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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Wann erfolgt auf eine Überweisung eine Antwort? – Ein Survey unter Berliner und Brandenburger Hausärzten

Meeting Abstract

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  • Tobias Deselaers - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany
  • Christoph Heintze - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany
  • Wolfram Herrmann - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocV191

doi: 10.3205/17dkvf097, urn:nbn:de:0183-17dkvf0975

Published: September 26, 2017

© 2017 Deselaers et al.
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Hintergrund: Um Diagnostik und Therapien von Patienten koordinieren zu können, ist der Hausarzt auf Informationen von Kollegen anderer Fachrichtungen angewiesen. Bisher gibt es verschiedene Untersuchungen zur Kommunikation zwischen Krankenhäusern und Hausärzten bei Entlassung von stationären Patienten aus dem Krankenhaus.

Allerdings ist bisher nicht genau untersucht, wie häufig Überweisungen von Hausärzten an niedergelassene Fachärzte anderer Fachrichtungen mit einem Arztbericht beantwortet werden. Dabei ist besonders interessant, von welchen Faktoren die Rücklaufhäufigkeit abhängt, um gegebenenfalls maßgeschneiderte Interventionen zur Verbesserung der Kommunikation entwickeln zu können.

Fragestellung: Wie häufig werden Überweisungen von Hausärzten an niedergelassene Fachärzte anderer Fachrichtungen mit einem Arztbericht beantwortet?

Und von welchen Parametern hängt es ab, wie häufig eine Überweisung mit einem Arztbericht beantwortet wird?

Methode: Ab Ende Januar 2017 wurden 2000 zufällig ausgewählte Berliner und Brandenburger Hausärzte anonym zur Rücklaufhäufigkeit von Arztberichten befragt. Der postalisch verschickte Fragebogen wurde aufbauend auf qualitativen Experteninterviews entwickelt. Die Teilnehmer schätzten unter anderem die Menge an ausgestellten Überweisungen und eingegangenen Arztberichten. In einem fakultativen Teil zählten die Befragten für die letzten zehn Patienten in der Praxis die ausgestellten Überweisungen und eingegangenen Arztberichte für das Jahr 2016. Darüber hinaus wurden Einstellungen der Teilnehmer zum Themenkomplex „Rücklauf von Arztberichten“ und Charakteristika der Praxis erhoben.

Die Ergebnisse wurden mit der Statistiksoftware R analysiert. Neben deskriptiven Verfahren wurde auch eine Regressionsanalyse durchgeführt, die den Einfluss von Alter, Geschlecht, Praxisort und der Zustimmung der Ärzte zu Aussagen zum Kommunikationsverhalten mit Fachärzten anderer Fachrichtungen auf den Rücklauf von Arztberichten untersucht.

Ergebnisse: Bisher liegen ausgefüllte Fragebögen von 431 Hausärzten (Rücklauf von 21,5%) vor.

Die Teilnehmer schätzen im Mittel, dass auf 100 Überweisungen 31 Berichte bei ihnen eingehen.

Die Auswertung der letzten zehn Patienten wurde von 123 Ärzten durchgeführt und ergibt ein Verhältnis von 62 Berichten zu 100 Überweisungen.

Die Zufriedenheit mit dem Rücklauf von Arztberichten weist eine zweigipflige Verteilung auf mit 33,5%, die angeben, zufrieden zu sein und 44,7%, die dem nicht zustimmen.

Die Befragten beurteilen den Rücklauf von Fachärzten der Inneren Medizin, Kardiologie, Pulmologie und Gastroenterologie als am höchsten; der geringste Rücklauf wird bei den Fachrichtungen Gynäkologie, Dermatologie und Orthopädie angegeben.

46,6% der Teilnehmer geben an, bei Überweisungen oft oder immer einen Medikationsplan mitzugeben; 24,5% tun dies laut eigener Aussage selten oder nie. Darüber hinaus sagen 27,2% der Befragten, dass sie oft oder immer von anderen Fachärzten benachrichtigt werden, wenn diese die Medikation eines Patienten ändern; 37,4% beobachten dies selten oder nie.

90% der Befragten sind der Ansicht, dass sich bei anderen Facharztgruppen ein besseres Verständnis von der Tätigkeit des Hausarztes entwickeln sollte; 46,5% befürworten einen Ausbau der digitalen Kommunikation.

Über mehrere Regressionsmodelle hinweg zeigt sich nur ein Zusammenhang des geschätzten Rücklaufs von Arztberichten mit der Vernetzung mit Kollegen. Die völlige Zustimmung zu der Aussage „Ich bin eng mit Facharztkollegen vernetzt“ geht mit einem deutlich höheren geschätzten Rücklauf einher. Nach Ausschluss von drei Ausreißern ergibt sich dieser Zusammenhang auch für den gezählten Rücklauf der zehn letzten Patienten.

Diskussion: Der große Rücklauf des Surveys ist eine Stärke der Arbeit und unterscheidet sich zwischen Berlin und Brandenburg nicht. Die systematische Differenz zwischen geschätztem und bei den letzten zehn Patienten gezähltem Rücklauf zeigt den Recall Bias der Teilnehmer auf, der bei der Interpretation der Ergebnisse mitberücksichtigt werden muss.

Praktische Implikationen: Die Ergebnisse zeigen sowohl aufgrund der nur mäßigen Zufriedenheit mit dem Rücklauf der Arztberichte als auch mit der geringen Mitteilung von Medikationsänderungen einen Interventionsbedarf auf. Unsere Daten zeigen einmal, dass dabei nach Facharztgruppen unterschieden werden sollte. Digitale Lösungen werden von den befragten Ärzten nicht sehr breit unterstützt. Der einzige relevante Einflussfaktor auf den Rücklauf von Arztberichten ist in unserer Studie eine sehr gute Vernetzung der Hausärzte mit anderen Fachärzten. Daher wäre hier ein guter Ansatzpunkt für zukünftige Interventionen.