gms | German Medical Science

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Versorgungsforschung zum neuen Krankenhausentlassmanagement nach § 39 Abs. 1a SGB V: Empirische Analyse zur Umsetzung und Problematik aus Sicht des niedergelassenen Sektors

Meeting Abstract

Search Medline for

  • Katrin Eder - TU Berlin, Berlin, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP014

doi: 10.3205/17dkvf277, urn:nbn:de:0183-17dkvf2778

Published: September 26, 2017

© 2017 Eder.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Krankenhäusern ist es bisher untersagt gewesen, Verordnungen oder AU-Bescheinigungen kassenpflichtig auszustellen. Ein Patient, der am Wochentag aus dem Krankenhaus entlassen wird ist für eine weitere medikamentöse Behandlung gezwungen, sich bei seinem Hausarzt vorzustellen. Aber gerade bei älteren oder multimorbiden Patienten kann das zum Problem werden. Versorgungsbrüche in der Arzneimitteltherapie sind die Folge, was wiederum den Heilungsverlauf des Erkrankten negativ beeinflusst. Daher ist es wichtig, eine durchgehende Versorgung aller Patienten zu sichern.

Der Gesetzgeber entwickelte dafür das neue Krankenhausentlassmanagement, welches die Versorgungslücke an der Schnittstelle stationär – ambulant schließen soll. Ab Juli 2017 dürfen die Krankenhäuser Arzneimittel für einen Zeitraum von bis zu 7 Tagen oder auf Grundlage einer Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß der Packungsgrößenverordnung verordnen. Um diese Vorgabe umzusetzen, wurde die Arzneimittelrichtlinie geändert und die DKG, die KBV und GKV-Spitzenverband haben einen durch das Schiedsamt festgesetzten Rahmenvertrag geschlossen. .

Aufgrund der hohen Bedeutung des neu eingeführten Entlassmanagement für die künftige Gesundheitsversorgung der Patienten, beschäftigt sich die empirische Untersuchung zur Versorgungsforschung mit dieser Thematik. Die vorliegende Untersuchung ist eine wissenschaftliche Forschungsarbeit der Technischen Universität Berlin, an der Fakultät für Wirtschaft und Management, in Zusammenarbeit mit der Sanofi Aventis Deutschland GmbH. Die Untersuchung widmet sich der Fragestellung welchen Einfluss das neue Krankenhausentlassmanagement auf die Verordnung von Arzneimitteln hat, welche „Umsatzeffekte“ am Beispiel der Thromboseprophylaxe z.B. mit niedermolekularem Heparin zu erwarten sind und welche Informationen die Krankenhausärzte benötigen, um Verordnungen nach den Regeln des ambulanten Sektors (AM-RL, Rabattverträge etc.) ausstellen zu können.

Um die Entwicklung, die Umsetzungsproblematik und die Auswirkungen auf die Versorgung darzustellen, gliedert sich das Forschungsvorhaben in drei Teile. Der erste, deskriptive Teil beschreibt die Entstehung und Entwicklung des neuen Krankenhausentlassmanagement. Dies beinhaltet die Analyse der Schnittstellenproblematik am Übergang stationär zu ambulant und die Ausarbeitung der gesetzlichen Grundlagen, die zur Entstehung des aktuellen Krankenhausentlassmanagement beigetragen haben.

Der zweite Teil diskutiert die Schnittstelle stationär zu ambulant aus der Sicht des niedergelassenen Bereichs. Dort kann es aufgrund einer potentiell fehlenden Informationsübermittlung vom Krankenhausarzt zum Hausarzt zu Behandlungsbrüchen und Lücken in der medikamentösen Versorgung kommen. Auch können durch das neue Entlassmanagement eine Reihe weiterer Probleme hinzukommen. Wie ist beispielsweise bei der Ausstellung eines falschen Rezeptes zu verfahren? Wie erfolgt die Vergütung der Entlassrezepte? In welchem Verhältnis steht die jetzige Möglichkeit der Mitgabe zu den Verordnungen im Rahmen des Krankenhausentlassmanagements?

Im letzten Teil erfolgt eine Szenarienanalyse für das neue Entlassmanagement an einem konkreten Anwendungsbeispiel, der Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin. In mehreren Expertengesprächen wird der Einfluss des Krankenhausentlassmanagements auf die Versorgung an diesem konkreten Beispiel diskutiert. Die Erörterung des Beispiels erfolgt unter zusätzlicher Betrachtung der S3-Leitlinie „Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE)“. Konkrete Indikationen in diesem Beispiel sind zunächst der „gefäßchirurgischer Eingriff im Bauch- Beckenbereich“, wo die Behandlung durch eine Verordnung abgeschlossen werden kann, und weiterhin die „Hüftgelenkendoprothetik und hüftgelenknahe Frakturen und Osteotomien“, wo mehrere Verordnungen zur Umsetzung der Thromboseprophylaxe nötig sind. In den Ergebnissen werden mögliche Preiseffekte für die Patienten, Leistungserbringer und Krankenkassen dargestellt und deren Auswirkung auf die Versorgung erläutert.

Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich von November 2016 bis April 2017. Für die Expertengespräche werden Personen aus der Arzneimittelberatung verschiedener KVen, dem GKV-Spitzenverband, aus einem Verbund von niedergelassenen Ärzten, welcher bereits Verträge zur Verbesserung der sektorübergreifenden Versorgung geschlossen hat, und aus dem Krankenhaus, für die Sichtweise des stationären Sektors, ausgewählt. Es ist zu erwarten, dass das neue Entlassmanagement eher zögerlich umgesetzt wird, da eine Vielzahl von neuen Standards und internen Abläufen erst integriert werden muss. Dennoch bietet die Verordnung im Rahmen des Entlassmanagements das Potential, die Versorgungslücke zu schließen, besonders dann, wenn die Therapie dadurch abgeschlossen werden kann. Hierbei handelt es sich um eine These, die tatsächliche Situation aus den Expertengesprächen liegt erst im Oktober vor, wenn die Versorgungsforschungsstudie abgeschlossen ist.