkeit von ADs/POA bei Hochaltrigen zu gewinnen und (ii) Faktoren zu identifizieren, die mit dem Abschluss von ADs/POAs in Zusammenhang stehen.

Methode: Datengrundlage bildet die hausarztbasierte AgeCoDe-AgeQualiDe-Studie mit hochaltrigen Studienteilnehmern 85+. Die Berechnung der Häufigkeiten von ADs und POA für die Gesundheitsversorgung erfolgte mit 95% Konfidenzintervallen. Mittels einer multivariaten logistischen Regressionsanalyse wurde der Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein von ADs und POA und den soziodemografischen, kognitiven, funktionalen und gesundheitsbezogenen Merkmalen der Teilnehmer analysiert.

Ergebnisse: Von den 868 teilnehmenden Patienten hatten n=161 Demenz und n=3 waren aus anderen Gründen nicht in der Lage, die Fragen zu beantworten. Von den verbliebenen 704 (81,1%) Studienteilnehmern ohne Demenzerkrankung (Durchschnittsalter=88,7 Jahre; Standardabweichung=3,0) gaben 69,0% (95%-KI=65,6-72,4) an, eine Patientenverfügung zu besitzen und 64,6% (95%-KI=61,1-68,2), eine Vorsorgevollmacht zu haben. Individuelle Merkmale lieferten keine eindeutige Erklärung für die Variabilität beim Vorhandensein/Fehlen von ADs und POA (Regressionsmodell: Nagelkerkes Pseudo-R²=0,034/0,051). Als Begründung für das Fehlen von ADs gab die überwiegende Mehrheit der Patienten an, den Verwandten oder Ärzten zu vertrauen, die richtige Entscheidung für sie zu treffen, falls es notwendig sein sollte (konstatiert von 59,4% und 44,8% der Patienten ohne ADs). Von den Hochaltrigen mit ADs erhielt die Mehrheit Unterstützung bei der Vorbereitung (79,0%), am häufigsten von ihren Kindern/Enkelkindern (38,8%). Bei Patienten mit POA waren Kinder/Enkelkinder ebenfalls die am häufigsten genannte Gruppe der Vertrauenspersonen für den Fall des Inkrafttretens der POA.

Diskussion: Die Ergebnisse weisen auf eine substanziell Verbreitung von Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten bei den Ältesten in Deutschland hin. Einige der Erwachsenen ohne ADs/POA hätten möglicherweise Patientenverfügungen abgeschlossen, wenn sie im Vorfeld besser informiert worden wären oder mehr Unterstützung erfahren hätten.

Praktische Implikationen: Aus oben genanntem Grund wäre es bei der Angebotsplanung von Advanced Care Planning-Programmen für Hochaltrige hilfreich, auf diese besonderen Bedürfnisse zu reagieren und außerdem die einstellungsbezogenen Unterschiede innerhalb dieser Zielgruppe in Betracht zu ziehen.