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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Internationale Modelle zur Langzeitversorgung tracheotomierter Patienten mit intensivem Versorgungsbedarf – Erkenntnisse aus einem Scoping Review

Meeting Abstract

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  • Johanna Erlbeck - Charité-Universitätsmedizin Berlin CC1, Berlin, Germany
  • Michael Ewers - Charité-Universitätsmedizin Berlin CC1, Berlin, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP038

doi: 10.3205/17dkvf299, urn:nbn:de:0183-17dkvf2993

Published: September 26, 2017

© 2017 Erlbeck et al.
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Hintergrund: Die Zahl der in ambulanten Settings versorgten tracheotomierten Patienten steigt. Aufgrund ihrer komplexen Problem- und Bedarfslagen benötigen diese Patienten eine qualifizierte, multiprofessionelle Langzeitversorgung. Diese stellt hohe Anforderungen an die klinische Expertise der einbezogenen Gesundheitsprofessionen, die fallbezogene Zusammenarbeit der verschiedenen Leistungserbringer aus unterschiedlichen Sektoren und Organisationen sowie deren Koordination und Ergebnisorientierung im Versorgungsalltag. Offen ist, welche Versorgungsmodelle geeignet sind, um diesen hohen Anforderungen gerecht zu werden.

Fragestellung: Gefragt wurde, wie tracheotomierte, beatmete und nicht beatmete Patienten unterschiedlichen Alters mit intensivem Versorgungsbedarf international versorgt werden. Ferner war von Interesse, ob in der Literatur bereits einschlägige Versorgungsmodelle beschrieben sind, ob es Erfolgsindikatoren gibt und welche Erkenntnisse dazu vorliegen sowie ob es Modelle gibt, die als Anregung für Deutschland dienen können.

Methode: Mit dem Ziel einer ersten Annäherung wurde ein Scoping Review durchgeführt, orientiert an den Vorgaben von Arksey & O‘Malley (2005) und Levac (2010). Die Recherche wurde in einem iterativen Prozess in den Datenbanken Pubmed und CINAHL durchgeführt, zusätzlich wurde in Leitlinienregistern, Verzeichnissen einschlägiger Referenzliteratur und öffentlichen Onlinesuchmaschinen recherchiert. In die Auswertung einbezogen wurden deutsch- und englischsprachige Quellen ab dem Jahr 2000, die sich mit Aspekten der sektoren-, organisations- und professionsübergreifenden Versorgung der interessierenden Patientengruppe befassen. Relevante Informationen wurden mittels eines Rasters exzerpiert und thematisch kategorisiert aufbereitet. Ausgeschlossen wurden Quellen zu Einzelaspekten der medizinischen, pflegerischen oder therapeutischen Behandlung sowie solche mit Fokus ausschließlich auf die stationäre Versorgung.

Ergebnisse: Zur Langzeitversorgung tracheotomierter Patienten mit und ohne Beatmung werden in der Literatur zahlreiche Modelle beschrieben, die jedoch vorwiegend aus Kliniken heraus gesteuert werden. Eine prioritär häusliche Versorgung, wie sie in Deutschland favorisiert wird, ist selten zu finden. Regelhaft sind mehrere Professionen in wechselnder Konstellation in das Versorgungsteam eingebunden. Dazu gehören v.a. verschiedene Facharztgruppen, Atmungs- und Physiotherapeuten, Logopäden, Medizintechniker und hochschulisch qualifizierte Pflegende – häufig mit erweiterten Kompetenzen. Zumeist sind die Modelle entweder für die Versorgung von Kindern oder von Erwachsenen und häufig indikationsspezifisch ausgerichtet. Sie existieren landesweit oder als regionale Initiativen. Die in den Programmen genutzten Interventionen unterscheiden sich in Art und Frequenz. Häufig beschrieben werden Maßnahmen der Fall- und Versorgungssteuerung, Aufgaben in der Patienten- und Angehörigenedukation sowie in der Umsetzung von Kontrolluntersuchungen. Insbesondere in dünn besiedelten Regionen werden zunehmend Telemonitoring und -konsultationen integriert.

Diskussion und praktische Implikationen: Die derzeit für die Versorgung der hier interessierenden Patientengruppe in der Literatur beschriebenen Modelle basieren überwiegend auf Expertenkonsens und Best Practice Statements. Häufig genutzte Indikatoren für die Bewertung sind Dekanülierungs- und Rehospitalisierungsraten, ökonomische Faktoren sowie die subjektiv empfundene Lebensqualität und Zufriedenheit der Patienten mit der Versorgung. Als problematisch erweist sich, dass die Versorgungsmodelle selten umfassend beschrieben werden, auch fehlt es oftmals an Evaluationsergebnissen, die eine Einschätzung ihrer Tragfähigkeit und Wirksamkeit erlauben. Ungeachtet dessen bietet die Sichtung internationaler Modelle interessante Anregungen für die (Weiter-)Entwicklung patientenzentrierter und multiprofessioneller Versorgungsmodelle für diese spezielle Patientengruppe in Deutschland.