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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Last Year of Life in Cologne (LYOL-C) – Ein Teilprojekt des Cologne Research and Development Network

Meeting Abstract

  • Gloria Hanke - Uniklinik Köln, Köln, Germany
  • Nicolas Schippel - Universität zu Köln, Köln, Germany
  • Julia Strupp - Uniklinik Köln, Köln, Germany
  • Christian Rietz - Universität zu Köln, Köln, Germany
  • Raymond Voltz - Universitätsklinikum Köln, Köln, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP249

doi: 10.3205/17dkvf170, urn:nbn:de:0183-17dkvf1703

Published: September 26, 2017

© 2017 Hanke et al.
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Text

Hintergrund: Das Lebensende geht für die meisten Menschen mit vielfältigen Belastungen einher, die in unterschiedlichem Maße das Wohlbefinden des Einzelnen beeinflussen und zum subjektiv erlebten Leid beitragen können. Neben einer Vielzahl belastender körperlicher Symptome, die meist mit einer primären fortgeschrittenen Erkrankung zusammenhängen, erfahren Personen am Lebensende auch unterschiedlichste psychosoziale Belastungen und existentielles Leid, wie z.B. Ängste bei der Auseinandersetzung mit Themen zu Sterben und Tod. Insbesondere im letzten Lebensjahr sind die Versorgungsverläufe durch große Unruhe gekennzeichnet, da häufig unterschiedliche medizinische und soziale Einrichtungen frequentiert werden müssen. Valide Daten zu den Versorgungsverläufen und -übergängen dieser als besonders vulnerabel einzustufenden Patientengruppe fehlen bisher.

Fragestellung: Das Projekt LYOL-C erforscht indikationsunspezifisch das letzte Lebensjahr von in Köln verstorbenen erwachsenen Patientinnen und Patienten. Dabei werden die Versorgungsleistungen, Anzahl und Gründe für Wechsel zwischen den Versorgern sowie Auswirkungen auf die Patientinnen und Patienten untersucht.

Methode: Die Datensammlung erfolgt anhand eines mixed methods-Ansatzes. i) Routinedaten verschiedener gesetzlicher Krankenkassen werden analysiert. Anhand der Daten ist eine Vollerhebung aller Verstorbenen der teilnehmenden Kassen möglich mit einer Abdeckung von ca. 55 % der Kölner Bevölkerung. ii) Mittels Fragebogen wird die Versorgung im letzten Lebensjahr aus Perspektive der Angehörigen und Nahestehenden (n=400) einer in Köln verstorbenen Person analysiert. Die Rekrutierung erfolgt in Kooperation mit Partnern aus der Kölner Versorgungspraxis (u.a. Palliativ- und Hospiznetzwerk, Patientenvertreter, Hausarztpraxen, Pflegeeinrichtungen, Kirche) und durch Anzeigen in digitalen sowie Printmedien. Eingesetzt wird ein postalisch zu verschickender Fragebogen, der sich aus einer deutschen validierten Version des VOICES (Views of Informal Carers – Evaluation of Services), Items einer adaptierten Version des PACIC (Patient Assessment of Chronic Illness Care) sowie eigenen Items zusammensetzt. Die Datenauswertung erfolgt mit SPSS. iii) Mit einer Teilpopulation (n=40-60) der befragten Angehörigen und Nahestehenden werden qualitative, leitfadengestützte Interviews geführt. Das Sampling erfolgt anhand der in Phase (i) und (ii) analysierten häufigsten Versorgungsverläufe, Sterbeort, Diagnose, Wohnsituation, Alter und Geschlecht. Die Datenauswertung lehnt sich an Fisseni an und folgt Flicks qualitativer Inhaltsanalyse. iv) Qualitative Fokusgruppen (n=3-5) werden mit Leistungserbringern zur Versorgung im letzten Lebensjahr durchgeführt, um z.B. Herausforderungen in der Versorgung zu diskutieren. Absichtsvolles Sampling wird angewandt. Durchgeführt werden die Fokusgruppen in Kooperation mit dem CoRe-Net-Teilprojekt OrgValue. Das Software-Programm MAXQDA wird für die qualitative Datenauswertung (Phase iii und iv) verwendet und unterstützt die systematische Auswertung und Interpretation von Interviewtranskripten.

Ergebnisse: Es werden die Versorgungsverläufe im letzten Lebensjahr von in Köln verstorbenen erwachsenen Personen retrospektiv dargestellt. Die generierten Daten umfassen Angaben zu: Versorgungsort, Anzahl und Wechsel zwischen Versorgern, Kommunikation zu Themen am Lebensende, interdisziplinäre Zusammenarbeit, Versorgung in den letzten Lebensmonaten, Sterbeort und -phase, Wünsche und Wohlbefinden der Patientinnen und Patienten, Qualität der Versorgung. Des Weiteren sollen Optimierungsmöglichkeiten zur z.B. Modifikation von Behandlungsabläufen, Transparenz bei Versorgungsübergängen, Verringerung von Belastungen für die Patientinnen, Patienten und Angehörigen sowie zur nutzenorientierten (value-based) Ausnutzung der Ressourcen aufgezeigt werden.

Diskussion: Der Faktencheck für Gesundheit der Bertelsmann-Stiftung 2015 stellte bereits heraus, dass Versorgungsstrukturen großen Einfluss auf den Sterbeort haben und nur jeder dritte Sterbende eine notwendige Palliativversorgung erhält. Auch demonstrierten zahlreiche Studien bei Einbezug palliativmedizinischer Versorgung konsistent eine Kostenersparnis. Mit der vorliegenden Studie wird zum ersten Mal in Deutschland die Versorgung von Patientinnen und Patienten im gesamten letzten Lebensjahr dargestellt. Die Stadt Köln ist dabei repräsentativ für die Versorgung in deutschen Ballungszentren.

Praktische Implikationen: LYOL-C betrachtet insbesondere auch jene Menschen, die keine Versorgung durch Hospiz- und Palliativdienste erhielten. Die Erkenntnisse zur Versorgungs- und Lebensqualität können dazu beitragen, Menschen im letzten Lebensjahr eine an ihren Bedürfnissen orientierte Behandlung und Betreuung zu ermöglichen bei der sie im Mittelpunkt stehen.