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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Patientenerfahrungen nach einer Hüft-TEP auf einem Krankenhausvergleichsportal. Ergebnisse einer qualitativen Analyse

Meeting Abstract

  • Christiane Patzelt - Hochschule Hannover, Hannover, Germany
  • Maximilian Zubke - Hochschule Hannover, Hannover, Germany
  • Benjamin Kolb - Hochschule Hannover, Hannover, Germany
  • Martin Emmert - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Germany
  • Uwe Sander - Hochschule Hannover, Hannover, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocV144

doi: 10.3205/17dkvf131, urn:nbn:de:0183-17dkvf1312

Published: September 26, 2017

© 2017 Patzelt et al.
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Text

Hintergrund: Patientenzufriedenheit wird zunehmend über soziale Medien kommuniziert. Dort veröffentlichte Patientenkommentare mit Erfahrungen über die medizinische Leistungserbringung und deren Ergebnisse haben das Potential, auch für die Qualitätssicherung und das Qualitätsmanagement verwendet zu werden. Eine Analyse der Inhalte der Patientenzufriedenheit in den sozialen Medien fand in Deutschland bisher nur in einzelnen Forschungsinitiativen statt (u. a. [1]).

Fragestellung: Wir gingen erstmals der Fragestellung nach, welche Inhalte Patienten nach einem stationären Aufenthalt zur endoprothetischen Versorgung einer Hüfte auf einem deutschen Krankenhausvergleichsportal berichten. Von besonderem Interesse war, ob Aspekte der Ergebnisqualität und der Patientensicherheit angesprochen werden sowie Themen, die auch in Patient Reported Outcome (PRO) Instrumenten enthalten sind.

Methode: Vollerhebung aller auf dem Portal klinikbewertungen.de veröffentlichten Patientenerfahrungsberichte aus 1.040 Kliniken mit dem Fachbereich Orthopädie (Stichtag: 02.03.2016; N = 14.574). Einschlusskriterium: Berichte zu einem Hüft-TEP-Krankenhausaufenthalt (n = 1.445). Ausschlusskriterien: Berichte zu Rehabilitationskliniken, keine Hüft-TEP. Qualitative Inhaltsanalyse einer zufälligen Stichprobe bestehend aus 180 Erfahrungsberichten zur Indikation Hüft-TEP [2], [3]. Anhand der auf dem Portal vorgegebenen Bewertungskategorien Medizinische Behandlung, Verwaltung und Abläufe, Ausstattung und Gestaltung, Qualität der Beratung wurde das Kategoriensystem für die qualitative Analyse deduktiv entwickelt und induktiv ergänzt.

Ergebnisse: In 95,0% der Berichte fanden sich Äußerungen zum Personal, hauptsächlich mit positiven Rückmeldungen zu den Ärzten (128 Berichte; 71,1%) und dem Pflegepersonal (107 Berichte; 59,4%). Die negativen Rückmeldungen fielen gering aus (14 zu Ärzten, 11 zu Pflegepersonal). Insgesamt beinhalteten 93 Berichte (51,7%) Ausstattungs- und Gestaltungsmerkmale, u.a. zu den Zimmern (32 positiv, 12 negativ) und dem Essen (46 positiv, 13 negativ). Die Kategorie Verwaltung und Abläufe (109 Berichte) umfasste Aufnahme, Aufenthalt inkl. organisatorischer Abläufe, Entlassung, Nachsorge sowie Verweildauer, Wartezeiten und Fahrtzeit. Als outcomeorientierte Kategorien wurden Schmerzfreiheit und Gehfähigkeit nach der OP erfasst. In 30 Berichten (16,7%) wurde auf Komplikationen eingegangen, wovon 16 berichteten, keine Komplikationen zu haben und/oder die OP problemlos verlaufen sei. Die andere Hälfte klagte über leichte bis schwere postoperative Komplikationen. 22 Berichte (12,2%) griffen das Thema Hygiene auf, wovon 19 positiv waren. Lediglich in 10,0% der Berichte wurde ausschließlich Kritik geäußert, wohingegen 62,2% der Berichte Aussagen zu Dank und Lob, bei Bedarf das Krankenhaus wieder aufzusuchen oder Weiterempfehlungen enthielten.

Diskussion: Entgegen der häufigen Meinung, dass in sozialen Medien hauptsächlich Kritik geäußert wird, zeigten sich vorwiegend positive Rückmeldungen zum Krankenhausaufenthalt. Patienten berichten über das Personal, die Abläufe und die Ausstattung. Vorwiegend erfolgten Einschätzungen zu den Ärzten und zum Pflegepersonal. Auch äußerten sich die Patienten zur Zufriedenheit mit der Hygiene als ein patientensicherheitsrelevantes Thema. Komplikationen, Schmerzfreiheit und Gehfähigkeit sind Themen, die auch in Patient Reported Outcome Instrumenten abgefragt werden.

Praktische Implikationen: Einige der Patientenkommentare, wie Einschätzungen der Ärzte und des Pflegepersonals sowie Hygiene, Komplikationen, Schmerzfreiheit und Gehfähigkeit, weisen auf Themen hin, die in verschiedenen in Deutschland verwendeten Qualitätssicherungsverfahren derzeit erhoben werden. Die teilweise sehr ausführlichen und detaillierten Kommentare von Patienten zu diesen Themen können konkrete Hinweise für Krankenhäuser zu den Ursachen einer hohen oder niedrigen Patientenzufriedenheit erbringen. Patientenkommentare im Internet können als zusätzliche Informationsquelle von Krankenhäusern für die Qualitätssicherung und das Qualitätsmanagement genutzt werden.


Literatur

1.
Drevs F, Hinz V. Who chooses, who uses, who rates: the impact of agency on electronic word-of-mouth about hospitals stays. Health care management review. 2014;39 (3):223–233.
2.
Flick U. Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung. Reinbek: Rowohlt-Verlag; 2010.
3.
Welker M, Wünsch C, Hrsg. Die Online-Inhaltsanalyse. Forschungsobjekt Internet. Köln: Herbert von Halem Verlag; 2010. (Neue Schriften zur Online-Forschung; 8).