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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Neue Methoden zum Vergleich von zwei Gruppen in interventionellen Beobachtungsstudien

Meeting Abstract

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  • Michael Swora - IMVR - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Köln, Germany
  • Holger Pfaff - Humanwissenschaftliche Fakultät und Medizinische Fakultät der Universität zu Köln, Köln, Germany
  • Ute Karbach - IMVR - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Köln, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP053

doi: 10.3205/17dkvf312, urn:nbn:de:0183-17dkvf3121

Published: September 26, 2017

© 2017 Swora et al.
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Hintergrund: Häufig tritt in der statistischen Praxis das Problem auf, die Wirkung einer Intervention im Rahmen eines Experimental-Kontrollgruppen-Designs statistisch nachzuweisen. Hierbei gilt das randomisierte Experiment als der Goldstandard, da dieses beobachtete sowie unbeobachtete Confounder innerhalb der Gruppen zumindest in Erwartung balanciert. Leider sind randomisierten Experimente oft nicht praktikabel. Um dennoch eine Vergleichbarkeit beider Gruppen zu gewährleisten und Selektionsbias zu vermeiden, möchte man für beobachtete Confounder adjustieren. Neben der gewöhnlichen Regressionsadjustierung wird häufig die Propensity Score Methode angewandt, die gewisse Nachteile der Regressionsadjustierung vermeiden möchte. In jüngster Zeit wurden weitere Verfahren zum Umgang mit Selektionsbias entwickelt. Diese haben zum Ziel, die Performance der Propensity Score Methode zu verbessern und somit genauere Schätzungen von Interventionseffekten zu ermöglichen.

Fragestellung: Zielsetzung ist die Beantwortung der Frage, welche statistischen Methoden verfügbar sind, um im genannten Setting Selektionsbias zu minimieren, unter besonderer Berücksichtigung neu entwickelter Methoden. Weiterhin stellt sich die Aufgabe, die Vor- und Nachteile der verfügbaren Verfahren gegenüberzustellen. Ergänzend ist zu beantworten, inwieweit diese neu entwickelten Methoden in der Versorgungsforschung genutzt werden.

Methode: Im Rahmen eines narrativen Reviews wurde eine Literaturrecherche zu existierenden Methoden zur Korrektur von Selektionsbias durchgeführt. Es wurden Methoden eingeschlossen, die darauf abzielen, einen kausalen Behandlungseffekt im Experimental-Kontrollgruppen Design zu quantifizieren, mit besonderem Augenmerk auf Verfahren, die die bisherige Propensity Score Technik weiterentwickeln. Gesucht wurde bei Google Scholar und Science.gov. Desweiteren wurde eine Cross-Reference Suche durchgeführt. Bisherige Ergebnisse zur Performance der gefundenen Methoden wurden begutachtet. Weiter wurden verschieden Eigenschaften der Verfahren verglichen, um eine Einschätzung ihrer Vor- und Nachteile zu ermöglichen.

Ergebnisse: Im Rahmen der Literaturrecherche wurden 8 Methoden gefunden. Neben der gewöhnlichen Regressionsadjustierung und der bekannten Gruppe der Propensity Score Verfahren fanden sich neue Methoden zur Korrektur von Selektionsbias. Diese lassen im Allgemeinen in Monte Carlo Studien eine Überlegenheit zur gewöhnlichen Propensity Score Technik erkennen. Zudem sind sie meist einfacher zu handhaben, da die bisher notwendige Iteration zwischen der Spezifikation des Propensity Scores und der Überprüfung der erzielten Balance vermieden wird. Diese Methoden werden jedoch in der Versorgungsforschung bislang wenig genutzt. Zusätzlich fanden sich aktuelle Forschungsergebnisse zur richtigen Durchführung unterstützender Analysen wie zum Beispiel die Evaluation der erzielten Balance, die korrekte Auswahl der zu adjustierenden Variablen oder die Durchführung einer Sensitivitätsanalyse. Diese werden in der Praxis ebenfalls häufig nicht angemessen beachtet.

Diskussion: Die gefundenen neuen Methoden beinhalten zusammen mit einer adäquaten Durchführung unterstützender Analysen die Möglichkeit, genauere Forschungsergebnisse in der Versorgungsforschung zu erhalten. Diese sind jedoch hinsichtlich ihrer Performance nur durch wenige empirische Studien untersucht, sodass hierzu zusätzliche Forschung notwendig ist. Außerdem ist es möglich, das daneben noch weitere für die Versorgungsforschung relevante Verfahren existieren, welche durch die Literaturrecherche nicht gefunden wurden.

Um weitere Erkenntnisse zur Performance der gefundenen Methoden zu erlangen, werden im Rahmen einer Doktorarbeit die vielversprechenden Verfahren Covariate Balancing Propensity Scores und das noch wenig untersuchte Kernel Balancing durch eine Monte Carlo Studie miteinander verglichen, zusammen mit der Propensity Score Gewichtung und der normalen Regressionsadjustierung. Besonderes Augenmerk liegt auf der bislang nicht empirisch untersuchten Frage, wie für die beiden neuen Verfahren korrekte Konfidenzintervalle berechnet werden können. Abschließend werden die untersuchten Methoden auf zwei hochrelevante Studien der Versorgungsforschung angewandt.

Praktische Implikationen: Es ist von großer Wichtigkeit, angewandte Forscher bei der Auswertung von nichtrandomisierten Interventionsstudien für eine angemessene Methodik zu sensibilisieren. Auch neuere Verfahren sollten hierbei in Erwägung gezogen werden, wodurch bei versorgungswissenschaftlichen Studien möglicherweise ein höherer Evidenzgrad erzielt werden kann.