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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Verlagerungseffekte zwischen stationärem und ambulantem Sektor

Meeting Abstract

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  • Joachim Heuer - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP086

doi: 10.3205/17dkvf242, urn:nbn:de:0183-17dkvf2428

Published: September 26, 2017

© 2017 Heuer.
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Hintergrund: Medizinischer Fortschritt und Veränderungen in den ärztlichen Versorgungsstrukturen ziehen eine veränderte Arbeitsteilung zwischen niedergelassenen Ärzten und akutstationären Krankenhäusern nach sich. Zunehmend erbringen auch ambulant tätige Ärzte medizinische Leistungen, die bisher einen stationären Aufenthalt erforderten – etwa die Dialyse oder Linsenoperationen am Auge. Hieraus resultiert eine Verlagerung von Leistungen aus dem stationären in den ambulanten Versorgungssektor, der „neue“ Leistungen im ambulanten Bereich generiert.

Fragestellung: Neben einer Darstellung des Volumens und der Art stationsersetzender Leistungen im Zeitverlauf soll darüber hinaus analysiert werden, ob mit zunehmendem Volumen stationsersetzender Leistungen auch eine Abnahme von stationären Leistungsmengen erkennbar ist.

Methode: Aus dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab wurden 4234 Gebührenordnungspositionen (GOP) als stationsersetzende Leistungen ausgewählt. Dies sind zum einen a-priori ab Beginn des Untersuchungszeitraums neu eingeführte Leistungen im EBM sowie ambulant durchführbare Operationen und sonstige stationsersetzende Eingriffe gemäß §115b SGB V und darüber hinaus auf Basis einer theoretischen Erörterung als potentiell stationsersetzend deklarierte Leistungen. Der Umfang stationsersetzender vertragsärztlicher Leistungen wird berechnet aus dem Leistungsbedarf, also der Honoraranforderung der Praxen an die Kassenärztliche Vereinigung. Die Korrelation zwischen dem ambulanten Leistungsbedarf stationsersetzender/neuer GOPs und stationären Belegungstagen ambulant sensitiver Krankenhausfälle gibt Hinweise auf Verlagerungseffekte, wenn ein Rückgang von Belegungstagen ambulant sensitiver Krankenhausfälle gefunden wird bei gleichzeitig ansteigendem Leistungsbedarf stationsersetzender/neuer GOPs.

Ergebnisse: Die Zahl der Behandlungen, die ambulant statt stationär durchgeführt werden, ist im Untersuchungszeitraum messbar und deutlich angestiegen. Vergleicht man die Jahre 2011 und 2013 ergeben sich Veränderungen beim Leistungsvolumen insofern, als Leistungsbedarf aus stationsersetzenden/neuen Leistungen in allen vertragsärztlichen Praxen demografiebereinigt ansteigt und Belegungstage ambulant-sensitiver Krankenhausfälle entsprechend leicht rückläufig sind. Ohne Demografiebereinigung steigen sowohl Leistungsbedarf aus stationsersetzenden/neuen Leistungen in vertragsärztlichen Praxen als auch Belegungstage ambulant-sensitiver Krankenhausfälle.

Die ausgewählten ambulant abgerechneten GOP sind im engeren Sinn stationsersetzend anzusehen, wie GOP zu Dialysepauschalen, Hausärztlich-geriatrischer Betreuungskomplex, Zusatzpauschale Koloskopie, sowie intraoculare oder dermatochirurgische Eingriffe wie auch humangenetische Leistungen.

Der ambulante Leistungsbedarf dieser GOP für die Jahre 2011 und 2013 steigt im Mittel aller Kreise rund 4 % an bei einem Anstieg der Belegungstage ambulant sensitiver Krankenhausfälle von 3,5 % (rohe Rate). Ein Trend, der als Hinweis auf einen Verlagerungseffekt angesehen wird, wird bei demografiebereinigten Raten gefunden. Bei einem 2,6 % höheren ambulanten Leistungsbedarf stationsersetzender/neuer GOP ergibt sich im gleichen Zeitraum ein Rückgang der Belegungstage ambulant sensitiver Krankenhausfälle von 0,2 %.

In rund einem Drittel der Kreise wird demografiebereinigt eine steigende Rate des ambulanten Leistungsbedarfs im engeren Sinn stationsersetzender GOP bei rückläufigen Belegungstagen ambulant sensitiver Krankenhausfälle von 2011 bis 2013 berechnet.

Die Korrelation mittelbar stationsersetzender Leistungen in Form der Pauschalen fachärztlicher Grundversorgung im Vergleich zum Trend stationärer Belegungstage als Konstellation „mittlerer ambulanter Leistungsbedarf je Einwohner aus Pauschalen fachärztlicher Grundversorgung überdurchschnittlich hoch und Belegungstage je Einwohner unterdurchschnittlich“ wird lediglich in 33 von 402 Kreisen gefunden.

Diskussion: Von dem entwickelten Studienplan sind hier die Ergebnisse zum Fachgruppenmittel der ausgewählten Leistungen dargestellt. Eine Fortführung könnte darin bestehen, den mittleren Leistungsbedarf der Behandlungsfälle je Fachgruppe darzustellen, für den mindestens eine der ausgewählten Leistungen abgerechnet wurde, der sich somit aus dem Leistungsbedarf der ausgewählten GOP sowie allen übrigen GOP zusammensetzt, die für diese Fälle abgerechnet wurden. Der mittlere Leistungsbedarf stationsersetzender Fälle (ggf. mit neuen Leistungen) könnte mit dem mittleren Leistungsbedarf aller Fälle je Fachgruppe verglichen werden, um zu erkennen, ob dieser relevant abweicht. Diese Fortführung wäre in einer zukünftigen Arbeit zu leisten.

Praktische Implikationen: Die hier definierte Auswahl stationsersetzender und neu eingeführter Gebührenordnungspositionen könnte verwendet werden, um davon ausgehend in anderen Datenbasen deren Umfang und zeitlichen Verlauf des Leistungsbedarfs aus diesen GOP darzustellen.