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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Zukunft der regionalen zahnärztlichen Versorgung

Meeting Abstract

  • Nele Kettler - Institut der Deutschen Zahnärzte, Köln, Germany
  • Nicolas Federico Frenzel Baudisch - Institut der Deutschen Zahnärzte, Köln, Germany
  • David Klingenberger - Institut der Deutschen Zahnärzte, Köln, Germany
  • A. Rainer Jordan - Institut der Deutschen Zahnärzte, Köln, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP135

doi: 10.3205/17dkvf383, urn:nbn:de:0183-17dkvf3836

Published: September 26, 2017

© 2017 Kettler et al.
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Text

Hintergrund: Um die zahnärztliche Versorgung der Bevölkerung langfristig sicherstellen zu können, sind unter anderem Kenntnisse zu den Niederlassungsplänen junger Zahnärztinnen und Zahnärzte erforderlich. Seit 2007 sinkt die Zahl der in eigener Praxis Niedergelassenen stetig; bisher ist nicht absehbar, ob trotz des geänderten Niederlassungsverhaltens der Sicherstellungsauftrag weiterhin flächendeckend gewährleistet werden kann.

Fragestellung: Ziel der Studie war es herauszufinden, (a) wo angehende Zahnärztinnen und Zahnärzte dauerhaft praktizieren wollen (Region und Raum) und (b) in welcher Arbeitsform sie ihre Tätigkeit dort planen (Niederlassung/Anstellung). Darüber hinaus wurde untersucht, (c) wie sich die geografische Herkunft der Zahnmedizinstudierenden auf die Wahl der zukünftigen Arbeitsregion auswirkt.

Methode: Das longitudinale Studiendesign sieht vor, angehende und junge Zahnärztinnen und Zahnärzte zunächst am Ende ihres Studiums zu befragen (Wintersemester 2014/15) und anschließend je zwei Jahre später in ihrer Assistenzzeit (2017) sowie in der Niederlassung oder Anstellung (2019). Für die erste Befragungswelle im Studium wurde ein mixed-methods-Ansatz gewählt. Die Ergebnisse von inhaltsanalytisch ausgewerteten Gruppendiskussionen mit Zahnmedizinstudierenden wurden bei der Entwicklung eines quantitativen Fragebogens genutzt. Mit diesem wurden in einer Vollerhebung alle Studierenden der 30 zahnmedizinischen Fakultäten in Deutschland im 9. und 10. Semester zwischen Dezember 2014 und Februar 2015 befragt. Bei den Fragen nach Beschäftigungsregion und- raum waren Mehrfachantworten zugelassen. Die Ergebnisse wurden mit deskriptiven statistischen Methoden ausgewertet. Signifikanzen wurden mit dem Pearson‘s Chi-Quadrat-Test ermittelt (Signifikanzgrenze p ≤ 0.05).

Ergebnisse: Bei der quantitativen Befragung der Studierenden, auf die sich die Ergebnisse beziehen, wurde eine Ausschöpfungsquote von 69,3 % (n = 1.367 Teilnehmer) erzielt.

(a) Vor allem Süd- und Westdeutschland waren als zukünftige Beschäftigungsregionen beliebt, je 61,2 % und 51,8 % der befragten Studierenden gaben an, sich dort eine dauerhafte Tätigkeit vorstellen zu können. Dagegen erklärten 45,6 %, in Norddeutschland und 23,7 %, in Ostdeutschland arbeiten zu wollen. Nicht nur die Tätigkeit im großstädtischen Raum war bei Teilnehmern beliebt (60,1 %), sondern vor allem der mittelstädtische Raum (81,2 %); aber auch der ländliche Raum (40,5 %) kamen für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer als dauerhafter Arbeitsort in Betracht. Die Präferenzen bezüglich einer Tätigkeit im eher städtischen oder eher ländlichen Raum waren in allen Regionen Deutschlands sehr gleichmäßig verteilt.

(b) Zwischen denjenigen, die niedergelassen und denen, die angestellt arbeiten wollen zeigten sich bei den Angaben sowohl zum gewünschten Beschäftigungsraum - groß- oder mittelstädtisch oder ländlich - als auch zur Beschäftigungsregion - Nord-, Ost- oder Westdeutschland - kaum Unterschiede. Lediglich Süddeutschland wurde von Studierenden mit Niederlassungswunsch gegenüber Studierenden mit Wunsch zur Anstellung häufiger als bevorzugte Beschäftigungsregion angegeben.

(c) Vor allem die eigene Herkunftsregion war bei Studierenden als zukünftiger Arbeitsort sehr beliebt. So waren beispielsweise die ostdeutschen Regionen unter Studierenden, die in Ostdeutschland aufgewachsen sind, für 79,4 % weiterhin sehr attraktiv als Arbeitsregion, während sich nur 18,5 % der in Norddeutschland, 12,3 % der in Westdeutschland und 7,6 % der in Süddeutschland aufgewachsenen Befragten vorstellen konnten, dauerhaft in Ostdeutschland zu arbeiten. Die Beliebtheit der eigenen Herkunftsregion lag in Norddeutschland bei 94,1 %, in Westdeutschland bei 89,5 % und in Süddeutschland bei 96,3 %.

Diskussion: Da einerseits nahezu 80 % aller Befragten angeben, in ihrer Herkunftsregion zahnärztlich tätig sein zu wollen und andererseits neben dem städtischen auch der ländliche Raum als Arbeitsort in Betracht gezogen wird, ist aus den Ergebnissen der Studie heraus zunächst keine ausgeprägte regionale zahnärztliche Unterversorgung zu erwarten. Zu beachten ist jedoch, dass hier individuelle Präferenzen für die Zukunft bekundet werden und das tatsächliche Verhalten im Hinblick auf die räumliche Mobilität abweichen kann.

Praktische Implikationen: Langfristig bleibt zu verfolgen, ob es im Laufe des Berufslebens zu Veränderungen des präferierten Arbeitsorts kommt und inwiefern diese Präferenzen sich mit dem tatsächlich gewählten Arbeitsort decken. So werden in den weiteren Befragungswellen der longitudinalen Studie noch detailliertere Angaben der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu den bevorzugten Bundesländern und Ortsgrößen gemacht. Bekundungen junger Zahnärztinnen und Zahnärzte zu ihrem gewünschten Arbeitsort können bei der Planung der zahnmedizinischen Gesundheitsversorgung helfen, um auch zukünftig eine flächendeckende Versorgung gewährleisten zu können.