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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Ambulante Versorgungsqualität messen, berichten und verbessern- ein internationaler Vergleich

Meeting Abstract

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  • Elke Berger - Technische Universität Berlin, Berlin, Germany
  • Alexander Geissler - Technische Universität Berlin, Berlin, Germany
  • Wilm Quentin - Technische Universität Berlin, Berlin, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocV076

doi: 10.3205/17dkvf140, urn:nbn:de:0183-17dkvf1403

Published: September 26, 2017

© 2017 Berger et al.
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Hintergrund: Qualitätsinformationen in der medizinischen Versorgung können einen wichtigen Beitrag zur Qualitätsförderung leisten, indem bereits die Messung und Erwartung der Veröffentlichung eine bessere Behandlung mit sich bringen kann (Berwick et al. 2003). Zum anderen wird bei der Veröffentlichung von Qualitätsinformationen eine Ex-post-Systemverbesserung angenommen, da diese zur Identifizierung von Schwachstellen beitragen und interne Qualitätsverbesserungen anregen kann (ebd.). Zuletzt dienen transparente Qualitätsinformationen auch einer Angebotsselektion durch Patienten/ Zuweiser (Marshall et al. 2000), wobei das zwar die anderen Wirkungspfade fördern kann, aber keine Voraussetzung darstellt. In anderen Ländern nimmt die Messung sowie externe Darlegung der Versorgungsqualität und daraus resultierende Konsequenzen eine zentrale Rolle ein (Kelley & Hurst 2006), während in Deutschland etablierte Verfahren eher auf die interne Qualitätstransparenz ausgerichtet sind.

Fragestellung: Ziel der Studie ist es, international Erfahrungen hinsichtlich der Messung und Darlegung von Qualität in der ambulanten Versorgung zu erfassen, vergleichend darzustellen und mögliche Implikationen für Deutschland herauszuarbeiten. Dabei sollen folgende Fragen beantwortet werden: (1) In welchem Umfang und mit welcher Zielsetzung werden Instrumente zur Qualitätsdarlegung in anderen Ländern genutzt? (2) Wie wird die Qualität gemessen und wie werden die Ergebnisse zur Qualitätsentwicklung eingesetzt? (3) Welche Faktoren tragen zu einem Erfolg hinsichtlich des Entwicklungsstandes, der Durchdringungstiefe und des Zielerreichungsgrades bei?

Methode: Für die fragebogenbasierte Untersuchung wurden internationale Experten aus insgesamt neun Ländern (Australien, England, Estland, Israel, Frankreich, Niederlande, Schweden, Schweiz und den USA) rekrutiert. Der Länderauswahl lagen auf einer Literaturrecherche basierende Kriterien zugrunde, z.B. Erfahrungen in der Nutzung von Instrumenten zur Qualitätsdarlegung. Zur vergleichenden Analyse der Initiativen wurde ein Schema entwickelt, das die wichtigsten Aspekte der Versorgungsqualität (Sicherheit, Responsiveness, Effektivität) in den Bereichen der präventiven, kurativen und palliativen Versorgung sowie der Behandlung chronisch Kranker umfasst und diese mit den Dimensionen der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität vereint.

Ergebnisse: Die meisten der Qualitätsinitiativen sind auf die Primärversorgung ausgerichtet und zielten auf deren Stärkung ab. International zeigen sich viele Erfahrungswerte bei der Messung von Qualität. Dabei variiert die Bandbreite der Qualitätsindikatoren, die zumeist im Bereich der Effektivität angesiedelt sind und chronische Erkrankungen betreffen. Insgesamt finden Patientenperspektive (z.B. über Patient-Reported-Experience-Measures) und der Aspekt der Sicherheit zu wenig Beachtung, wohingegen Präventionsindikatoren (z.B. Impfraten) häufiger angewendet werden. Die Darstellung der Qualität erfolgt in vielen der Vergleichsländer auf Ebene einzelner Ärzte/ Praxen (z.B. England, Estland, Niederlande, Schweden). Mit Ausnahme von Australien werden Qualitätsinformationen zudem für internes Feedback genutzt. Als Konsequenz aus der Qualitätsmessung kommt oftmals eine qualitätsbezogene Vergütung zum Einsatz, deren Einführung stets in Verbindung mit einer Budgetsteigerung stand. Zudem findet Qualität bei Vertragsverhandlungen, beim Leistungseinkauf und in der Allokation von Mitteln international eine starke Berücksichtigung. Die Studienlage hinsichtlich der Effekte der Initiativen hinsichtlich einer verbesserten Versorgungsqualität ist inkonsistent, gibt aber wichtige Hinweise auf zu beachtende Aspekte.

Diskussion: In Deutschland existierende Indikatoren zur Messung der ambulanten Versorgungsqualität (z.B. AQUIK) befinden sich im internationalen Vergleich im Mittelfeld und heben sich mitunter sogar positiv ab. Dahingegen ist der Aggregationsgrad veröffentlichter Qualitätsinformationen vergleichsweise hoch, was dem zunehmenden Bewusstsein für Qualitätsinformationen und deren Nutzung zur Entscheidungsfindung auf Seiten der Patienten und Leistungsanbieter (Emmert 2013) widerspricht. Vereinzelte Initiativen umfassen bisher nur einen bestimmten Versichertenkreis oder Strukturdaten und unterliegen zum größten Teil keiner Validierung (Emmert 2012). Im Hinblick auf Konsequenzen aus der Versorgungsqualität besteht in Deutschland noch deutliches Verbesserungspotential, etwa über eine stärkere Nutzung von Selektiverträgen.

Praktische Implikationen: Internationale Ansätze zur Förderung von Qualitätstransparenz können wichtige Impulse für eine Weiterentwicklung der Transparenz zur Versorgungsqualität im ambulanten Sektor in Deutschland geben. Im internationalen Vergleich besteht hinsichtlich der Darlegung von Qualitätsinformationen deutlicher Nachholbedarf. Die vorhandenen Indikatoren zur Qualitätsmessung bieten eine gute Ausgangsbasis für eine Erhöhung der Transparenz.