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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Die Versorgungssituation von Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern durch Allgemeinärzte/ Hausärzte oder Allgemeininternisten- Die Sicht des Patienten

Meeting Abstract

  • Linda Sanftenberg - Klinikum der Universität München, München, Germany
  • Jörg Schelling - Klinikum der Universität München, München, Germany
  • Lars Pieper - Technische Universität Dresden, Dresden, Germany
  • Torsten Tille - Technische Universität Dresden, Dresden, Germany
  • John Venz - Technische Universität Dresden, Dresden, Germany
  • Kathrin Nebel - Klinikum der Universität München, München, Germany
  • Maximilian Schwarz - Technische Universität München, München, Germany
  • Nicole Nagdyman - Technische Universität München, München, Germany
  • Peter Ewert - Technische Universität München, München, Germany
  • Harald Kaemmerer - Technische Universität München, München, Germany
  • Rhoia Neidenbach - Technische Universität München, München, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocV143

doi: 10.3205/17dkvf130, urn:nbn:de:0183-17dkvf1303

Published: September 26, 2017

© 2017 Sanftenberg et al.
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Text

Hintergrund: Die Mehrzahl von Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern (EMAH) ist chronisch herzkrank, mit Rest- und Folgezuständen und damit verbundenen negativen Auswirkungen auf Morbidität und Mortalität. Aktuell leben etwa 280.000 EMAH in Deutschland. Die klinische Erfahrung zeigt, dass sich der Großteil der EMAH (>200.000) NICHT in Anbindung an spezialisierte Zentren oder Experten befindet.

Fragestellung: Fokus dieser Studie ist, die Primärversorgung von EMAH aus Sicht der Patienten zu beschreiben. Dabei wird detailliert auf die Versorgung von allgemeinmedizinischen Problemen sowie von spezifischen Problemen in Verbindung mit dem angeborenen Herzfehler (AHF) eingegangen. Weiterhin wird der Beratungsbedarf der Patienten mit speziellem Augenmerk auf deren Komorbiditäten untersucht.

Methode: Es wurden 2300 Allgemeinärzte, praktische Ärzte und Allgemeininternisten in München und im Großraum Bayern kontaktiert. Sie wurden gebeten die von Ihnen betreuten EMAH zur freiwilligen und anonymen Teilnahme an der schriftlichen Fragebogenerhebung einzuladen.

Ergebnisse: Bislang konnten die Daten von 800 EMAH (52% Frauen) im Alter von 36 ± 12,4 Jahren analysiert werden. 57% der befragten EMAH weisen relevante Komorbiditäten auf. Kardiale Rest- und Folgezustände betreffen vorzugsweise Herzrhythmusstörungen (20%), Herzinsuffizienz (11%) oder eine pulmonalvaskuläre Erkrankung (5%).

Bei allgemeinmedizinischen Problemen wenden sich 96% der EMAH an einen Primärversorger. Bei AHF-spezifischen Problemen suchen allerdings ebenfalls 73% einen Haus- oder Allgemeinarzt auf. Fast 50% der EMAH kennen keine EMAH-zertifizierten Kliniken bzw. Zentren und 44% der EMAH kennen keine EMAH Selbsthilfeorganisationen. Etwa 98% der Befragten halten die Beratung hinsichtlich Lebensversicherung, Alterssicherung und Krankenversicherung für unzureichend. Ein besserer Beratungsbedarf bezüglich Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit wünschen sich 83% der Betroffenen, zu Schwangerschaft und Genetik 57% der Befragten.

Diskussion: Die EMAH-Behandlung hat Besonderheiten und unterscheidet sich erheblich von der Behandlung erworbener Herzerkrankungen. Die Notwendigkeit einer konsequenten und spezifischen Nachsorge steigt mit zunehmendem Alter und Auftreten von Komorbiditäten. Trotz dieser Notwendigkeit ist die EMAH-Versorgung in Deutschland unzureichend. Dies lässt sich größtenteils auf ein "Lost-to-Follow-Up" zurückführen. Hinzu kommt eine momentan noch unzureichende Zusammenarbeit zwischen Primärversorgung und EMAH zertifizierten Ärzten.

Praktische Implikationen: Um die Morbidität und Mortalitätsraten der EMAH weiter zu senken, sollten EMAH und auch Primärversorger besser über die Verfügbarkeit der flächendeckenden Versorgung (EMAH Zentren/Kliniken sowie Selbsthilfeorganisationen) informiert werden. Expertenzentren müssen sichtbarer werden und intensiver mit Primärversorgern kooperieren, um den EMAH alle verfügbaren modernen Therapieoptionen zugänglich zu machen.