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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

MundPflege – Mundgesundheit bei Pflegebedürftigen

Meeting Abstract

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  • Cordula Schmelzer - BKK Dachverband e.V., Berlin, Germany
  • Thomas Kalwitzki - Universität Bremen, Bremen, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP009

doi: 10.3205/17dkvf272, urn:nbn:de:0183-17dkvf2728

Published: September 26, 2017

© 2017 Schmelzer et al.
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Hintergrund: 2,9 Millionen pflegebedürftige Menschen gab es Ende 2015 mit steigender Tendenz. Sie benötigen Hilfe bei regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, wozu auch die Mund- und Prothesenpflege gehören. So steigen etwa die Anforderungen an effektive und effiziente Maßnahmen für eine gute Mundgesundheit pflegebedürftiger Menschen. Gemäß internationaler und nationaler Studien kann bisher nicht von einer bedarfsgerechten Versorgung ausgegangen werden. Zudem belegte die Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie des Instituts der Deutschen Zahnärzte eine verminderte Mundhygienefähigkeit bei etwa einem Drittel sowie eine verminderte Eigenverantwortung etwa bei der Vereinbarung von Zahnarztbesuchen bei etwa zwei Drittel der Menschen mit Pflegebedarf. Zahnärzteschaft, Pflege und GKV stellen sich dieser Herausforderung und erproben eine neue Versorgungsform, um eine nachhaltige Verbesserung der Mundgesundheit ambulant pflegebedürftiger Menschen zu erreichen.

Fragestellung: Wie kann Mundgesundheit ambulant versorgter pflegebedürftiger Personen verbessert werden? Welche Chancen bestehen in diesem Zusammenhang eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Zahnärzten, fortgebildeten Zahnmedizinischen Fachangestellten, Pflegekräften und pflegenden Angehörigen? Die mundgesundheitsbezogene Lebensqualität soll gestärkt werden, die unter anderem durch Schmerzfreiheit, die Fähigkeit zum adäquaten Zerkleinern und Schlucken der Nahrung, zum Sprechen und somit zur sozialen Teilhabe bestimmt wird. Erreicht werden soll das Ziel durch eine konzeptionelle und bedarfsgerechte Weiterentwicklung der zahnmedizinischen Versorgung, die den ambulant versorgten Pflegebedürftigen zugehend und aufsuchend niedrigschwellige präventive Leistungen im eigenen Wohnumfeld zugänglich macht. Zudem soll eine qualitative Verbesserung der täglichen Mund- und Prothesenhygiene durch individuelle Schulungsmaßnahmen unter Einbezug der Pflegepersonen erreicht werden.

Methode: Praktisch wird das Projekt “MundPflege“ als zugehenden Versorgung in den Regionen Bremen und Niedersachsen wie folgt umgesetzt: Erstens wenden sich die beteiligten Betriebskrankassen pro-aktiv an ambulant Pflegebedürftige und informieren sie sowie ihre Pflegepersonen über die neuen Versorgungsleistungen. Zweitens sucht der Zahnarzt zusammen mit der in geriatrischer Zahnmedizin fortgebildeten Zahnmedizinischen Fachangestellten den Pflegebedürftigen in der Häuslichkeit auf. Während des ersten Besuchstermins erfolgt eine Erstbefundung und Erhebung des Gesundheitszustands durch den Zahnarzt. Behandlungen erfolgen sofern möglich direkt während des Besuchstermins. Für Leistungen, die nicht direkt erbracht werden können, wird ein Folgetermin in der Häuslichkeit, ambulant in der Zahnarztpraxis oder unter stationären Bedingungen, vereinbart. Drittens wird zusätzlich innerhalb von 14 Tagen ein Folgetermin in der Häuslichkeit vereinbart, an dem fortgebildete Zahnmedizinische Fachangestellte unter Einbezug der Pflegeperson des Versicherten, eine individuelle bedarfsgerechte Aufklärung und Schulung zur Verbesserung der Mundgesundheit sowie Mund- und Prothesenpflege und weitere prophylaktische Leistungen unter Einhaltung des Delegationsrahmens erbringen. Das Projekt wird evaluiert anhand einer zweiarmigen randomisierten kontrollierten Studie sowie einer BKK-Routinedatenanalyse.

Ergebnisse: Auf Basis fachlich und wissenschaftlich begründeter Projektergebnisse soll eine versorgungspolitische Weichenstellung erreicht werden. Es werden Empfehlungen über Maßnahmen zur Verbesserung der Mundgesundheit pflegebedürftiger Menschen herausarbeiten und zur Gestaltung der Versorgung gerichtet an den Gemeinsamen Bundesausschuss, zur konkreten Ausgestaltung bzw. Anpassung der Richtlinie nach § 22a SGB V oder an den Gesetzgeber als Grundlage für strukturelle Veränderungen des gesetzlichen Rahmens.

Diskussion: Die Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie des Instituts der Deutschen Zahnärzte belegte eine verminderte Mundhygienefähigkeit sowie eine verminderte Eigenverantwortung etwa bei der Vereinbarung von Zahnarztbesuchen bei Menschen mit Pflegebedarf. Die Evaluation des Projekts soll wissenschaftliche Belege für die Effektivität der neuen Versorgungsform liefern.

Praktische Implikationen: Ist das Projekt erfolgreich, soll es in die Regelversorgung übergehen. Die dann bereits erprobten und evaluierten Leistungen wären somit grundsätzlich offen für alle Krankenkassen und deren Versicherte.